Der Preis für den «Guten Geist im Sport», ausgelobt vom Panathlon Club beider Basel, geht an Franco Riccardi, den wichtigsten Beizer der FCB-Geschichte. Die Rolle, die er für das Umfeld des Vereins spielte, füllt nun niemand anderes aus – es gibt sie gar nicht mehr.
Sie fuhren nach Modena zu den «Drei Tenören». Karli Odermatt rief im Hotelzimmer an, er habe keine Tickets und die Verkäufer auf dem Schwarzmarkt forderten horrende Preise. Franco Riccardi zückte das Telefon, liess seine Beziehungen spielen und landete bei der Frau von Luciano Pavarotti. Per Express kamen die Tickets und Karli Odermatt sass nicht mit schlechter Sicht hinter einer Säule, sondern neben Michael Jackson in der Loge.
Der Panathlon Preis wird jedes Jahr in drei Sparten verliehen. Neben Riccardi wurde Salome Lang (Schweizermeisterin Hochsprung) mit dem Förderpreis ausgezeichnet und das OK des GP Oberbaselbiet (Organisation des letzten Radrennens der Region) mit dem Anerkennungspreis für Institutionen oder Vereine.
Solche und ähnliche Geschichten erzählt Franco Riccardi. Am Donnerstag wurde er ausgezeichnet mit dem Anerkennungspreis des Panathlon Clubs beider Basel für den «Stillen Helfer», wie es Präsident Gregor Dill ausdrückte. Die Helden der Geschichten sind entweder Verdi, Bocelli und Pavarotti oder Hitzfeld, Facchetti, Benthaus, Odermatt und Ceccaroni.
Die Charaktere zeigen die beiden Lebenswelten des Beizers. Er ist zugleich leidenschaftlicher Fussballfreund und Opernliebhaber. Er organisierte nicht nur Fahrten für FCB-Spieler in die Scala von Mailand, sondern erhielt auch Tickets für die ganze Mannschaft, wenn italienische Opernstars in Basel und Umgebung auftraten.
Saisonnier, Hotelier, Kleinbasler Beizer
Mit 17 Jahren kam Riccardi aus Parma in die Innerschweiz und arbeitete als Saisonnier im Gastgewerbe. Er blieb und machte in Engelberg eine Ausbildung. Es traf sich, dass das «Ceresio» einen neuen Pächter suchte. So landete Riccardi nach Abschluss der Ausbildung im Kleinbasel.
«Weisch no Helmut?» In Franco Riccardis Anekdoten tauchen wiederholt Legenden wie Helmut Benthaus auf. Der intime FCB-Kreis verkehrte in Riccardis «Ceresio». (Bild: Nicolas Gysin)
Das Restaurant wurde bald zum Dreh- und Angelpunkt der Basler Fussballprominenz. Riccardi blickt wehmütig auf eine Zeit zurück, von der er nicht erwartet, dass sie zurückkehrt. Nach jedem Heimspiel habe die ganze Mannschaft bei ihm im Lokal gesessen. Und er habe bei der Stadt immer verlängerte Öffnungszeiten beantragen müssen. Bis zwei oder drei Uhr waren alle bei ihm.
Heute führt der 76-jährige Riccardi das Gigersloch, die Clubbeiz des SC Dornach. Dort ist er auch für die Kleinen einfach nur Franco. Mit Begeisterung spricht der Preisträger von den Kindern, die für einen Eistee das Umfeld der Beiz von Abfall säubern. Es gefällt ihm in Dornach, aber es sei eine andere Zeit – nicht mehr wie früher.
Die Veteranen und die Senioren sässen noch in seinem Restaurant. Die jungen Spieler hingegen würden sich nur noch auf dem Platz kennen. Nach dem Training oder nach dem Spiel gehe jeder seiner Wege. Das Gesellige, das er beim FCB mit dem «Ceresio» einbringen konnte, sei nicht mehr vorhanden und käme auch nicht mehr zurück.
Brille aufgesetzt, in die Schriftsprache gewechselt: Massimo Ceccaroni las seine beinahe literarisch anmutende Laudatio auf Hochdeutsch. (Bild: Nicolas Gysin)
Das liege einerseits an der neuen Generation. Andererseits habe es auch damit zu tun, dass alle Spieler mit dem Auto nach Dornach kämen und daher nicht noch in der Beiz auf ein Bier blieben. «Früher war das anders», sagt Riccardi, «Helmut hatte ein Auto, die anderen nicht. Karli kam mit dem Velosolex».
Engagement für invalide Fussballer
Dass Riccardi für die Basler Fussballer wichtig war, zeigt die Gästeliste in der Markthalle: Benthaus, Ramseier und Ceccaroni gaben sich die Ehre. «Ottmar Hitzfeld wollte die Laudatio halten, aber er ist halt in den Ferien», erklärte Präsident Gregor Dill, der die Preisverleihung organisierte.
Beim anschliessenden Apéro war allerorts grosse Verehrung für die Person Franco Riccardi zu hören. Seine Speisen seien von höchster Qualität und dennoch günstig. Er sei der Lieblingsitaliener von Ottmar Hitzfeld und Thorsten Fink. Aber nicht nur seine kulinarischen Fähigkeiten wurden angepriesen.
Sie begleiteten den Anlass musikalisch: «Julia und Emilia» (Bild: Nicolas Gysin)
Seit Jahren organisiert Riccardi auch kulturelle Abende mit Benefizcharakter. Massimo Ceccaroni sprach in seiner Laudatio von bisher gesammelten 350’000 Franken. Am 6. Dezember ist das nächste Benefizkonzert geplant. «Stille Nacht» werde in der Kirche in Dornach auf Rätoromanisch zu hören sein. Die Anwesenden in der Markthalle waren begeistert und reservierten Tickets bei Riccardi, der für sie alle nun ebenfalls einfach der Franco ist.