«Kein Trainer dieser Welt besitzt einen Zauberstab»

Ein Besuch in Zürich bei Uli Forte in einer (fast) sorgenfreien Welt des FC Zürich. Der Trainer des Super-League-Rückkehrers äussert vor dem Klassiker an diesem Samstag (19 Uhr) viel Verständnis für die Situation beim FCB – und würde gerne etwas daran ändern, dass er als Trainer noch nie im Joggeli gewonnen hat.

Uli Forte obenauf: Der FCZ-Trainer posiert nach dem Wiederaufstieg auf dem Grossmünster. (Bild: Andy Mueller/freshfocus)

Kurz entschlossen wird die kleine Zürcher Medienrunde am Freitag aus der Saalsporthalle vor den Mehrzweck-Betonbau verlegt, in den Schatten der milden Septembersonne. Uli Forte, der Trainer des FC Zürich, kommt ohne Schuhe in seinen Trainingsstulpen daher. Aufgeräumt ist wohl ein angemessener Ausdruck für die Stimmung beim FCZ.

Es geht um den Klassiker am Samstag, den guten Lauf des FCZ und um den schlechten Saisonstart des FCB, «was noch gar nichts bedeuten muss», wie Uli Forte festhält. Natürlich kommt auch der Aufreger des Vorabends, Christian Constantins gewalttätiger Angriff auf Rolf Fringer, zur Sprache. Forte sagt: «Das geht gar nicht.»

Gemessen an den Problemen anderswo führt Uli Forte ein sorgenfreies Leben. Er hat den FCZ souverän in die Super League zurückgeführt, er hat im Sommer geheiratet und er steht mit seiner Mannschaft nach acht Runden ungeschlagen auf Platz 2.

Sattelfeste Abwehr, dünner Angriff

Das ist mehr, als man dem FCZ zugetraut hat. Es gab Fragezeichen, was zum Beispiel die Altersstruktur im Defensivbereich anbelangt, und nun steht im Zwischenzeugnis, dass die Zürcher mit vier Gegentoren die wasserdichteste Verteidigung aufweisen. Oder, wie Forte es ausdrückt: «Da sind wir top of the league.»

Neulich in Bassersdorf: Uli Forte beim 3:0-Sieg im Schweizer Cup. Im Vordergrund das Präsidenten-Ehepaar Canepa und Sportchef Thomas Bickel.

Und das, obwohl die 3-4-3-Grundordnung und ein hohes und aggressives Pressing, das Forte praktizieren lässt, Risiken bergen. Die Räume, die sich hinter der ersten Welle auftun, müssen beackert werden, und wenn der Gegner durchbricht – so wie am Mittwoch beim 1:1 in Lausanne –, dann kann die Abwehr – hier namentlich Alain Nef (35) – wortwörtlich uralt aussehen.

«Wir wollen es zu schön machen. In der Box braucht es mehr Killerinstinkt.»

Forte rückt am Tag vor dem Klassiker aber eine andere Beobachtung in den Vordergrund: «Wir schiessen zu wenig Tore.» Das kommt nicht von ungefähr: Seine Mannschaft ist diejenige, die bislang am wenigsten von allen zehn Super-Ligisten aufs Tor geschossen hat. Deshalb sind die neun Treffer, mit denen die Zürcher zu ihren 14 Punkten gekommen sind, ein ziemlich dünner Wert.

«Ich will zwar, dass die Mannschaft spielerische Lösungen findet», sagt Forte, «aber wir wollen es zu schön machen. Wir müssen uns besser belohnen, und dazu braucht es mehr Killerinstinkt in der Box.»

Raphael Dwamena: Aus Lustenau geholt, mit zwölf Toren am Wiederaufstieg beteiligt und nun eine Attraktion der Super League.

Mit Dwamena ist wieder zu rechnen

Der Mann, der das beheben soll, ist Raphael Dwamena, um dessen geplatzten Millionen-Transfer in die Premier League es einigen Wirbel gab. Seither hat der FCZ nicht mehr in der Super League gewonnen, reihte er vier Unentschieden aneinander und so ist das Kräftemessen am Samstag im St.-Jakob-Park nicht nur eine Richtungsbestimmung für den Serienmeister, sondern wird auch Aufschluss darüber geben, ob es eine echte Erfolgswelle ist, auf der die Zürcher surfen.

https://www.nzz.ch/sport/fcz-stuermer-zurueck-im-training-dwamena-ist-gesund-ld.1313766

Mit Dwamena ist jedenfalls wieder zu rechnen. Forte glaubt, dass der streng gläubige Ghanaer, gerade 22 geworden, nicht aus der Bahn geworfen wurde. «Sein Glaube gibt ihm Kraft.» Weil Aussenverteidiger Pa Madou gelb-gesperrt ist, könnte auch der wiederhergestellte Ex-Basler Kay Voser eine Rolle spielen.

Sagt von sich, in all den Trainerjahren besonnener geworden zu sein: Uli Forte.

Uli Forte ist mit seinen 43 Jahren kein Grünschnabel mehr und längst ein etablierter Teil des Schweizer Fussballs. Er kann sich aber noch gut erinnern an seine Anfänge als Trainer auf höchstem Niveau und deshalb nachvollziehen, wie es Raphael Wicky in Basel derzeit geht. Er sagt: «Kein Trainer auf der Welt besitzt einen Zauberstab.» Und: «Die 60 Scorerpunkte, die der FC Basel durch Janko, Doumbia und Delgado verloren hat, muss man erst einmal ersetzen. Das braucht Zeit.»

«Basel ist enorm unter Druck und wird uns nicht den roten Teppich ausrollen.»

Zeit, die die jahrelang klar distanzierte Konkurrenz nutzen will. Allzu weit will sich Forte mit seinem FCZ noch nicht auf die Äste hinauswagen, aber das Ziel des Rückkehrers ist formuliert: ein europäischer Platz soll es in der Endabrechnung sein, «und wir haben einen guten Weg hinter uns», sagt Forte, «aber nur mit Siegen hälst du dich oben».

Den Klassiker betrachtet er als eine Art Reifeprüfung für sein Team bei einem angezählten Gegner, dem das Selbstverständnis ein Stück weit abhanden gekommen ist. «Basel steht enorm unter Druck. Sie müssen gewinnen, und sie werden uns nicht den roten Teppich ausrollen.»

Coacht noch einem Sieg in Basel gegen den FCB hinterher: Uli Forte.

Forte spricht aus bitterer Erfahrung. Er hat als Trainer zwar schon Triumphe gefeiert gegen den FCB, beim Cupsieg mit den Grasshoppers in Bern 2013 etwa und mit den Young Boys im Stade de Suisse auch. Aber in Basel, bei bislang 13 Gastspielen, hat Uli Forte beim Schlusspfiff noch nie als Sieger jubelnd die Arme in die Höhe gerissen.

Uli Fortes Bilanz gegen den FC Basel

Er kramt ein bisschen in seinem Episodenschatz, weiss noch, wie er mit dem FC St. Gallen mal im Joggeli 0:2 führte und der FCB die Partie in ein 3:2 drehte. Mit YB widerfuhr Forte die gleiche Geschichte, und man merkt ihm an, dass er diesen kleinen Makel in seiner Vita korrigieren möchte. «Ich hab es der Mannschaft gesagt: In Basel zu gewinnen ist keine Selbstverständlichkeit.» Immer noch nicht.

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