Michael Langs Kurzarbeit und eine ketzerische Idee

Gegen Rumänien ist auch der zweite Basler Spieler im Schweizer Aufgebot auf die EM-Bühne getreten. Michael Lang erfüllte seinen Kurzarbeitauftrag, und weil Stephan Lichtsteiner im Nationaldress wieder einmal nicht die Wirkung entfaltete wie im Club, gibt es vor dem letzten Gruppenspiel gegen Frankreich (Sonntag, 21.00 Uhr) auch Stimmen, die sich Lang in der Startelf vorstellen können.

epa05367639 Florin Andone (2-L) of Romania in action against Michael Lang (C) of Switzerland during the UEFA EURO 2016 group A preliminary round match between Romania and Switzerland at Parc de Princes in Paris, France, 15 June 2016.....(RESTRICTIONS APPLY: For editorial news reporting purposes only. Not used for commercial or marketing purposes without prior written approval of UEFA. Images must appear as still images and must not emulate match action video footage. Photographs published in online publications (whether via the Internet or otherwise) shall have an interval of at least 20 seconds between the posting.) EPA/FILIP SINGER EDITORIAL USE ONLY

(Bild: Keystone/FILIP SINGER)

Gegen Rumänien ist auch der zweite Basler Spieler im Schweizer Aufgebot auf die EM-Bühne getreten. Michael Lang erfüllte seinen Kurzarbeitauftrag, und weil Stephan Lichtsteiner im Nationaldress wieder einmal nicht die Wirkung entfaltete wie im Club, gibt es vor dem letzten Gruppenspiel gegen Frankreich (Sonntag, 21.00 Uhr) auch Stimmen, die sich Lang in der Startelf vorstellen können.

» Die Wege für die Schweiz in die Achtelfinals

Jetzt hat Michael Lang auch zehn Minuten bei einer EM-Endrunde auf dem Konto. Und damit ist auch der zweite aktuelle Spieler des FC Basel neben Breel Embolo in Frankreich auf die Bühne getreten.

Das sind besondere Momente für einen Fussballprofi, auch für Michael Lang. Ein paar WM-Minuten erlebte er schon 2014 in Brasilien. Damals kam er, noch in Diensten der Grasshoppers, gegen Honduras, als das letzte Gruppenspiel bereits durch drei Shaqiri-Tore entschieden war, in der 76. Minute für Granit Xhaka.

Diesmal war alles anders. Das Spiel stand Spitz auf Knopf. Vladimir Petkovic spürte, dass seine Mannschaft mehr zuzusetzen hatte und entschied sich für eine dosierte Offensivvariante: Captain Stephan Lichtsteiner wurde eine Position weiter nach vorne geschoben, Shaqiri rückte dafür mehr ins Zentrum – und nach hinten sollte Lang den Laden dichtmachen.

Die Anspannung in einer heiklen Phase

«Ich konnte in dem Moment nicht gross darüber nachdenken, was jetzt passiert, dass es mein EM-Debüt ist. Es ist ein hektisches Spiel gewesen, es ist hin und her gegangen, und ich habe versucht, auf dem Platz sofort bereit zu sein», schildert Lang die 83. Minute und leugnet nicht eine gewisse Anspannung.

Zum einen wollten die Schweizer auch ihr zweites Gruppenspiel gewinnen, «zum anderen wäre es tödlich gewesen», so Lang, «wenn wir noch ein Tor kassiert hätten».



Football Soccer - Romania v Switzerland - EURO 2016 - Group A - Parc des Princes, Paris, France - 15/6/16 Switzerland's Michael Lang in action with Romania's Alexandru Chipciu REUTERS/John Sibley Livepic

Aufgabe erfüllt: Michael Lang (links) klärt im Parc des Princes als Einwechselspieler gegenden Rumänen Alexandru Chipciu. (Bild: Reuters/John Sibley)

Vor knapp drei Jahren hat Lang beim gefeierten 1:0 gegen Brasilien in Basel sein Debüt für die Schweiz gegeben. Seither ist er eher ein Teilzeitarbeiter im Nationalteam, er kommt auf 18 Einsätze und immerhin zwei Tore. Wohingegen sich der 25-Jährige beim FC Basel nicht zuletzt dank seiner offensiven Wirkungskraft schon in der ersten Saison zu einem unverzichtbaren Teil der Meistermannschaft gemacht hat.

Es sind dann in Paris für Lang nach Uefa-Messung exakt 10:53 Minuten geworden. Er hat im Parc des Princes ohne Anlaufzeit ins Spiel gefunden, über die rechte Schweizer Seite wurden die Rumänen nicht mehr gefährlich, und Lang fand an Lichtsteiner vorbei sogar den Mut, bis an die gegnerische Grundlinie vorzustossen. So war er auch an der Entstehung der Kopfballchance seines Clubkollegen Embolo beteiligt.

«Wenn man in der 83. Minute als Verteidiger kommt, kann man eigentlich nur noch verlieren.»

«Ich versuche ja immer, auch offensiv Akzente zu setzen und etwas zu reissen. Aber zehn Minuten sind eine kurze Zeit. Wichtig war, sofort parat zu sein und die Duelle zu gewinnen», sagt Lang.

Sechs Pässe Langs und eine Erfolgsquote von 50 Prozent hat die Uefa ermittelt. Die Analysefirma Opta hat sieben erfolgreiche Aktionen erfasst, ein verlorenes Duell und vier Pässe, die nicht den gewünschten Adressaten fanden; bei «Fourfourtwo» sieht die grafische Darstellung von Langs Kurzeinsatz so aus:




(Bild: Screenshot fourfourtwo.com)

«Meine Aufgabe war, dass hinten nichts mehr passiert», sagt Lang und gibt zu bedenken: «Wenn man in der 83. Minute als Verteidiger ins Spiel kommt, kann man nicht mehr viel gewinnen, sondern eigentlich nur noch verlieren.» Somit hat er seinen Auftrag erfüllt.

Lang für Lichtsteiner – bloss so als Gedankenspiel

Ganz zufrieden war Lang dennoch nicht: «Es war sicherlich ein wichtiger Schritt, wenn auch nicht vom Ergebnis her. Ich hätte lieber ein Scheissspiel und dafür drei Punkte. Rein vom spielerischen Auftritt her haben wir das aber besser gemacht als im Startspiel, wir haben defensiv weniger zugelassen und abgeklärter gespielt.»

Auf dem Rumänien-Spiel, findet Lang, könne man aufbauen, aber er weiss natürlich auch, dass das abschliessende Gruppenspiel gegen Frankreich seine Tücken birgt. Die EM-Gastgeber sind bereits durch, sie können Kräfte schonen, ihre Aufstellung variieren, den Gegner überraschen mit frischen, motivierten Spielern.



Football Soccer - Romania v Switzerland - EURO 2016 - Group A - Parc des Princes, Paris, France - 15/6/16 Switzerland players applaud the fans at the end of the game REUTERS/Darren Staples Livepic

Die Nationalmannschaft bedankt sich in Paris im Parc des Princes bei den Schweizer Fans für den Support. (Bild: Reuters/Darren Staples)

Die Franzosen könnten auch auf einen puren Verwaltungsakt aus sein, stehen andererseits aber unter dem Druck, dem Heimpublikum in Lille etwas bieten zu müssen. Und eine Niederlage dürfen sie sich auch nicht erlauben, wenn sie den ersten Platz behaupten wollen.

Bei den Schweizern wird Nationaltrainer Petkovic wohl am ehesten über seinen glücklosen Mittelstürmer Haris Seferovic nachdenken. Der bisher zweimal eingewechselte Breel Embolo erscheint als naheliegende Option und würde einen Schuss mehr Unberechenheit in die vorderste Linie bringen. Dem Muster des Targetstürmers eher entsprechen würde jedoch Eren Derdiyok, einer von sechs weiteren Spielern im Schweizer Kader mit Vergangenheit beim FC Basel.

Für Lang wird wohl wieder nur die Bank bleiben. Wobei die «NZZ» auf die «ketzerische Idee» gekommen ist, «ob es Petkovic nach den zurückhaltenden Leistungen von Lichtsteiner einmal mit Michael Lang versuchen sollte». Auch wenn Lichtsteiner unantastbar scheint und man, so die NZZ, «den Captain nicht ersetzt».

Ein Punkt gegen Frankreich reicht zum Weiterkommen

Wie auch immer: Wenn der Ärger bei den Schweizern und bei Michael Lang über den verpassten Sieg gegen Rumänien verflogen ist, können sie auch noch den letzten Schritt in dieser Vorrunde machen. Mit einem Unentschieden am Sonntagabend (21.00 Uhr) ist ihnen der zweite Platz nicht mehr zu nehmen und steht ihnen ein Achtelfinal gegen Deutschland, Polen oder Nordirland (am 25. Juni in St-Etienne) bevor.

» Die verschiedenen Wege für die Schweiz in die Achtelfinals

Verliert die Schweiz, wird sie bis zum Abschluss der Vorrunde warten müssen, bis zur Schlussabrechnung der Gruppendritten, von denen die vier Besten weiterkommen. Das könnten dann drei lange Tage im Teamquartier in Montpellier werden. Mit einem möglichen schlechten Ende.

Bange machen lässt sich Michael Lang jedoch nicht. «Wir sind im Fahrplan», sagt er, «die vier Punkte könnten reichen, aber wir haben ja noch ein Spiel.»

 

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