In einem völlig enthemmt geführten Clásico schwingt sich Lionel Messi bei Real Madrid zu einer grossen Leistung auf und spitzt mit seinem 500. Tor im Trikot von Barcelona das Titelrennen in Spanien wieder zu.
Die Bühne gehört Messi. Nach seinem 500. Tor zeigt er dem Bernabéu sein Trikot mit der Nummer 10.
(Bild: Keystone/Juan Carlos Hidalgo)Barcelonas Jubel im Madrider Stadion. Und mittendrin: Ivan Rakitic (zweiter von rechts), der ehemalige Basler.
(Bild: Reuters/Susana Vera)Dass Barcelona den zweiten Clásico der laufenden Spielzeit gewinnt, liegt vordergründig an der Leistung dieses Mannes: Lionel Messi erzielt in der Nachspielzeit das 3:2.
(Bild: Reuters)Mag in der letzten Wahl zum Weltfussballer die Nase vorne gehabt haben. In der 33. Runde muss sich Cristiano Ronaldo seinem Rivalen geschlagen geben.
(Bild: Keystone/Francisco Seco)Als wolle Messi dem Clásico-Publikum in Madrid mit seiner Geste sagen: «Damit ihr mich nicht vergesst.»
(Bild: Reuters/Susana Vera)Dabei muss Messi durchaus auch einstecken: Nach einem Ellenbogenschlag blutet er.
(Bild: Reuters/Susana Vera)Und von Sergio Ramos wird er hart angegangen.
(Bild: Keystone/Daniel Ochoa de Olza)Resultat dieser Szene: Ramos wird in der 77. Minute mit Rot vom Platz gestellt.
(Bild: Keystone/Daniel Ochoa de Olza)Mit dem Sieg hat Barcelona 75 Punkte nach 33 Runden. Gleich viele wie Real.
(Bild: Reuters/Sergio Perez)Barcelona und Real biegen in die letzten fünf Runden der Primera Division ein. Allerdings hat Real ein Spiel weniger absolviert.
(Bild: Keystone/Daniel Ochoa de Olza)Die Zuschauer hatten gepfiffen und ihn zum Teufel gewünscht. Wie oft hat er sie schon gequält. Elf Jahre, 23 Tore. Hat das denn nie ein Ende? Aber als sie die Treppen des Estadio Santiago Bernabéu hinabstiegen, da konnten auch die meisten Fans von Real Madrid nicht anders als über ihn zu tuscheln. Da setzte sich die Erkenntnis durch, nicht nur spektakulären Fussball gesehen, sondern auch Geschichte erlebt zu haben. Den vielleicht grössten Spieler in einem seiner vielleicht grössten Spiele.
Lionel Messi allein hatte eine tote Mannschaft zum Leben erweckt. Drei mögliche Platzverweise provoziert, von denen einer ausgesprochen wurde. Sein erstes Tor zum 1:1 mit einem Taschentuch im Mund erzielt, das nach einer Begegnung mit Marcelos Ellbogen seine blutende Lippe stillte. Und in den letzten Sekunden der Nachspielzeit das Siegtor zum 3:2 gesorgt. Für die Pointe des Spiels, womöglich der ganzen Saison im jetzt wieder offenen Titelrennen.
Es war Messis 500. Treffer für den FC Barcelona. An was für einem Ort, in was für einem Moment. Und weil er wusste, was er getan hatte, liess er eine Geste folgen, die fortan zur Ikonografie des Fussballs gehören wird. Er zog sein Trikot aus und streckte es dem Bernabéu hin. Damit sie ihn nicht vergessen: 10, Messi.
ter Stegens Leistung – Hampelmannsprung inklusive
Die Nummer war kein Stück zu dick aufgetragen für diese Partie. Wer gern die alte Weisheit bemüht, dass Spitzenspiele von Vorsicht geprägt sind, hat noch nie einen Clásico gesehen und speziell nicht diesen. Ab der ersten Szene, in der Schiedsrichter Hernández den Madrilenen nach einem Tritt von Umtiti gegen Ronaldo den fälligen Elfmeter vorenthielt, war das Geschehen komplett enthemmt. Am Ende standen 38 Torschüsse, 23 davon aufs Tor. 23. Mehr als in jedem spanischen Ligaspiel seit 2008/09.
Ein atemberaubendes Spiel auf knapp sieben Minuten komprimiert:
Wo anfangen? Mehr denn je: ganz hinten. Was die Torleute Keylor Navas und – bei seinem ersten Auftritt im Bernabéu – Marc-André ter Stegen ablieferten, war mehr als nur eine Fussnote. Die 38 Torschüsse kamen ja nicht von irgendwelchen Wald- und Wiesenprofis. Acht beispielsweise von einem gewissen Ronaldo, der zuletzt die Bayern mit fünf Toren in zwei Champions-League-Spielen abgeschossen hatte. Seine unglaublichste Parade zeigte ter Stegen jedoch gegen einen Kopfball aus drei Metern von Karim Benzema, den er im Hampelmannsprung mit dem Fuss abwehrte.
Um bei den Defensivleuten weiter zu machen: Sie waren in diesem anarchischen Spektakel ohne Taktik und ohne Mittelfeld nicht wirklich zu beneiden. Reals Abräumer Casemiro, allein gelassen mit Messis Antritten, tat alles, um den gegen die Bayern knapp verpassten Platzverweis nachzuholen. Nicht sein Führungstor zum 1:0, nicht mal eine eindringliche Ansprache von Zinédine Zidane konnte ihn beruhigen, also nahm ihn der Trainer in der 70. Minute vom Platz.
«Mit kühlem Kopf wird er seine Aktion bereuen.»
Gerard Piqué über Ramos’ Foul an Messi
Zidane konnte ja nicht ahnen, dass Sergio Ramos wenig später umso wüster mit den Beinen voraus in einen Zweikampf mit Messi springen und sich so die Rote Karte direkt abholen würde. Danach bezichtigte er mit eindeutigen Gesten den Nationalmannschaftspartner Gerard Piqué als geistigen Brandstifter der Entscheidung, wegen dessen ewiger Klagen über die Schiedsrichter.
Weit nach Abpfiff folgte die dialektische Aufarbeitung, auch das gehört inzwischen zur Folklore. Piqué: «Mit kühlem Kopf wird er seine Aktion bereuen». Ramos tat genau das nicht, dabei «komme ich gerade aus dem Eisbad und könnte kühler nicht sein.»
Der wunderbare Fernschuss von Ivan Rakitic
Bei jetzt Punktgleichheit zwischen beiden Teams, der Tabellenführung für Barça und einem Nachholspiel in der Hinterhand für Real bedeutet Ramos’ Sperre eine erhebliche Bürde, wenn es schon am Mittwoch im Titelrennen weiter geht: die Positionskollegen Pepe und Varane fehlen eh schon verletzt.
Falls die Madrilenen darauf so stolz reagieren wie am Sonntag, müssen sie sich aber keine Sorgen machen. Zwar hatten sie noch bei elf gegen elf durch einen wunderbaren Fernschuss von Ivan Rakitic das 1:2 kassiert. Doch zu zehnt glichen sie durch den eingewechselten James Rodríguez aus. Es folgte eine Demonstration echter Grandezza. In Unterzahl und obwohl das Remis wohl die Meisterschaft gesichert hätte, heiss ersehnt nach fünf blanken Jahren, stürmte Real auf den Sieg. «Wir hätten mit mehr Kopf spielen können», sagte Zidane, aber er sagte nicht, dass sie es auch hätten tun sollen. «Wir waren positiv.»
Sekundenbruchteile für die Ewigkeit
In der letzten Spielsequenz attackierte Madrid einen Einwurf von Barça nahe des gegnerischen Tors mit tollkühnem Pressing. Irgendwie befreite sich Sergi Roberto, Held von Barças 6:1-Wunder gegen Paris, und trieb den Ball nach vorn. «Foult, verdammt», rief Ronaldo. Modric versuchte es und schaffte es nicht. Marcelo hätte es tun können und tat es nicht. Sergi Roberto lief weiter, spielte auf André Gomes, der für Jordi Alba ablegte, und als dessen Querpass in den Strafraum rollte und man sah, wer von hinten kam, da stockte allen der Atem. Da schien sich ein Sekundenbruchteil zu einer Ewigkeit auszudehnen.
Was folgte, war von einer gewissen Zwangsläufigkeit. Keiner der 80’000 Augenzeugen wird je das Gegenteil behaupten.
Das Restprogramm von Barcelona und Real Madrid (beide 75 Punkte) | |||
---|---|---|---|
|
|
|
|
34 | 26. April | Osasuna (h) | Deportivo La Coruna (a) |
35 | 29. April | Esp. Barcelona (a) | Valencia (h) |
36 | 6. Mai | Villareal (h) | Granada (a) |
37 | 14. Mai | Las Palmas (a) | Sevilla (h) |
21 (Nachholspiel) | 17. Mai | – | Celta Vigo (a) |
38 | 21. Mai | Eibar (h) | Malaga (a) |
» Primera Division: Spielplan aller Mannschaften |