Knallhart und knochentrocken

Der Argentinier Juan Martin del Potro, Bronzemedaillengewinner in London, ist als Nummer 2 der Basler Swiss Indoors einer der wenigen, denen man zutraut, Roger Federer zu schlagen. Am Mittwoch gewann er sein Erstrundenspiel gegen den Kolumbianer Alejandro Falla mit 6:4, 6:1.

Ein Prügler auf dem Feld: Juan Martin Del Potro bei seinem Erstrundensieg in Basel. (Bild: Keystone)

Der Argentinier Juan Martin del Potro, Bronzemedaillengewinner in London, ist als Nummer 2 der Basler Swiss Indoors einer der wenigen, denen man zutraut, Roger Federer zu schlagen. Am Mittwoch gewann er sein Erstrundenspiel gegen den Kolumbianer Alejandro Falla mit 6:4, 6:1.

Der Schauspielerei, dem Komödiantentum oder der Clownerie ist nicht allzuviel entgangen damals, als sich der argentinische Teenager Juan Martin Del Potro dazu entschied, Tennisspieler zu werden. Um nicht missverstanden zu werden: Das ist keineswegs eine Verlust-Anzeige. Del Potro ist uns absolut lieb und recht, so wie er ist. Wir sind nicht der Meinung, Tennisspieler sollten auf dem Platz noch etwas anderes darstellen als ihre eigene Sport-Persönlichkeit; unseretwegen braucht keiner die Sau rauszulassen, muss niemand mit dem Publikum scherzen, den Gegner nachäffen, sich mit dem Schiedsrichter anlegen, nur damit etwas läuft. Wir sind der Meinung, dass das, was die besten Tennisspieler an Sport zeigen, als Unterhaltung durchaus genügt.

Del Potro, oder kurz «Delpo», ist einer dieser Prügler. Er macht auf dem Tennisplatz nichts anderes. Er macht nicht mal die Faust nach einem guten Punkt, er ärgert sich nicht über einen Fehler, kein Schmunzeln, nie ein Zeichen des Zweifelns, nie eine Spur von Zufriedenheit, null sichtbare Emotion, auf dem Platz nicht und auch nicht in der Medienkonferenz.

Mächtige Vorhand

Dieser Juan Martin Del Potro (ATP 8) ist eigentlich eine ganz passable Parabel für das derzeitige Männertennis-Milieu. Fast alle Spieler der Tour verhalten sich heute fast immer absolut korrekt. Da ist kein Ekel auszumachen wie John McEnroe eines war, keiner ist so «nasty» wie Ilie Nastase war, da fällt keiner auf, der nie eine Kinderstube von innen sah wie Marcelo Rios. Und auch das wiederum ist nicht als Vermisstmeldung zu verstehen.

Delpo spielte seinen Erstrundenmatch gegen Alejandro Falla (ATP 54) so, wie er jeden Match spielt. In sich gekehrt, scheinbar emotionslos, knallhart, aber eben auch knochentrocken. Manchmal so trocken, dass man ihn glaubt entstauben zu müssen. Frei von Attraktivität? Überhaupt nicht. Seine Vorhand ist etwas vom eindrücklicheren auf der Tour, seine Bewegung würde wohl jeder Wildheuer gern in seinen Sensenschwung übertragen; wo so ein optimaler Vorhandball hintrifft, da wächst kein Gras mehr, und als Zuschauer ist man froh, dass Delpos Opfer nur aus Filz und nicht aus Fleisch und Blut ist.

Schöne Aussicht

Weil Del Potro am Sonntag noch den Wiener Final gespielt (und gewonnen) hatte, startete er mit Verspätung ins Basler Turnier. Aber jetzt ist er angekommen. Und dem Turnier ist zu wünschen, dass er seinen Weg tatsächlich so geht, wie es das Tableau theoretisch vorsieht – als Nummer 2 in den Final gegen die Nummer 1, Roger Federer. Das wär dann (nach Murrays Forfait) auch eine feine Olympia-Revanche: In London verlor Delpo gegen Federer erst nach etwa viereinhalb Stunden und drei phänomenal guten Sätzen. Sollte Basel am Sonntag ähnliches zwischen den beiden zu sehen bekommen, dann wäre dies – um im für Delpo deplazierten Bild von Schauspiel und Unterhaltung zu bleiben – ganz, ganz grosses Kino.

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