Viel mehr Dramatik geht nicht: Der Liverpool FC kommt zweimal nach einem Zwei-Tore-Rückstand zurück und beschert mit dem 4:3 über Borussia Dortmund seinem deutschen Trainer Jürgen Klopp einen ganz grossen Triumph gegen seinen Ex-Club.
Gänsehautmoment: Die Schweigeminute an der Anfield Road für die Toten von Hillsborough.
(Bild: Reuters/Carl Recine)Als alles für Dortmund lief: Pierre-Emerick Aubameyang erzielt das frühe 2:0.
(Bild: Reuters/Darren Staples)Als immer noch alles für Dortmund lief: Torschütze Marco Reus wird nach dem 3:1 von Pierre-Emerick Aubameyang gefeiert.
(Bild: Reuters/Carl Recine)Auch Dortmunds Trainer Thomas Tuchel kann wie Klopp.
(Bild: Reuters/Carl Recine)Als der Druck immer grösser wurde, half nur noch flehen: Dortmunds Thomas Tuchel im Zwiegespräch mit Marco Reus.
(Bild: Reuters/Carl Recine)Das Original: Torjubel mit Jürgen Klopp.
(Bild: Reuters/Carl Recine)Das Original: Torjubel mit Jürgen Klopp.
(Bild: Reuters/Carl Recine)Das Original: Torjubel mit Jürgen Klopp.
(Bild: Reuters/Carl Recine)Der K.o.-Schlag: Dejan Lovren trifft in der Nachspielzeit per Kopf.
(Bild: Reuters/Darren Staples)Tiefschlag und Ekstase: Die 91. Minute an der Anfield Road.
(Bild: Reuters/Darren Staples)Eigentlich ist Thomas Tuchel ein Trainer, der zwischendurch auch mal auf seiner Trainerbank Platz nimmt, der sich die Ruhe für ein paar reflektierende Gedanken gönnt. Aber das Stadion an der Anfield Road liess ihm an diesem Abend keine Ruhe für solche Momente.
Die Ehrfurcht vor diesem magischen Ort war dem Trainer des BVB vor dieser atemberaubenden 3:4 (2:0)-Niederlage anzumerken, mit einem Lächeln auf den Lippen betrat er das Grossheiligtum in der Mythologie des Fussballs, seine Traineraugen leuchteten voller Glück, als die 45’000 vor dem Anpfiff ihren berühmten Gesang anstimmten. Jeden Moment dieser grossen Nacht saugte er auf. Bis Dejan Lovren in der ersten Minute der Nachspielzeit das Tor erzielte, das den BVB aus dem Wettbewerb beförderte.
Acht Minuten Anfield Road mit sieben Toren und dem englischen Kommentar bei «BT Sport»:
Dabei schien sich schon nach acht Minuten anzubahnen, dass nicht der Liverpool FC, sondern der BVB diesen Abend als Sieger beenden würde, denn da hatten die Dortmunder schon zwei Mal getroffen. Liverpools Trainer Jürgen Klopp hatte ja in den vergangenen Wochen immer wieder von den zwei Gesichtern seines Teams erzählt. Es gebe Tage, da könne der FC Liverpool jeden Gegner dieser Welt schlagen, in manchen Partien wirke er aber auch wie ein schwer gebeutelter Krisenklub. Und die erste Viertelstunde dieses Duells gehörte eindeutig in letztere Kategorie.
Liverpools fürchterlicher Start
Liverpool unterliefen gleich mehrere fürchterliche Ballverluste, von denen der BVB zwei in Tore umsetzte. Nach fünf Minuten eroberte Henrikh Mkhitaryan einen Ball in der eigenen Hälfte, über Shinji Kagawa und Gonzalo Castro landete der Ball bei Pierre-Aubameyang. Dessen Schuss wehrte Simon Mignolet noch ab, nicht aber den Nachschuss von Mkhitaryan.
Liverpool–Dortmund 4:3 (1:1)
Sevilla–Bilbao 1:2 (2:1)
5:4 für Sevilla im Penaltyschiessen
Donetsk–Braga 4:0 (2:1)
Sparta Prag–Villarreal 2:4 (1:2)
In Klammern Hinspielresultate
Am Freitag Auslosung Halbfinals (28. April und 5. Mai)
Final: 18. Mai in Basel
Nur drei Minuten später eroberte Marco Reus einen Ball 60 Meter vor dem Tor, fand einen tollen Laufweg durch das Mittelfeld, spielte einen Zauberpass auf Aubameyang, der aus zehn Metern hoch in die nahe Ecke traf. Ein grossartiger Treffer, dem einer dieser hinreissenden Reus-Momente vorausgegangen war, auf die die Fans in den grossen Spielen der vergangenen zwei Jahre so oft vergeblich gewartet hatten.
Liverpool brauchte nun drei Tore, um das Halbfinale zu erreichen, und mit diesem komfortablen Vorsprung im Rücken wurde der BVB ein wenig nachlässig. Die Engländer hatten viel Platz und vor der Pause fünf gute Chancen. Es war nun ein richtig gutes Fussballspiel vor einer prächtigen Kulisse, die vor dem Anpfiff mit aufeinander abgestimmten Choreographien im Dortmunder Fanblock und auf der legendären Liverpooler Fantribüne «The Kop» der Toten der Hillsborough-Katastrophe gedachten, die sich an diesem Freitag zum 27. Mal jährte. Am 15. April 1989 waren im Stadion von Sheffield 96 Menschen gestorben, die meisten von ihnen Liverpool-Fans.
Die Wucht der Anfield Road
In der zweiten Hälfte war dann zu spüren, warum dieses Stadion so gefürchtet ist. Nach einem klugen Steilpass von Emre Can tauchte Origi plötzlich vor Weidenfeller auf und nutzt diese Möglichkeit endlich zu einem mittlerweile verdienten Anschlusstor. Nun war das Publikum wach und entwickelte seine Wucht.
Allerdings reagierten die Dortmunder wie ein Weltklasseteam auf diese Energie. Plötzlich kontrollierten sie wieder das Mittelfeld, und nach 57 Minuten spielte Mats Hummels im Strafraum Marco Reus frei, der das dritte Dortmunder Tor erzielte. Aber auch das raubte den Engländern nicht den Glauben. Coutinho gelang nach tollem Doppelpass mit James Milner aus 18 Metern das 3:2, es war wieder spannend, erst recht nachdem Mamadou Sakho nach einer Ecke Lukasz Piszczek entwischte und das dritte Liverpooler Tor köpfte (78.).
Und als Lovren dann in der Nachspielzeit das vierte Tor mit dem Kopf erzielte, feierte Jürgen Klopp seinen bisher grössten Moment als Trainer in England.
Die ganz grossen Träume des BVB sind geplatzt
Für Dortmund leuchtet das Gesamtbild der Saison zwar immer noch in strahlendem Gelb, aber die ganz grossen Träume werden wohl nicht mehr in Erfüllung gehen. Beim 2:2 auf Schalke vergangenes Wochenende, als der BVB mit einem Reserveteam antrat, hat er seine Meisterschaftsambitionen aufgegeben, und die Europa League, die einzige wichtige Trophäe, die noch nicht in den Vitrinen des Klubs steht, hat er verloren.
Nun bleibt noch die vage Hoffnung auf den DFB-Pokal, jenen Wettbewerb, in dem die Dortmunder in den vergangenen beiden Jahren jeweils im Endspiel unterlagen. Auf das Halbfinale bei Hertha BSC Berlin freut sich daher erstmal niemand nach dieser grossen Enttäuschung an der Anfield Road. Nur die Erinnerungen an einen magischen Ort, die bleiben den Spielern und dem Trainer.
«Hut ab!» – was die Trainer sagten
Thomas Tuchel (Borussia Dortmund):
«Das fühlt sich sehr bescheiden an. Wir müssen einfach zugeben, dass wir ab dem 3:1 nicht mehr damit klar kamen, mit wie viel Risiko Liverpool dann gespielt hat. Unser Selbstvertrauen in unseren Ballbesitz war dann unter Stress und Druck nicht mehr gut, sodass irgendwann der schlimmste Fall eingetreten ist. Interessant wird jetzt sein, wie wir damit gemeinschaftlich umgehen und wie viel Energie uns das kostet.»
Jürgen Klopp (FC Liverpool):
«Im Moment bin ich eher ruhig und müde, das Adrenalin ist nach Spielschluss aus dem Körper geflossen. Es ging nicht darum, zu zeigen, dass wir besser als Dortmund sind – das sind wir nicht. Das Spiel hätte auch 3:3 ausgehen können, das wäre auch ein geiles Spiel gewesen. Aber das 4:3 ist cool und am Ende nicht unverdient. Es war hier heute eine fantastische Atmosphäre – Hut ab.»
FC Liverpool – Borussia Dortmund 4:3 (0:2)
45’000 Zuschauer. – SR Cakir (TUR).
Tore: 5. Mchitarjan 0:1. 8. Aubameyang 0:2. 48. Origi 1:2. 57. Reus 1:3. 66. Coutinho 2:3. 78. Sakho 3:3. 92. Lovren 4:3.
FC Liverpool: Mignolet; Clyne, Lovren, Sakho, Alberto Moreno; Milner, Can (80. Lucas); Lallana (62. Allen), Firmino (62. Sturridge), Coutinho; Origi.
Borussia Dortmund: Weidenfeller; Piszczek, Sokratis, Hummels, Schmelzer; Castro (82. Gündogan), Weigl; Mchitarjan, Kagawa (77. Ginter), Reus (83. Ramos); Aubameyang.
Bemerkungen: Liverpool ohne Henderson und Benteke (beide verletzt), Dortmund ohne Durm (verletzt) und Bürki (Ersatz).
FC Sevilla – Athletic Bilbao 1:2 (1:2, 0:0) n.V. | 5:4 n.P.
38’567 Zuschauer.
Tore: 57. Aduriz 0:1. 59. Gameiro 1:1. 80. Garcia 1:2.
Sparta Prag – Villarreal 2:4 (0:3)
18’201 Zuschauer.
Tore: 5. Bakambu 0:1. 43. Castillejo 0:2. 45. Lafata (Eigentor) 0:3. 49. Bakambu 0:4. 65. Dockal 1:4. 71. Krejci 2:4.
Schachtar Donezk – Sporting Braga 4:0 (2:0)
33’617 Zuschauer.
Tore: 25. Srna (Foulpenalty) 1:0. 43. Ricardo Ferreira (Eigentor) 2:0. 50. Kowalenko 3:0. 74. Ricardo Ferreira (Eigentor) 4:0.
Bemerkung: Das Spiel fand in Lwiw statt.