Messi, Messi und noch einmal Messi

Ein gutes Länderspiel der Schweizer Nationalmannschaft endet mit 1:3 gegen Argentinien, weil die Mannschaft von Nationaltrainer Ottmar Hitzfeld für zwei Fehler von François Affolter bar bezahlt. Die Quittung in Bern stellte der dreifache Torschütze Lionel Messi aus.

Kleiner Mann, auch in Bern ganz gross: Lionel Messi, verantwortlich für alle drei argentinischen Tor beim 3:1-Sieg gegen die Schweiz. (Bild: Reuters/Michael Buholzer)

Ein gutes Länderspiel der Schweizer Nationalmannschaft endet mit 1:3 gegen Argentinien, weil die Mannschaft von Nationaltrainer Ottmar Hitzfeld für zwei Fehler von François Affolter bar bezahlt. Die Quittung in Bern stellte der dreifache Torschütze Lionel Messi aus.

Nach zehn Sekunden schoss Granit Xhaka zum ersten Mal aufs argentinische Tor, nach einer halben Stunde hatten die im Zweikampf bissigen Schweizer gefühlte zehn Fouls im Mittelfeld begangen, nach 50 Minuten hatten sie den Rückstand ausgeglichen und in der 68. Minute liefen sie zu sechst einen Konter gegen fünf Argentinier. Vielleicht beschreiben diese Momentaufnahmen, was die Schweizer Nationalmannschaft in einem unterhaltsamen Länderspiel gegen einen hochkarätigen Gegner bot.

Und das sollte man nicht geringschätzen – bei allem Testspielcharakter und einer argentinischen Mannschaft, die nach dem Seitenwechsel lange nicht mit letzter Entschossenheit zu Werke ging. Denn es gab in der Ära Hitzfeld etliche matte bis gruselerregende Partien jenseits des Wettbewerbskalenders. Die Rückkehr ins (nicht ganz ausverkaufte) Stade de Suisse nach sechs Jahren markiert jedenfalls einen der gehaltvolleren Auftritte der Schweiz.

Couragierter Schweizer Auftritt

Sie verpasste zwar ein besseres Ergebnis und gab einen weiteren Achtungserfolg gegen eine grande nation des Fussballs aus der Hand, nach dem 2:2 gegen England vergangenen Sommer und dem 0:0 im November in Holland. Aber ihr Auftritt war über weite Strecken dazu angetan, den von Nationaltrainer Ottmar Hitzfeld vor der Partie ausgerufenen «Aufbruch» zu untermauern. Da war eine sehr engagierte und couragierte Mannschaft am Werk, die, je länger die Partie dauerte, die Südamerikaner im Griff zu haben schien.

Mehr sogar. «Die Mannschaft hat sich nicht versteckt, sie wollte den Sieg», sagte Hitzfeld. Er war ein enttäuschter Trainer, «weil mehr drin war». Er war aber auch ein zufriedener Trainer, weil sein Team die Partie gegen den zweifachen Weltmeister offen gestaltete: «In der Defensive haben wir lange Zeit gut gespielt, waren wir sehr gut organisiert.»

Affolter muss Niederlage auf Kappe nehmen

Wenn man dann vom dreimaligen Weltfussballer Lionel Messi, dem besten Spieler, den der Planet derzeit kennt, besiegen lassen muss, mag das verschmerzbar sein. Allerdings war es höchst ärgerlich, wie sich die Schweizer die beiden Gegentore in der 88. Minute und in der Nachspielzeit einhandelten. François Affolter, der 20-jährige Innenverteidiger in seinem fünften Länderspieleinsatz, muss die Last dieser Niederlage auf seine Schultern laden.

Erst unterlief Affolter, der im Winter von den Young Boys zu Werder Bremen gewechselt ist, der fatale Fehlpass, der den Argentiniern in der 88. Minute den Weg zum 1:2 freimachte. Messi schüttelte Philippe Senderos ab und hob den Ball aus vollem Lauf mit dieser ihm so eigenen Leichtigkeit über Marco Wölfli hinweg. Von der Lattenunterkante tropfte die Kugel hinter die Linie. Ein Tor, das wie schon das erste nach 20 Minuten – nach einem Hackentrick von Sergio Agüero und einem knackigen Antritt Messis gegen Stephan Lichtsteiner – das schlichte Prädikat Weltklasse verdiente.

In der 92. Minute liessen sich die Schweizer auf der linken Abwehrseite von Agüero überlaufen, sein Querpass erreichte den kurz zuvor erst eingewechselten Gonzalo Higuain, den Affolter ungeschickt zu Fall brachte. Messi liess sich natürlich auch dieses Angebot nicht nehmen und verwandelte den Penalty zu seinem 22. Treffer im 68. Länderspiel für die Albiceleste. Drei Tore, die jenen in der Heimat den Mund stopfen, die ihm unterstellen, er würde seine Schaffenskraft nur im Trikot des FC Barcelona zur vollen Entfaltung bringen.

Argentinisches Lob für Shaqiri und Xhaka

«Es ist ein grosses Glück, dass wir ihn haben», sagte Alejandro Sabella über Messi. Ansonsten hatte Argentiniens Nationaltrainer, der mit seinem unprätentiösen Auftritt so etwas wie den grösstmöglichen Kontrast zu seinem Vorvorgänger Diego Maradona darstellt, einiges von den Schweizern zu berichten. Von einer Mannschaft, die es verstehe, den Ball in den eigenen Reihen zu halten, die über eine kompaktes Mittelfeld verfüge und über Xherdan Shaqiri und Granit Xhaka. «Ich bin sehr zufrieden, dass wir es mit grosser Solidarität geschafft haben, Shaqiri zu stoppen und Xhakas Kreise einzuengen», lobte Sabella.

Soweit ist es also schon, dass sich nun Gegner vom Schlage Argentiniens Sorgen wegen zwei Basler Jungspunden machen. Und die waren auch für den zwischenzeitlichen Ausgleich in Bern besorgt: Xhaka, nach der Pause für 20 Minuten anstelle von Fabian Frei auf dem linken Flügel unterwegs, legte quer in den Strafraum, wo Eren Derdiyok über den Ball schlug, Shaqiri aber goldrichtig stand, um sich des herrenlosen Geräts anzunehmen und mit perfektem Direktschuss in den Torwinkel zu treffen.

Selbst Hitzfeld geniesst ein bisschen Messi

Ottmar Hitzfeld war denn auch voll des Lobes über Shaqiri, nicht wegen des Treffers, sondern auch wegen dessen Flexibiltät: «Und es hat mir gefallen, wie er mit einigen Tempodribblings die Zuschauer begeistern konnte.» Besser war in Bern nur einer: Lionel Messi. «Sein Antritt, seine Dynamik – das ist ein Genuss», sagte Hitzfeld, und fasst wollte man ihm abnehmen, dass das Fussballerherz im kühlen Trainergewand vielleicht tatsächlich ein bisschen Freude empfinden konnte: «Er hat gezeigt, dass er der Weltbeste ist.»

Testländerspiel in Bern
Schweiz–Argentinien 1:3 (0:1)
Stade de Suisse. – 30‘250 Zuschauer. SR Meyer (Deutschland). Tore: 20. Messi (Agüero) 0:1, 50. Shaqiri (Xhaka) 1:1, 88. Messi 1:2, 92. Messi (Foulpenalty, Affolter an Higuain) 1:3.

Schweiz (4-2-3-1): Benaglio (42 Länderspiele/0 Tore); Lichtsteiner (46/1); Senderos (45/5), Affolter (5/0), Rodriguez (5/0); Inler (55/4), Dzemaili (18/0); Shaqiri (18/5), Xhaka (7/1), Frei (4/0); Mehmedi (8/0).
Argentinien (4-4-2): Romero (Sampdoria Genua/26/0); Campagnaro (Napoli/1/0), F. Fernandez (Napoli/6/1), Garay (Benfica/4/0), Zabaleta (ManCity/22/0); Maxi Rodriguez (Liverpool/42/12), Braña (Estudiantes/4/0), Mascherano (FC Barcelona/79/3), Sosa (Metalist Charkow/14/1); Messi (FC Barcelona/68/22), Agüero (ManCity/35/14).

Wechsel Schweiz: 46. Wölfli (Young Boys/11/0) für Benaglio), 46. Derdiyok (Leverkusen/38/4), 58. Ziegler (Fenerbahce/28/1) für Lichtsteiner, 66. Stocker (10/3) für Dzemaili), 82. Emeghara (6/0) für Mehmedi, 87. Vitkieviez (Young Boys/1/0) für Derdiyok.
Wechsel Argentinien: 46. Gago (Roma/36/0) für Braña, 71. Salvio (Atletico Madrid/4/0) für Maxi Rodriguez, 82. Higuain (Real Madrid/24/12) für Sosa. Verwarnungen: 73. Inler (Foul).

Bemerkungen: Bei der Schweiz Goalie Benaglio wegen leichten Muskelbeschwerden vorsichtshalber ausgewechselt; nach dem Seitenwechsel Xhaka auf dem linken Flügel und dafür Mehmedi hinter Sturmspitze Derdiyok; ab der 66. Xhaka im defensiven Mittelfeld und Stocker links. 87. Derdiyok mit einer Blessur am linken Schienbein ausgewechselt, dafür gibt Vitkieviez sein Debüt im Nationalteam.

Nächste Länderspiele: 26. Mai in Basel: Schweiz–Deutschland; 30. Mai in Luzern: Schweiz–Rumänien.

 

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