0:2-Niederlage in Bern: Kalte Dusche für Wicky und den FCB

Gegen einen zunehmend ratlos wirkenden FC Basel gewinnen die Young Boys zum Saisonstart verdient mit 2:0 (0:0). Yoric Ravet und Miralem Sulejmani mit einem perfekten Freistoss treffen für die Berner, die damit gegen einen enttäuschenden Meister eine kräftige Duftmarke setzen.

(Bild: Keystone/Peter Schneider)

Die Chronik: Rückstand aus dem Nichts

Es war vor 31’120 Zuschauern im ausverkauften Stade de Suisse und bei angenehmen Witterungsbedingungen vom Anpfiff weg eine vor allem physisch sehr intensive Partie, geprägt von vielen Zweikämpfen und hoher Aufmerksamkeit beider Teams, die bedacht waren, dem Gegner keine Lücken zu bieten.

Der FCB – in seiner nicht originellen, dafür eingeübten 4-2-3-1-Grundordnung – hatte klar mehr Ballbesitz, echte Chancen blieben jedoch dünn gestreut, ein Schlenzer von Renato Steffen (9.) und ein Schuss von Michael Lang (35.) waren sichere Beute vom neuen YB-Goalie von Ballmoos. Auf der anderen Seite wusste Miralem Sulejmani einen Aussetzer von Blas Riveros nicht zu nutzen (25.).

Nach dem Seitenwechsel schlummerte der Spitzenkampf zunächst beinahe ein, aber als die Gäste das Eckballverhältnis auf 0:5 geschraubt hatten, erzielte YB quasi aus dem Nichts den Führungsgtreffer. Nach einem Einwurf, der per Kopf ungenügend abgewehrt wurde, traf Yoric Ravet mit einem Flachschuss aus 18 Metern. Auch, weil erst Steffen, dann Luca Zuffi völlig unzureichend gegen ihn verteidigten.

Bern feiert: YB-Trainer Adi Hütter (links) gratuliert Kunstschütze Miralem Sulejmani zum 2:0.

Diesen Vorsprung verdiente sich YB quasi nachträglich: Nun setzten die Berner dem Gegner mit ihren Konterqualitäten zu, und den Deckel setzte Miralem Sulejmani drauf mit einem perfekt getretenen Freistoss aus 22 Metern, der via Lattenunterkante den Weg ins Ziel fand.

Die Umstellung, die Raphael Wicky in seinem Premierenspiel als FCB-Trainer vornahm, verpuffte: Ab der 68. Minute spielte der FCB mit einem 3-5-2, doch ein Schuss von Lang, der knapp vorbeistrich, blieb die einzige gefährliche Situation für das von Mvogo-Nachfolger von Ballmoos souverän verteidigte YB-Tor. Der Schweizermeister wirkte schliesslich ratlos gegen sehr kompakte Young Boys.

Der Trainermonolog: «Die ersten 400 Meter eines Marathons für uns entschieden»

Raphael Wicky:«Zuerst gratuliere ich Adi Hütter zum Sieg. Ich kann nicht sagen, dass wir schlecht gespielt hätten, und dem Team kann ich keinen Vorwurf machen. Wir wussten, dass es ein intensives Spiel wird, eines mit vielen Zweikämpfen. Bis zum 1:0 haben wir unsere Sache sehr gut gemacht, es gab wenige Torchancen auf beiden Seiten. Und dann passierte das Gegentor, durch eine individuelle Aktion, bei der unser Defensivverhalten nicht gut war. Dieses Tor hat YB in die Karten gespielt, sie waren danach mehr im Spiel, wir mussten aufmachen und nahmen noch mehr Risiko. Ich versuche, das Positive mitzunehmen, aber natürlich sind wir enttäuscht.»

Betretene Gesichter: Raphael Wicky (links) und sein Assistent Massimo Lombardo nach der Startniederlage in Bern.

Adi Hütter: «Danke an Raphael Wicky für die Glückwünsche. Ich habe einen wichtigen Auftaktsieg gegen den amtierenden Meister gesehen. Wir wollten unbedingt gewinnen. In der ersten Halbzeit war Basel mehr in Ballbesitz, wir hingegen waren zu wenig mutig. In der zweiten Halbzeit haben wir umgestellt und höher angegriffen. Dadurch hatten wir dann die besseren Chancen. Wenn man 2:0 gegen den Meister gewinnt, dann gibt das Selbstvertrauen, das wir mitnehmen. Aber die Saison ist kein 400-Meter-Lauf, sondern ein Marathon. Die ersten 400 Meter haben wir für uns entscheiden.»

Die Geschichte: Erste Startniederlage seit 2009

Das ist sich der FC Basel nicht gewohnt: ein Startspiel zu verlieren. In den letzten fünf Jahren ging es jeweils mit einem Sieg los, und 2011 fuhren die Basler mit einem 1:1 aus Bern nach Hause. Die letzte Startniederlage datiert vom 12. Juli 2009, dem ersten Spiel unter dem neuen Trainer Thorsten Fink. Es war 0:2 in St. Gallen, zu der ein Platzverweis von Benjamin Huggel sein Übriges beitrug. Seit 2001, der Saison, in der auf ein 1:8-Debakel zum Auftakt in Sion die langersehnte Meisterschaft folgte, hat der FCB von 15 Startspielen lediglich drei nicht gewonnen. Und das letzte Mal, dass er aus den ersten beiden Partien keinen Sieg davon trug, geht auf 1999 zurück (zwei Unentschieden in Lugano und gegen Xamax).

Der Nebenschauplatz: FCB-Fans verweilen noch ein bisschen

Es ist ein wiederkehrendes Szenario für Gästefans bei Auswärtsspielen: Sie werden im Gästesektor zurückgehalten, bis sich angrenzende Stadionbereiche geleert haben. Trennung der Fans nennt sich das im Sicherheitsdispositiv. So war es auch im Stade de Suisse. Aber weil sich der Basler Anhang in Bern schon immer speziell behandelt fühlte – Stichwort: «Raubtierkäfig», den der Berner Sicherheitsdirektor Reto Nause so genannt hat und auf dem Weg vom Bahnhof Wankdorf zum Stadion montieren lässt  – und weil sie sich diesmal wieder einmal schikaniert vorkamen beim Einlass vor der Partie, blieben die Gäste aus Basel nach dem Abpfiff einfach ein bisschen länger. Sie hängten ein Transparent auf («Haltet ihr uns zurück, halten wir euch auf») und sangen ihr gesamtes Repertoire rauf und runter. Noch knapp eineinviertel Stunden nach Spielschluss herrschte ausgelassene Stimmung im Basler Block – und die Stadionordner und die Polizei mussten Überstunden einlegen.

3:18 Minuten Gesangsunterricht mit den FCB-Fans im Stade de Suisse

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