Nach einer nüchtern-abgeklärten Leistung in der Europa League fährt der FC Basel zum letzten Halali der Saison nach Locarno. Murat Yakin will die Reise ins Tessin nutzen, um mit einigen Spielern über ihre nähere Zukunft zu sprechen.
Siegestrunken, euphorisch, ungläubig. Vor exakt einem Jahr, am 7. Dezember 2011, stand alles Kopf, was sich in Basel auch nur halbwegs für Fussball interessiert. Das grosse Manchester United hatte der FC Basel aus der Champions League geworfen. Die Stadt freute sich auf weitere Fussballtaten auf europäischer Bühne, und in der Bodega am Barfüsserplatz wurde Markus Steinhöfer für einen Schuss an die Latte des eigenen Tores gefeiert.
Zehn Grad und Sonnenschein erwarten die Meteorologen für den Sonntag in Locarno. Gute äussere Bedingungen also für die Cuppartie des FC Basel beim FC Locarno, dem abgeschlagenen Letzten der Challenge League. In Locarno werden für das Achtelfinalspiel zwischen 3000 und 4000 Zuschauer erwartet. Das zweite Tessiner Fernsehen wird die Begegnung live übertragen.
Schweizer Cup, Achtelfinal
FC Locarno–FC Basel (So, 14.30 Uhr)
Stadio comunale Lido.
Mögliche Aufstellung FCB: Vailati; P. Degen, Schär, Dragovic, Park; Cabral; D. Degen, Yapi, F. Frei, Salah; Zoua.
Bemerkungen: FCB ohne Streller, Jevtic, Voser (alle verletzt), Stocker und Sommer (beide geschont); Locarno ohne Panizzolo, Polli, Varga (gesperrt).
Zwölf Monate später überwintert der FCB erneut im Europacup, er tut das zum dritten Mal in Serie – eine Premiere in der Clubgeschichte. Euphorie aber ist keine auszumachen im rotblauen Reisetross, der sich an diesem Freitag aufmacht, um aus dem belgischen in den Basler Schnee zu fliegen. Was mitreist, ist eher das Gefühl eines Geschäftsausflugs, der mit der Unterschrift unter einen anständigen Vertrag geendet hat.
Routiniers im europäischen Business
Wie der erfahrene Geschäftsmann haben auch die Basler ihre Karten bei ihrem Auftritt in Genk richtig eingesetzt. Nicht zu passiv spielten sie. Aber auch nicht mit zuviel Risiko nach vorne. Nüchtern und abgeklärt. Genau so halt, wie es sich für die Mannschaft eines Clubs gehört, der in zehn Jahren zum siebten Mal europäisch überwintern kann. Der FCB ist im europäischen Clubfussball längst zum Routinier aufgestiegen.
Das spricht in erster Linie für die kontinuierlich gute Arbeit, die im Verein geleistet wird. Weil Routine aber der Feind des Prickelns der ersten Erregung ist, mochten sich nach dem 0:0 in der Cristal Arena nicht alle Basler Fans über das Weiterkommen freuen. Zwar schloss der FCB erst in den letzten zehn Minuten so etwas wie einen Nichtangriffspakt mit den Belgiern. Doch das war bereits zuviel Abgeklärtheit in den Augen der mitgereisten Anhänger im Gästesektor.
Diese Reaktion macht es einmal mehr sichtbar: Die Europa League ist bei allen Versuchen sich herauszuputzen nicht annährend so attraktiv wie ihre glamouröse Schwester Champions League. Darum ist jetzt keine Zeit für Heldengesänge. Selbst wenn sich Marco Streller dafür ganz vorzüglich eignen würde. Einem unverzagten Recken shakespearscher Prägung gleich hat sich der Basler Captain mit Nasenbeinbruch, Jochbeinanbruch, Schnittwunde am Fuss und Meniskusanriss in die Spiele geworfen.
Streller, Sommer und Stocker dürfen aussetzen
Damit ist nun vorerst Schluss. Die letzte Partie des Jahres wird der Stürmer aussetzen dürfen. Am Montag wird der Meniskus operiert. Vorher wird Streller wohl ins Tessin reisen. Aber nicht, um im Cup gegen den FC Locarno anzutreten. Sondern um dabei zu sein, wenn gleich anschliessend an die Rückfahrt vom Lago Maggiore die teaminterne Jahresabschluss-Party startet.
Streller ist nicht der einzige Basler, der sich für die Weihnachtsfeier schonen darf. Auch Goalie Yann Sommer und Flügel Valentin Stocker wird Murat Yakin nicht aufstellen. Das gab der Trainer des FCB gleich nach der Landung am Flughafen Basel-Mulhouse zu Protokoll: «Mohamed Salah, Jacques Zoua und Cabral werden von Beginn weg spielen.»
Bereits um zehn Uhr Morgens werden die Basler am Samstag ins Locarnese reisen. Einerseits will Yakin damit bei seinen Spielern die Bedeutung des Cup-Achtelfinals unterstreichen: «Wir wollen in Tenero trainieren und uns so an die Verhältnisse anpassen. Das zeigt schon, wie ernst wir das Spiel nehmen.»
Gespräche über die nähere Zukunft
Andererseits wird der Cheftrainer die Reise nutzen, um mit einigen Spielern über ihre unmittelbare Zukunft zu sprechen: «Dazu hatten wir zuletzt gar nie Zeit. Es galt ja immer, sich auf das nächste Spiel vorzubereiten.»
Am Montag und Dienstag dann wird Yakin mit der Transferkommission besprechen, welche Spielerwechsel im Winter anzustreben sind. Schon seit längerem ist klar, dass der FCB Radoslav Kovac gerne von der Lohnliste streichen würde. Zudem scheint Linksverteidiger Joo Ho Park mit seiner neuen Rolle als Ergänzungsspieler alles andere als glücklich zu sein. Sein Abschied im Winter wäre deswegen keine Überraschung.
«Wir stehen nicht unter Zeitdruck», sagt Yakin zur kommenden Transferperiode, «die Spieler, die im Club sind, haben ihre Sache gut gemacht.» Dasselbe gilt für Yakin selbst. Elf Spiele hat er nun als Cheftrainer des FC Basel hinter sich gebracht; das 0:0 in Genk war sein erstes Unentschieden bei sieben Siegen und drei Niederlagen.
Erst schwer in die Gänge gekommen, jetzt im Soll
Eine Bilanz, die die Clubführung darin bestärken wird, dass sie vor knapp zwei Monaten mit der Ablösung jenes Trainers alles richtig gemacht hat, den in jener Partynacht vor einem Jahr noch alle hatten hochleben lassen: Heiko Vogel.
«Wir haben gesehen, wie schnell alles geht im Fussball», zog Marco Streller am Flughafen Maastricht-Aachen vor dem Rückflug bereits seine persönliche Jahresbilanz, «erst haben wir noch unter Heiko Vogel die erfolgreichste Saison der Clubgeschichte gespielt. Dann sind wir schwer in die Gänge gekommen. Und jetzt sind wir mit Murat Yakin vor der Winterpause wieder im Soll.»
Ein bisschen Sorgen macht sich Robert Breiter, der beim SFV für den Schweizer Cup zuständig ist. Leidglich die Partie des FCB im sonnigen Tessin scheint ungefährdet zu sein, alle anderen sieben Partien der Achtelfinals stehen mehr oder weniger auf der Kippe. Je nach dem, ob es noch mehr Schnee gibt. «Die Wetterverhältnisse sind prekär und Schneeräumkommandos sind aufgeboten, sagt Breiter auf football.ch und weist darauf hin, dass es nur wenige Ausweichtermine gibt. Am ersten Februarwochenende, eine Woche vor der Fortsetzung des Punktspielbetriebs (9./10. Februar), wäre so einer, und am 27. Februar sind bereits die Viertelfinals angesetzt.
Vorsorglich hat der SFV schon einmal bekannt gegeben, dass am Sonntag im Rahmen der der SRF-Sendung «Sportpanorama» die Auslosung nur stattfindet, wenn mindestens fünf Achtelfinals ausgetragen werden konnten. Breiter hat sich auch gegen die Kritik am Auslosungsmodus zur Wehr gesetzt. Demnach sind die Super-Ligisten auch in der dritten Runde noch gesetzt. Da diesmal zufälligerweise acht Vereine weitergekommen sind, kommt es zu keinen (attraktiven) Direktduellen, besitzen die unterklassigen Vereine ausserdem Heimrecht.
Diese Regelung, so Breiter, sei nicht neu, bisher aber nicht ins Gewicht gefallen, da mehr als acht Super-League-Clubs in der Runde der letzten 16 vertreten waren. «Wir glauben», so Breiter, «dass sich der Modus bewährt hat.» Kritiker sagen indes, dass dem Cup-Wettbewerb durch diese willkürliche Steuerung einiges an Reiz genommen würde. Wie auch immer: Einen Schlager mit Aarau–St. Gallen gibt es, und einige Erstligisten und Challenge-League-Vereine freuen sich an diesem Wochenende auf Besuch aus dem Oberhaus – wenn denn gespielt werden kann. (cok)
Samstag
14.00 Uhr: SC Brühl (1. Liga)–Lausanne-Sport
16.00 Uhr: FC Wohlen (ChL)–FC Thun
17.30 Uhr: FC Schaffhausen–Grasshoppers
Sonntag
14.00 Uhr: FC Köniz (1. Liga)–FC Zürich
14.00 Uhr: SC Kriens (1. Liga)–FC Sion
14.30 Uhr: FC Wil (ChL)–Young Boys
14.30 Uhr: FC Locarno (ChL)–FC Basel
14.30 Uhr: FC Aarau (ChL)–FC St. Gallen