Marc Janko über seine Österreicher: «Wir leben den Mythos der elf Freunde»

Vor dem Länderspiel Österreich gegen die Schweiz vom kommenden Dienstag spricht FCB-Stürmer Marc Janko über die spezielle Note dieser Begegnung. Er betrachtet den Weltranglisten-Platz 10 für sein Land als schmeichelhaft, versucht den Aufschwung unter Marcel Koller zu erklären und fände es gut, wenn «Córdoba» endlich in der Mottenkiste verschwände.

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(Bild: imago sportfotodienst)

Vor dem Länderspiel Österreich gegen die Schweiz vom kommenden Dienstag spricht FCB-Stürmer Marc Janko über die spezielle Note dieser Begegnung. Er betrachtet den Weltranglisten-Platz 10 für sein Land als schmeichelhaft, versucht den Aufschwung unter Marcel Koller zu erklären und fände es gut, wenn «Córdoba» endlich in der Mottenkiste verschwände.

Herr Janko, wir staunen: Österreichs Nationalmannschaft rangiert auf Platz 10 der Fifa-Weltrangliste, so weit vorne wie noch nie. Was ist denn da passiert?

Marc Janko: Für mich ist das nur eine Momentaufnahme – eine, die sich alle vier Wochen ändert und das ohne ersichtlichen Grund. Aber wir nehmen das gerne mit, das schmeichelt uns, und gleichzeitig wissen wir, dass in diesem Ranking viele gute Mannschaften hinter uns liegen.

Marc Janko, 32 Jahre, stammt aus Wien und ist der Sohn der österreichischen Olympia-Bronzemedaillengewinnerin von 1968, Eva Janko. Marc Janko hat als Profi für Admira Wacker Mödling, Red Bull Salzburg, Twente Enschede, den FC Porto, Trabzonspor und den Sydney FC gespielt, ehe er im Sommer 2015 zum FC Basel wechselte. In dessen Trikot hat er sich auch in der Schweiz an die Spitze der Torschützenliste geschossen. Für das Nationalteam hat er 50 Spiele absolviert und 25 Treffer erzielt.

Es ist kommenden Dienstag zwar nur ein Freundschafts-Länderspiel, trotzdem hat das Duell Österreich gegen die Schweiz im Fussball einen besonderen Reiz. Wie sehen Sie das?

Weil wir Nachbarn sind, ist es immer eine besondere Konstellation. Die Schweiz hat in den letzten Jahren immer die Nase vorne gehabt im direkten Vergleich. Jetzt ist die Ausgangslage ausgeglichen, oder sagen wir: nahezu ausgeglichen. Deshalb rechnen wir uns Chancen aus, dieses Spiel zu gewinnen.

Die Begegnung hat ihre spezielle Note auch dadurch, dass Marcel Koller als Schweizer der Teamchef ist, unter dem die österreichische Nationalmannschaft einen fast unglaublichen Aufschwung genommen hat. Liegt das nur an ihm oder gibt es noch andere Gründe?

Marcel Koller ist natürlich eine der Hauptfiguren. Aber auch Willi Ruttensteiner spielt eine wichtige Rolle, der seit etlichen Jahren als Sportdirektor des ÖFB (Österreichischer Fussball-Bund) die Geschicke leitet und die Strukturen initialisiert hat. Das greift jetzt alles. Dazu kommt unser Präsident Leo Windtner, der das alles mit auf die Schiene gebracht hat. Diese zwei werden, leider, viel zu wenig genannt, wenn es um die Analyse des Erfolgs geht. Diese drei Personen haben den grössten Anteil daran – und natürlich die Mannschaft.

Im Vorfeld der Euro 2008, die Österreich zusammen mit der Schweiz ausgerichtet hat, stellte man in Ihrem Land fest: Hoppla, die Schweizer sind seit 1995 viel weiter mit ihrem Nachwuchskonzept. Daraus wurde mit zehn Jahren Verspätung die «Challenge 2008», auch «der österreichische Weg» genannt. Hat das den aktuellen Höhenflug erst möglich gemacht oder erleben wir einfach eine goldene Generation.

Ich habe zu wenig Einblick in die Nachwuchsarbeit, um das beurteilen zu können. Ich hoffe einfach, dass diese EM-Qualifikation der Startschuss für ein besseres Fussballzeitalter ist. Aber es liegt auf der Hand, dass die aktuelle Spielergeneration eine sehr gute ist.

«Sich so lange über ‹Córdoba› zu freuen, finde ich eigentlich peinlich.»

Ist es wichtig für das Fortkommen dieser Mannschaft, dass man sich in Österreich von der Generation «Córdoba» löst und 37 Jahre nach dem Sieg an der WM gegen Weltmeister Deutschland ein neues Highlight gesetzt wird? Damit die Vergleiche in die Mottenkiste der Geschichte gepackt werden können?

Es würde guttun. Zumal ich den ganzen Hype um «Córdoba» nicht wirklich nachvollziehen kann. Österreich war damals im Endeffekt bereits ausgeschieden und hat einfach nur Deutschland mit nach Hause genommen. Sich darüber so lange zu freuen, finde ich eigentlich peinlich. Aber so ist die österreichische Seele: Ab und zu freut sie sich über solche kleinen Erfolge dermassen, weil es anscheinend ansonsten zu wenig zu feiern gibt. Ich hoffe, dass die aktuelle Spielergeneration bei der Euro 2016 allen Grund zum Feiern bietet, und wir den Österreichern etwas geben können, worauf sie dann auch jahrelang stolz sein können.

Was ist denn das Besondere an dieser Mannschaft, im Inneren und fussballspezifisch?

Da ist in den vergangenen Jahren eine richtige Einheit zusammengewachsen, bei der jeder weiss, was er vom anderen erwarten kann, sowohl auf dem Platz wie auch daneben. Jeder respektiert und akzeptiert den anderen, und der Mythos der elf Freunde wird bei uns wirklich gelebt. Wir haben ein sehr gutes Verhältnis zueinander und jeder kommt wahnsinnig gerne zur Nationalmannschaft. Insofern ist das eine homogene Einheit, was man auch auf dem Platz erkennen kann.

Gerne zum Nationalteam zu kommen – das war bei Ihnen auch schon mal anders. 2008 etwa wurden Sie kurz vor der Europameisterschaft aus dem Aufgebot gestrichen.

Ja, ich habe auch schon unangenehmere Zeiten erlebt. Ich war auch einmal Kapitän dieser Mannschaft, und dann ist man eher das Ziel der Leute, wenn es nicht so gut läuft. Aber das ist Schnee von gestern, und darüber will ich mich auch gar nicht beklagen. Es ist einfach eine Analyse.

«Das Potenzial von Aleksandar Dragovic ist riesig – ähnlich wie bei Breel Embolo.»

Wie erleben Sie eigentlich Aleksandar Dragovic im Nationalteam. Macht er da auch so viel Quatsch wie in seiner Zeit beim FC Basel?

(lacht). Er ist ein bisschen reifer geworden. Die Sachen, die er damals gemacht hat, waren sicher auch der Unbekümmertheit und der Jugend geschuldet, und er weiss auch, dass nicht alles gut war, dazu steht er auch. Aber er hat eine Entwicklung durchgemacht, auch noch einmal, seit er vom FC Basel weggegangen ist. Bei ihm zeigt die Formkurve stetig nach oben und sein Potenzial ist – ähnlich wie bei Breel Embolo – riesig.

Die Schweiz, mit Österreich in Topf 2 gesetzt, kommt nicht als Vorrundengegner in Frage. Haben Sie Wunschgegner, wenn am 12. Dezember die EM-Gruppen ausgelost werden?

Ich nehme jeden Gegner, wie er kommt.

Und was darf man dann vom 10. Juni an von Österreich in Frankreich erwarten?

Wir sind in erster Linie einmal froh, dass wir es zum ersten Mal geschafft haben, Österreich sportlich für eine Endrunde zu qualifizieren. Bis zum Anpfiff der EM wollen wir alles aufsaugen, was passiert und uns dann in der Gruppenphase so gut wie möglich verkaufen. Alles andere werden wir dann sehen.

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