Gregor Schlierenzauer ist nicht erst seit seinem zweiten Gesamtsieg an der Vierschanzentournee ein Mann der Superlative. Der 23-Jährige spricht über seine bisherige Karriere im Raketentempo.
Überflieger. Jungstar. Superadler. Weitenjäger. König der Lüfte. Schanzengott. Sogar Schlierinator, in Anlehnung an Hermann «Herminator» Maier – Gregor Schlierenzauer fliegen die Kosenamen und Komplimente nur so um die Ohren. Nicht erst seit Sonntag, seit der 23-Jährige in Bischofshofen zum zweiten Mal in Folge bei der Vierschanzentournee alle Gegner überflügelt hat.
Die Superlative und Bestmarken begleiten den Tiroler schon die gesamte Karriere. Erster Weltcupsieg mit zarten 16; erster Tournee-Tagessieg beim ersten Tournee-Springen überhaupt (2006 Oberstdorf); Skiflug-Weltmeister mit 18, Weltcup-Gesamtsieger mit 19, Team-Olympiasieger mit 20; Einzel-Weltmeister mit 21, Tournee-Sieger mit knapp 22 – im Überschallflug räumt dieser Gregor Schlierenzauer einen Titel nach dem anderen ab.
Wie macht Gregor Schlierenzauer das nur? Wieso fliegt er seinen Gegnern ständig um die Ohren? Warum landet er in jedem zweiten Springen auf dem Siegespodest (Bilanz: 45 Siege, 18 zweite und 10 dritte Plätze in 146 Weltcupspringen)? Vor allem aber: Wie kann einer seit sechs Jahren der Mann der Stunde sein?
«Der Gregor hat überdurchschnittliche Fähigkeiten», meint Anton Innauer, der langjährige Sportdirektor des Österreichischen Skiverbandes, «er ist grenzgenial.» Sprungkraft, Fluggefühl, Technik, Feinsensorik – Schlierenzauer kombiniert die wichtigsten Zutaten des Skispringens zu einem Erfolgsrezept. «Im Zusammenspiel wird das zu einer perfekten Mischung», erklärt der österreichische Cheftrainer Alexander Pointner, der seinen Seriensieger in den Himmel lobt. «Gregors Sprünge haben künstlerische Qualität.»
Der Superstar selbst präsentiert sich neuerdings als Mann mit Bodenhaftung, Gregor Schlierenzauer wirkt mittlerweile gereift und gelassen. Verflogen ist die gespielte Lässigkeit vergangener Tage, verschwunden die Verbissenheit jüngerer Jahre. «Da habe ich mich selbst oft ein bisschen narrisch gemacht», erinnert sich Schlierenzauer, «vor allem bei der Tournee. Ich habe gelernt, dass man Dinge auch passieren lassen muss.»
Mit diesem Motto lebt und fliegt sich’s für ihn nun leichter. Es ist wohl nur mehr eine Frage von Tagen, bis diesem Schlierenzauer die nächsten Rekorde «passieren». Zwei Weltcupsiege noch, dann hat er auch Matti Nykänen, die finnische Nummer 1 (46 Siege), überflügelt.
Gregor Schlierenzauer über …
… seine Ziele: «Die 47 Siege haben für mich eine enorme Bedeutung. Es zeigt, dass du konstant in der Weltspitze dabei bist. Was mich stolz macht: Ich kann diese Marke schon in meinem jungen Alter erreichen. Das ist aber nicht das einzige Ziel: Olympiagold fehlt mir auch noch.»
… seine steile Karriere: «Mir ist bewusst, dass ich ein Riesenglück im Leben habe. Ich hatte die günstige Situation, dass ich mit einer Technik und einer Ausbildung in den Weltcup gekommen bin, die gleich für Siege gereicht haben. Ich habe damals mit 16 mehr oder weniger mit den Schanzen gespielt, wahrscheinlich war ich sogar überlegen.»
… sein Leben als Jungstar: «Es ist schwierig, wenn du mit 16 erwachsen sein sollst. Wenn du auf einmal der Chef bist in deinem Job und plötzlich von allen Seiten belagert wirst. Auf mich ist damals sehr viel hereingeprasselt, das war eine richtige Challenge. Mein Glück war, dass mit meinem Onkel ein Topsportler in unserer Familie ist.»
… seine Lehren: «Wenn man eine Saison mit 13 Weltcupsiegen hat und alles niederreisst, dann ist die Latte eine andere. Man denkt sich: Es geht eh so weiter, es hat ja immer funktioniert. Heute weiss ich, dass es nicht selbstverständlich ist, dass alles so leicht von der Hand geht. Man muss sich jeden Sommer alles wieder neu erarbeiten.»
… seine Verbissenheit: «Ich bin gelassener geworden, weil ich weiss: Eigentlich bin ich in einer Luxussituation. Mir macht es heute nichts mehr aus, wenn ich einmal nur Fünfter werden sollte.»
… seine Popularität: «Manchmal würde ich mir wünschen, dass ich ein anderer wäre. Wenn ich nicht mehr unbeobachtet durch die Stadt gehen kann. Ich will als normaler, bodenständiger Typ wahrgenommen werden. Mir würde es nicht passen, wenn mich die Leute nicht mögen.»