Jetzt könnte es mit dem Video-Beweis schnell gehen – nur in der Schweiz nicht

In den Niederlanden wird bereits erfolgreich der Video-Beweis im Fussball getestet. Jetzt will die deutsche Bundesliga sich auch zu einem Vorreiter machen, und die Regelhüter des Weltfussballs scheinen ebenfalls so weit zu sein, dass das technische Hilfsmittel für die Schiedsrichter bald während eines Spiels eingesetzt werden kann.

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(Bild: Imago)

In den Niederlanden wird bereits erfolgreich der Video-Beweis im Fussball getestet. Jetzt will die deutsche Bundesliga sich auch zu einem Vorreiter machen, und die Regelhüter des Weltfussballs scheinen ebenfalls so weit zu sein, dass das technische Hilfsmittel für die Schiedsrichter bald während eines Spiels eingesetzt werden kann.

Zu Teuer: Wie das Thema technische Hilfsmittel in der Schweiz gesehen wird

Natürlich ist dieser Samstag auch für die Herren von der Deutschen Fussball-Liga (DFL) und vom Deutschen Fussball-Bund (DFB) ein besonderer Tag. Borussia Dortmund kann mit einem Sieg über Bayern München tatsächlich wieder ernsthafte Ambitionen auf den Gewinn der Deutschen Meisterschaft anmelden. Das elektrisiert die Fussballnation.

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Die Funktionäre werden allerdings mit ebenso viel Aufmerksamkeit ins walisische Cardiff blicken, wo eine Entscheidung von wahrlich revolutionärer Bedeutung erwartet wird. Dort tagt das internationale Regelgremium IFAB und wird voraussichtlich beschliessen, dass die Bundesliga ab kommendem Sommer gemeinsam mit acht anderen internationalen Ligen mit dem Videoschiedsrichter experimentieren darf.

Das wird von den meisten Verantwortlichen in Deutschland begrüsst, wobei es immer noch Skeptiker gibt, die eine Zerstückelung der Spiele befürchten, wenn strittige Spielszenen am Bildschirm überprüft werden. Denen verspricht DFL-Vorstand Ansgar Schwenken, dass sich «der Charakter des Spiels nicht verändern wird, der Spielfluss soll erhalten bleiben, das ist eine ganz wichtige Massgabe».

Auch das ist neu: Die Fifa wird die 130. Zusammenkunft des International Football Association Board (IFAB) aus Cardiff live übertragen. Unter anderem geht es auch um die so genannte Dreifachbestrafung nach Notbremsen im Strafraum, den Einsatz von Strafbänken und einen vierten Spielerwechsel in der Verlängerung.

Der neue Assistent werde im Verborgenen wirken, in einem TV-Studio ausserhalb des Stadions und von einem geschulten Videooperator strittige Szenen aus den günstigsten Perspektiven vorgespielt bekommen. Findet er einen klaren Fehler, gibt er diesen Befund an den Schiedsrichter auf dem Platz weiter und der kann sich gegebenenfalls korrigieren.

Wobei der letzte Schritt, also das Einfliessen der Erkenntnisse ins Spiel, erst im zweiten Testjahr ab dem Beginn der Saison 2017/18 folgen soll.

Der erhoffte Zugewinn an Gerechtigkeit

Erste Experimente in den Niederlanden mit diesem Konzept waren überaus positiv und haben gezeigt, dass der Videoassistent in den allermeisten Fällen innerhalb von 10 bis 15 Sekunden Klarheit hat. Wobei grundsätzlich nur drei Fragestellungen überprüft werden: Mögliche Regelverstösse rund um eine Torerzielung, Elfmetersituationen und Aktionen, die zu Platzverweisen führen.



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Ein Kontrollraum für strittige Szenen im Fussball: So oder ähnlich könnte es künftig hinter den Kulissen des Profifussballs aussehen. (Bild: Imago)

Fehler wird es also weiterhin geben, das klassische Beispiel dafür ist ein Abseitspfiff, der sich als falsch herausstellt. Solch eine Entscheidung lässt sich natürlich nicht rückgängig machen. Aber es geht den Funktionären ohnehin nicht um vollkommene Objektivität, sondern um ein «Mehr an Gerechtigkeit» wie DFB-Schiedsrichterchef Herbert Fandel sagt. Und diesen Zugewinn wird es zweifelsfrei geben.

Der Regelboard drängt plötzlich

Allerdings wollen die Vertreter von DFL und DFB nun erst einmal in aller Ruhe testen. Die Videoexperten, bei denen es sich um aktive oder ehemalige Bundesligaschiedsrichter handeln könnte, sollen im Hintergrund Erfahrungen sammeln, den Umgang mit der Technik lernen. Wenn es dann im ersten Jahr keine gravierenden Schwierigkeiten gibt, wird das System ab der Saison 2017/2018 scharf gestellt werden.

Was ist der International Football Association Board (IFAB) eigentlich? Eine Selbstdarstellung:

Der eher als langsam agierend bekannte IFAB akzeptiert dieses Vorgehen, würde aber am liebsten noch schneller zur Umsetzung kommen. Denn nach den Erfahrungen in den Niederlanden gehe es jetzt eigentlich darum, Dinge zu «klären, die für uns nur im Rahmen von Live-Experimenten klärbar sind», sagt IFAB-Sekretär Lukas Brud. «Das heisst, wenn die Erkenntnisse des Videoschiedsrichters in die Entscheidungsfindung des Unparteiischen auf dem Platz einfliessen».

Die Frage der Akzeptanz bei Akteuren und Zuschauern

Während die Deutschen sich mit der Rekrutierung des erforderlichen Personals befassen, gehe es eigentlich längst um andere Fragen. Brud erläutert: «Wie verhalten sich die Spieler auf den Feld, wenn sie wissen, der Schiedsrichter hat Zugriff auf die Szenen?» Oder: «Wie hoch ist die Akzeptanz bei Fans, Spielern und Trainern? Das können wir erst dann überprüfen und beantworten, wenn wir das live getestet haben».

Ligen wie die holländische Eredivisie oder die amerikanische Major League Soccer werden daher vielleicht schon früher loszulegen mit ihren Live-Experimenten.

Den deutschen Regelhütern geht es hingegen um «Sicherheit nicht um Tempo», sagt Schiedsrichterchef Fandel und weist darauf hin, dass es «auch weiterhin Fehlentescheidungen geben wird», die zu heftigen Diskussionen führen.

Der Druck auf die Schiedsrichter

Gefährlich ist in den Augen der Funktionäre daher die Hoffnung auf vollkommene Gerechtigkeit. Das kann zu Enttäuschungen führen, zu Wut und letztlich auch zu Ablehnung. «Wir haben die Schwierigkeit, dass die Erwartungshaltung aller Beteiligten nahe der Perfektion liegt, ob bei Spielern, Trainern, Verantwortlichen, Fans oder auch den Medien. Aber Perfektion kann man nicht erreichen», sagt IFAB-Sekretär Brud. Man kann Entscheidungen bestenfalls optimieren».

Wobei auch das ein Gewinn für den Fussball wäre, und «den Druck von den Schiedsrichtern nehmen» würde, wie Fandel glaubt. Denn künftig wäre immer allen im Stadion klar: Diese oder jene Entscheidung wurde überprüft und ist daher mit grosser Sicherheit korrekt.

Und im Schweizer Fussball? Zu teuer das alles, heisst es

Der Einsatz von technischen Hilfsmitteln im Profifussball schreitet voran, in der Super League scheint man davon jedoch fast so weit weg zu sein wie die gerade entdeckte Galaxie «GN-z11» oder so unrealistisch wie ein Schweizer Sieg in der Champions League.

Alle Überlegungen bei der Einführung von Torlinientechnologie oder Videobeweis scheitern zum Beispiel an der Infrastruktur, vor allem aber am fehlenden Geld, genauer daran, dieses aufbringen zu wollen. Dabei spielen auch die im internationalen Vergleich verschwindend geringen Erlöse aus der Vermarktung der Liga eine massgebende Rolle.

Als es vor Jahren der Fifa darum ging, Pilotprojekte für die Torlinientechnologie zu initiieren, kam sie auch auf die Swiss Football League (SFL) zu – und bekam einen Korb. Zu teuer, hiess es damals von Schweizer Seite.

Auch beim noch weiter gehenden Videobeweis ergibt sich die gleiche Ausgangslage: «Mit unseren Mitteln ist das unmöglich», unterstrich SFL-Geschäftsführer Claudius Schäfer erst unlängst wieder bei einer Medienorientierung.

Zur Verdeutlichung: In der Schweiz kassiert der Beste, also zum Beispiel der FC Basel, knapp 1,5 Millionen Franken pro Jahr aus dem Topf der TV-Vermarktung. Für einen solchen Betrag kann in der englischen Premier League, in der nicht in Millionen, sondern in Milliarden gerechnet wird, ein Sender nicht einmal eine Halbzeit eines Spiels übertragen.

Die Taktik der SFL lautet daher: Die Zusammenkunft des Regelboards IFAB am ersten März-Wochenende abwarten. Seine Haltung zum technischen Fortschritt formuliert SFL-Präsident Heinrich Schifferle so: «Wir lassen das auf uns zukommen.» (cok)

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