Joachim Löw: Taktische Inspiration aus München

Die Zauberformel der totalen Flexibilität, mit der Pep Guardiola gerade den FC Bayern weiter entwickelt, könnte sich auch zum Glücksfall der deutschen Nationalelf entwickelt. Vorerst lässt Joachim Löw aber alles beim Alten.

epa03903089 German national soccer team head coach Joachim Loew attends a press conference in Duesseldorf, Germany, 09 October 2013. Germany will face Ireland in the FIFA World Cup 2014 qualifying soccer match on 11 October 2013. EPA/FEDERICO GAMBARINI (Bild: Keystone/FEDERICO GAMBARINI)

Die Zauberformel der totalen Flexibilität, mit der Pep Guardiola gerade den FC Bayern weiter entwickelt, könnte sich auch zum Glücksfall der deutschen Nationalelf entwickelt. Vorerst lässt Joachim Löw aber alles beim Alten.

Es ist zu einer Art Ritual geworden, dass Joachim Löw seine ersten Pressekonferenzen während der Länderspielphasen dazu nutzt, kleine Grundsatzvorträge zu halten. Es wird so viel geschwätzt und getrascht rund um die Nationalmannschaft, dass es immer ein paar Dinge gibt, die erläutert werden müssen. Also griff Löw auch am Mittwochmittag noch einmal die Debatten der vergangenen Wochen auf.

Wer bereits für die WM 2014 qualifiziert ist

Brasilien (Gastgeber)
Argentinien (Südamerika)
Niederlande (Europa)
Italien
USA (Concacaf)
Costa Rica
Japan (Asien)
Iran
Südkorea
Australien

In Europa stehen am Freitag und Dienstag die letzten Gruppenspiele an; in Afrika werden die Hinspiele der fünf Playoffs ausgetragen.

«Es gibt keine Bevorzugung von Spielern bestimmter Vereine, wer das denkt, ist ganz weit von der Realität entfernt», entgegnete er beispielsweise dem schwelenden Verdacht, die Profis Borussia Dortmund seien weniger gut gelitten im DFB-Team als andere. Ausserdem sagte er, Mats Hummels‘ Vorwurf, Kritik sei nicht erwünscht bei der Nationalmannschaftsführung, sei ihm «neu». Es gehe, so Löw, um «Form und Qualität» der Anmerkungen. Das klang sehr souverän, aber auch nicht gerade nach Versöhnung mit Hummels.

Solche Diskussionen nerven den Bundestrainer, ganz im Gegensatz zur ebenfalls sehr grundsätzlichen Debatte über den Fussball, den sein Team im WM-Jahr spielen wird. Zuletzt war ja nicht nur aufgrund von Absagen und Formkrisen über Veränderungen in der DFB-Elf spekuliert worden, sondern auch wegen der Operationen des Pep Guardiola in München.

Die Umschulung Philipp Lahms gefällt Löw

Der Trainer des FC Bayern ist dabei, die wohl beste Vereinsmannschaft der Welt neu zu erfinden, und das könnte auch den Bundestrainer inspirieren. Es könnte ihm aber auch eine Menge Sorgen bereiten, weil der spanische Trainer beim Rekordmeister Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger und Thomas Müller zu anderen Spielern umprogrammiert hat.

Müller spielte in München zuletzt entweder Mittelfeldzentrum oder als Sturmspitze, statt auf der rechten Aussenbahn. Schweinsteiger wurde ebenfalles nach vorne versetzt, und Lahm agiert derzeit auf der Sechs, statt rechts in der Viererkette.

«Ich kann absolut nachvollziehen, was Guardiola sich dabei denkt», sagte der Bundestrainer, gerade die Umschulung Lahms sei eine hervorragende Idee. Der 29-Jährige sei «der einzige Spieler in Deutschland, der alle Positionen spielen kann», meinte Löw aber in der Nationalmannschaft bleibe trotzdem alles beim Alten, zumindest vorerst: «Im Moment plane ich mit Philipp rechts.»

Ähnliches gilt auch für Schweinsteiger, der wohl wie immer, wenn er seit der WM 2010 im Kader steht, neben Sami Khedira im defensiven Mittelfeld zum Einsatz kommen wird. Und Müller ist für die rechten Offensivseite vorgesehen, im Zentrum sei der Naturbursche aus Oberbayern nur eine Option, wenn es «vorne keine andere Möglichkeit» gebe, sagte Löw. Und die Alternative für die Spiele am Freitag in Köln gegen Irland und am Dienstag in Schweden heisst Max Kruse (Mönchengladbach).

Rein in die Hälfte des Gegners

Der Bundestrainer macht also weiterhin sein eigenes Ding, wobei er schon glaubt, von Guardiolas Einflüssen profitieren zu können. In dieser Saison, so Löw, werde das Spiel der Bayern «noch mehr in die Hälfte des Gegners verlagert, und das war auch immer unsere Intension».

Die totale Flexibilität, die Guardiola predigt, gefällt dem Bundestrainer sehr. Möglicherweise wird er gegen die Iren sogar eine Mannschaft ganz ohne Stürmer aufstellen, die fünf Offensivspieler müssen sich dann abwechseln mit der Besetzung des Zentrums.

Das taktische Verwirrspiel mit der «Falschen Neun», der «Doppelsechs»,von der sich häufig eine «Acht» abspaltet, mit den Aussenverteidigern, die zu Aussenstürmern werden und den Aussenstürmern, die immer häufiger im Zentrum auftauchen, ist von Guardiola in ein neues Stadium geführt worden, Löw freut das. «Man sollte sich nicht immer auf Bezeichnungen festlegen, der Fussball ist da flexibler geworden», hat Teammanager Oliver Bierhoff dazu gesagt.

Das stilistische Vorbild: noch spanischer

Was die Grundordnung betrifft verfolgt aber weiterhin seinen Weg grösstmöglicher Kontinuität. Er hält an seinem 4-2-3-1-System und seinem Idealkonstrukt fest, das seit der WM 2010 praktisch unverändert blieb: Wenn alle fit sind, spielt eine Doppelsechs vor der Viererkette (Schweinsteiger Khedira), davor agiert eine Dreierreihe (Reus, Özil, Müller) hinter einem Stürmer (Klose). Lediglich Lukas Podolski musste seinen Platz für Reus räumen.

Nachdem der von Löw zum Vorbild erklärte Stil der Spanier zumindest in der Champions Leauge vom verstärkt auf Physis basierenden Ansatz des FC Bayern und von Borussia Dortmund überflügelt worden war, schickt sich Guardiola an, diesen Fussball weiter zu entwickeln. Man könnte auch sagen: wieder spanischer zu machen. Und das könnte ein Glücksfall sein.

WM-Qualifikation, Gruppe C
Datum Spiel Resultat
11.10.2013 Färöer – Kasachstan 19.00
11.10.2013 Deutschland – Irland 20.45
11.10.2013 Schweden – Österreich 20.45
R Mannschaft Sp S U N G : E P
1. Deutschland 8 7 1 0 28 : 7 22

2. Schweden 8 5 2 1 14 : 8 17

3. Österreich 8 4 2 2 16 : 8 14
4. Irland 8 3 2 3 13 : 13 11
5. Kasachstan 8 1 1 6 4 : 17 4
6. Färöer 8 0 0 8 3 : 25 0

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