Die Chronik: Der russische Trainer findet in der Pause die Lösung
Das zweite Duell mit ZSKA Moskau hätte zu Raphael Wickys erstem Meisterstück werden können. Die Qualifikation für die Achtelfinals der Champions League lag in Reichweite, und zumindest in England lief alles für die Basler: Manchester United gewann gegen Lissabon, aber den Baslern wollte im St.-Jakob-Park vor 33’303 Zuschauern Gleiches nicht gelingen. So ist die Entscheidung vertagt, die K.o.-Phase der Champions League liegt aber noch immer in Reichweite. Und das Beste aus Basler Sicht ist: Dem FCB ist das europäische Überwintern kaum mehr zu nehmen.
Das sind die guten Nachrichten dieses Abends. Aber in einer Fussballwelt, in der Erwartungshaltungen praktisch über Nacht fast ins Unermessliche steigen können, wollte sich darüber niemand überschwänglich freuen. Spieler und Trainer wirkten nach Spielschluss eher enttäuscht, Luca Zuffi sagt: «Wir dachten eigentlich, dass wir mehr Konterchancen haben würden, aber dann erzielt der Gegner das Tor. Wir haben einfach zu wenig gut verteidigt.»
Zuffis Gedankengang ist nachvollziehbar. Er selbst hatte den FC Basel nach einer halben Stunde mit einem Heber über Abwehr und Torhüter Igor Akinfeev in Führung gebracht. Sein zweites Tor in der Champions League führte aber nicht dazu, dass die Russen hinter der Abwehr die Räume für die schnellen Basler öffneten. Dimitri Oberlin, der zu Beginn bei jeder Ballberührung das Publikum in Wallungen versetzte, kam zu keiner wirklichen Konterchance.
Die Befreiung des Moskauer Spiels als Schlüssel
Der 20-Jährige war in der zweiten Halbzeit auch deswegen kaum mehr im Spiel, weil der russische Trainer Viktor Goncharenko die Lösung für fast alle Probleme fand: Er beorderte den Schweden Pontus Wernbloom vom defensiven Mittelfeld in die Angriffsspitze, zog Aleksandr Golovin zurück und vor allem wechselte er Alan Dzagoev ein. Mit der Idee, «dass wir freier spielen können», sagt der Trainer.
Der 27-jährige Überfussballer nutzte die Freiheiten eindrücklich. Mit ihm kam Struktur ins Moskauer Spiel zurück, das Team wirkte organisierter und die Angriffsbemühungen zeichneten sich durch ihre Tiefe aus.
Zwanzig Minuten nach Dzagoevs Einwechslung spielte Bibras Natcho einen vertikalen Ball, Wernbloom lenkte diesen ab und Dzagoev bezwang Tomas Vaclik mit einem angetäuschten Schuss und anschliessendem Chip, der jeder russischen und neutralen Fussballlieberhaberin grösste Freude bereitet.
Suchys grosser Fehler vor dem 1:2
Längst hatte der FCB zu diesem Zeitpunkt die Kontrolle über das Spiel verloren, während man in der ersten Halbzeit das Gefühl gehabt hatte, dass diese Russen den Baslern kaum gefährlich werden können. Basel gewann die Zweikämpfe, spielte seine Schnelligkeit aus, vor allem aber zerstörten sie alle Versuche der Moskauer, ihr Spiel aufzuziehen. Der FCB nahm der in die Jahre gekommenen Abwehr die Möglichkeit des einfachen Passes, immer wieder landeten die Bälle in den Basler Beinen.
All diese Qualitäten waren wie weggeblasen im zweiten Durchgang. «Moskau hat sein Spiel voll auf Dzagoev ausgerichtet, das hat uns das Leben schwer gemacht», anerkennt Zuffi. Vor dem 1:2 misslang der Pass zu Dzagoev zwar, aber nach Marek Suchys Fehler beim Befreiungsschlag war der Raum offen für Wernbloom, der volley an Vaclik vorbeischoss.
Moskau und Basel haben hinter dem makellosen Manchester je sechs Punkte, Moskau braucht zum Erreichen des zweitens Platzes in den restlichen Partien aber einen Punkt mehr als der FCB, weil dieser die Direktbegegnung für sich entschieden hat. Den Baslern ist zumindest Platz drei nach menschlichem Ermessen nicht mehr zu nehmen. Er müsste dafür die beiden letzten Spiele verlieren und Lissabon immer gewinnen, gegen Basel sogar mit sechs Toren Differenz. Wahrscheinlich ist das nicht.
Trainer-Monologe: «Ich glaube fest daran, dass wir das schaffen»
Raphael Wicky, Trainer FC Basel: «Es war nicht unsere Absicht, uns so tief fallen zu lassen. ZSKA hat das aber im Ballbesitz gut gemacht und Dzagoev hat sich zwischen den Linien gut bewegt. Wir liessen uns so zurückdrängen, die zwei Gegentore waren dann etwas sehr einfach. Vor allem das zweite, ein solcher Fehler wird auf diesem Niveau bestraft. Am Schluss ist das einfach ein Fehler zu viel.
Wütend bin ich natürlich nicht. Die Mannschaft hat eine sehr gute erste Halbzeit gespielt und unsere Ausgangslage ist nach wie vor sehr positiv. Auch wenn das Restprogramm schwierig ist. Ich glaube fest daran, dass wir das schaffen.»
Viktor Goncharenko, Trainer ZSKA Moskau: «Wir sind froh, dass die Spannung in der Gruppe zurück ist. Aber nach drei Halbzeiten gegen Basel sah es schlecht aus für uns. Dieser Sieg ist ein Sieg des Willens, des Kampfgeistes, es ist ein Sieg des gesamten Kollektivs. Wir haben in der Pause einige Veränderungen vorgenommen, beispielsweise den Sturm verstärkt, und Dzagoev hat einfach sehr gut gespielt.»
Die Aufstellung: Oberlin in der Startelf
Raphael Wicky hatte seine Mannschaft im Vergleich zum 2:0-Sieg in Moskau auf einer Position verändert: Dimitri Oberlin agierte als Mittelstürmer und verdrängte Albian Ajeti auf die Bank.
FC Basel (3-4-3): Vaclik – Akanji, Suchy, Balanta – Lang, Xhaka (73. Serey Dié), Zuffi, Petretta (84. Itten) – Steffen, Oberlin (71. Ajeti), Elyounoussi.
Die Basler Bank: Salvi (ET), Fransson, Serey Dié, Ajeti, Riveros, Itten, Bua.
ZSKA Moskau (3-5-2): Akinfeev – Vasin, V. Berezutski, A. Berezutski – Fernandes, Natcho (89. Zhamaletdinov), Wernbloom, Golovin, Schennikov – Kuchaev (90. Milanov), Vitinho (46. Dzagoev).