Der FC Luzern zieht die Reissleine und stellt Trainer Carlos Bernegger den Stuhl vor die Türe. Vorübergehend übernimmt U21-Trainer Gerardo Seoane das Training beim seit elf Spielen sieglosen Tabellenletzten der Super League. Unverändert hoch bleibt der Druck, den Luzerns Sportchef Alex Frei zu spüren bekommt.
Dass sich nur noch ein Ausweg finden lassen würde, einen Trainerwechsel, war Sportchef Alex Frei am Sonntag in Sion schon anzumerken gewesen. Nun hat der FC Luzern die Fakten geschaffen: An einer Medienkonferenz gab er am Montagnachmittag die Trennung vom bis 2016 gebundenen Cheftrainer Carlos Bernegger, sowie von seinem Assistenten Thomas Wyss bekannt.
Nach elf Spielen ohne Sieg, mit fünf Unentschieden in der Super League und dem Absturz auf den letzten Tabellenplatz kam das Ende der Mission von Bernegger. In einer Mitteilung des FC Luzern heisst es: «Ausschlaggebend für diesen Entscheid war die sportliche Entwicklung in den letzten Runden mit vier Niederlagen in Folge. Insbesondere die beiden Niederlagen gegen St. Gallen und in Sion haben klar aufgezeigt, dass es einer Änderung bedarf, um den seit längerem anhaltenden Abwärtstrend zu stoppen.»
Dazu war das frühe Aus in der Qualifikation zur Europa League gegen den Johnstone FC aus Schottland gekommen. Der 45-jährige Bernegger und sein Team, so fasste es sportalsports.ch noch vor dem Gang am Sonntag ins Wallis zusammen, «befinden sich in einer Negativspirale, die sich in allen Symptomen äussert, die eine solche ausmachen: Pech, Unvermögen, knappe Niederlagen, unglückliche Spielverläufe, viele Karten, mangelhafte Chancenverwertung».
Bernegger: Vom FCB-Ausbilder zum Retter in Luzern
Vor seinem Engagement in Luzern, dem ersten längerfristigen im Seniorenbereich, hatte Bernegger beim FC Basel von 2008 bis 2013 als hochangesehener Ausbilder gearbeitet. Davor war der gebürtige Argentinier lange bei den Grasshoppers tätig, für die er wiederholt interimistisch als Cheftrainer eingesprungen war.
#Frei: „Die Gespräche mit den potenziellen Nachfolgern haben heute Morgen begonnen.“ #FCLuzern
— FC Luzern (@FCL_1901) 6. Oktober 2014
Bernegger hatte den FC Luzern am 8. April 2013 in einer schwierigen Situation übernommen und die Mannschaft – später mit dem wenige Wochen danach dazu gestossenen neuen Sportchef Alex Frei – aus der Abstiegszone geführt. Ende 2013 standen die Innerschweizer nach einer Halbsaison gar auf Platz 2. Doch schon die Rückrunde verlief nicht mehr nach Wunsch, und in der laufenden Saison folgte der Absturz.
FCL-Präsident: «Es gibt nur Verlierer»
Präsident Ruedi Stäger, neben dem FCB-Präsident Bernhard Heusler der einzige hauptamtlich bestallte CEO im Schweizer Fussball, war am Wochenende heftig kritisiert worden dafür, dass er sich in der schwierigen Lage in die Ferien begeben hatte. Vorzeitig zurückgereist, sagte Stäger, der von den FCL-Investoren um Bernhard Alpstaeg und Ex-Präsident Walter Stierli ins Boot geholt wurde, zur Freistellung von Bernegger: «In einer solchen Situation gibt es nur Verlierer. Aber wir werden gestärkt aus dieser Phase kommen.»
Als Fehler bezeichnete es Stäger, dass die im Sommer vorgenommene vorzeitige Vertragsverlängerung mit Bernegger bis 2016 nicht kommuniziert worden sei. Damals war der schweizerisch-argentinische Doppelbürger beim Zweitbundesligisten 1860 München als Trainerkandidat gehandelt worden.
Alex Frei und der schwierige Umbau
Von einer persönlichen Niederlage für ihn selbst will Alex Frei nicht sprechen. Er hatte sich im Frühjahr 2013, als das Ende seiner eigenen Spielerkarriere beim FC Basel bereits ausgemacht war, bis zu seinem Abschiedsspiel am 14. April bereits im Hintergrund für die Verpflichtung Berneggers stark gemacht.
Ein Jahr später musste Frei als Sportchef des FC Luzern bei der Kaderplanung rund eine dreiviertel Million Franken an Personalkosten einsparen, die Erwartungen in der Innerschweiz blieben jedoch unverändert hoch.
Routiniers wie Tomislav Puljić, Florian Stahel, Michel Renggli und Dimitar Rangelov wurden weggeschickt, von den unter Frei geholten Spielern überzeugte bisher nur Goalgetter Marco Schneuwly. Der kurzfristig aus Ecuador geholte uruguayanische Verteidiger Andres Lamas etwa leitete mit einem kapitalen Fehler die jüngste Niederlage in Sion ein.
Durch die Trennung von Bernegger wird sich der Druck auf den Sportchef bei seiner ersten Station und während der ersten grossen Krise nicht verringern. Die Zuschauerzahlen in der Swissporarena sind markant gesunken und die Geduld des Luzerner Publikums strapaziert.
Seoane übernimmt ad interim
Zunächst einmal übernimmt U21-Trainer Gerardo Seoane, früher selbst für den FC Luzern aktiv, die Leitung des Mannschaftstrainings. Das hat der 35-Jährige nach der Entlassung von Ryszard Komornicki im April 2013 ebenfalls getan, verlor sein einziges Spiel allerdings in Sion. Nun ist der erste Fixpunkt nach der Länderspielpause das nächste Kellerduell, wenn am 19. Oktober der FC Vaduz in Luzern gastiert. Und am Mittwoch, 29. Oktober, kommt der FC Aarau zum Cup-Achtelfinal in die Swissporarena.
Die Suche nach einem Nachfolger für Bernegger läuft laut Sportchef Frei seit Montagmorgen, als er mit Stäger und Holding-Präsident Marco Sieber die Lage besprochen und die Konsequenzen gezogen hatte. «Wir haben uns aber keine Frist gesetzt und haben vollstes Vertrauen in Gerardo Seoane.»
Kandidatenkarussell: Sforza, Fink, Weiler, von Eck
Gehandelt werden Namen wie jener von Ciriaco Sforza, der vom «Blick» befeuert wird. Sforza hat gerade den FC Wohlen, nächster Gegner des FC Basel im Schweizer Cup, an die Spitze der Challenge League geführt und war schon einmal in Luzern (2006 bis ’08), wo er vorzeitig entlassen wurde.
Andere Quellen wie etwa «20 Minuten» bringen Thorsten Fink (ex FC Basel) ins Spiel sowie René Weiler, der im Sommer in Aarau ausgestiegen war, um eine Auszeit zu nehmen. Die «Neue Luzerner Zeitung» nennt ausserdem den bei den Fans sehr beliebten René van Eck, Aufstiegstrainer der Saison 2005/06.