Amerikanische Düfte, Cheerleader und das ganze Regelwerk auf einem Flugblatt – Reportage aus der Basler Football-Welt der Gladiators.
Der Spielzug ist freigegebenen. Die Defensive-Line der Gladiators steht kompakt und versucht, den Angriff der Berner Grizzlies zu stoppen. Ein Berner kommt an den Ball und sprintet auf die bulligen Männer in Violett zu. Er wird hart angegangen und bleibt nach einem Tackling am Boden liegen. Das Spiel wird unterbrochen, ein Sanitäter eilt zu Hilfe.
Reklamationen der Basler oder Pfiffe aus dem Zuschauerraum bleiben aus. Solidarisch knien alle auf den Rasen des Rankhofs, Mitspieler und Gegner, und als der Berner humpelnd vom Feld geht, erntet er Applaus. Obwohl American Football eine Vollkontaktsportart ist, steht hier Fairness an erster Stelle.
«Das ist normal so bei uns in Amerika. Im Sport gibt es Blessuren, und es gibt keinen Grund sich zu freuen, wenn ein Gegner oder ein Kollege sich verletzt», sagt Dwaine Wood und erklärt eine Grundhaltung im American Football: «In der heutigen Welt heisst es immer: ich, ich, ich. Zu unserem Sport passt das nicht.»
Football auf dem Rankhof – lockt nicht nur Amerikaner an, sondern auch Schweizer. (Bild: Robin Zenklusen)
Wood ist ehrenamtlicher Cheftrainer der Gladiators. Er kommt aus den USA, sein Leben widmet er seit jeher dem American Football, und vor 27 Jahren ist er als Spielertrainer bei den Baslern eingestiegen. Er hat den Verein aufgebaut, weiterentwickelt und zu einer gewichtigen Nummer in der Schweizer Football-Szene geformt. Seine Frau Bärbel Wood ist Präsidentin des Vereins und sagt: «Die Gladiators sind sein Baby. Für Dwaine ist Football ein Stück Heimat, weit weg von der Heimat.»
Cheerleader und amerikanische Düfte: alles da
In der Tat fühlen sich Spieler und Schaulustige an diesem angenehmen Sonntagnachmittag wie in den Vereinigten Staaten. Für 15 Franken tritt man ein in das kleine Amerika. Am Eingang steht ein Zelt mit Fanartikeln wie Caps, Shirts oder Trikots; der Duft von Hamburgern und Pommes weht durch die Luft; ein Foodtruck bietet den Zuschauern einen kulinarischen Ausflug in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten; daneben stehen Cheerleader, die in violetten Uniformen die Verbundenheit zu ihrem Team ausdrücken. Und der Rasen, der normalerweise den Fussballern als Spielfläche dient, wurde mit blauen Linien zum Football Field umgewandelt.
Die Fangemeinde erlebt einiges an amerikanischer Atmosphäre. Alles ist angerichtet für ein Sportfest, wie man es in der Schweiz eher weniger kennt. «Wir versuchen, den Leuten etwas zu bieten. Unsere Fangemeinde wächst ständig», sagt Bärbel Wood. Im Vereinstextil der Gladiators gekleidete Zuschauer erhalten eine Vergünstigung auf den ohnehin schon niedrigen Eintritt. Die Aktion zeigt Wirkung: Viele tragen ein violettes Kleidungsstück und feuern ihr Team an.
Erstaunlicherweise sind viele Zuschauer Schweizer – und nicht Amerikaner. «Immer, wenn wir Amerikaner einladen, lehnen sie ab. Sie wollen Schweizer Dinge machen, wie in die Berge fahren und das Matterhorn anschauen», sagt Trainer Dwaine Wood.
Auch die Spieler sind mehrheitlich in der Schweiz geboren und aufgewachsen. Lediglich zwei bis drei Akteure aus den USA stehen in den Reihen der Gladiators. Diese Gastspieler können vom Sport leben, verlassen die Schweiz jedoch nach wenigen Monaten wieder. Die restlichen Athleten «sind Amateure, zahlen den Vereinsbeitrag und müssen sich die Ausrüstung selber kaufen», sagt Präsidentin Wood.
Die Hilfestellungen für Football-Neulinge
Sowohl die Spieler als auch die meisten Zuschauer sind also Schweizer Football-Verrückte, die den Sport leben und lieben. Doch auch der Laie kommt hier nicht zu kurz: Am Eingang verteilt der Verein ein Flugblatt, auf dem die Kaderliste abgedruckt ist – und das ausführliche Regelwerk der Sportart.
Die Laien danken: Bei den Spielen der Gladiators wird das Regelwerk gleich mitgeliefert. (Bild: Robin Zenklusen)
Zudem wird das Geschehen von einem Kommentator begleitet, der die zuweilen komplizierten Ballbesitzwechsel und Schiedsrichterentscheide erklärt und so auch dem Football-Neuling einen angenehmen Einblick in die Welt der amerikanischsten aller Sportarten bietet.
Für die Rahmenbedingungen ist also gesorgt, fehlt nur noch ein knapper Spielverlauf auf dem Rasen. Doch die Gladiators werden vom amtierenden Meister aus Bern überrannt und verlieren mit 13:26. Und auch die Junioren der Gladiators, die das Vorspiel gegen ihre Altersgenossen der Berner Grizzlies antreten, gehen mit 7:23 unter.
Die Gladiators stehen auf dem vierten Rang und müssen in den verbleibenden vier Spielen um einen Playoff-Platz kämpfen. Im nächsten Heimspiel geht es im Leichtathletikstadion gegen die Calanda Broncos aus Graubünden. Und auch dann, am 11. Juni, wird in Basel wieder für einige Stunden das kleine Amerika aufgebaut.