Ein sprudelnder Marco Streller, Alex Freis Blick für das grosse Ganze und ein geknickter Patrice Evra. Die Stimmen zum Basler Sensationssieg gegen Manchester United.
Es wäre der perfekte Moment gewesen. Der FC Basel schlägt Manchester United 2:1, er erreicht als erster Schweizer Club die K.o.-Phase der Champions League. Was hätte da besser gepasst, als die Verkündung, dass der FCB aus seinem Interimstrainer Heiko Vogel definitiv einen Cheftrainer macht? Aber Bernhard Heusler ist keiner, der sich gerne die Agenda von aussen diktieren lässt. Und so blieb der designierte FCB-Präsident in all dem Jubel und Trubel um ihn herum standhaft. Er trotzte all den Glückshormonen in seinem Körper, und verkündete komplett unspektakulär: «Abgemacht ist, dass wir Mitte Dezember entscheiden werden. Dann wird gemeinsam kommuniziert.»
Vielleicht wäre die Verkündung auch des Guten zuviel gewesen an diesem Abend für die rotblaue Ewigkeit. Oder sie wäre in der losgelösten Stimmung im St.-Jakob-Park irgendwie untergegangen. Denn zumindest gleich nach dem Abpfiff schienen die FCB-Protagonisten in einer Art Trance zu schweben.
Da stellte Marco Streller erst mal fest, ihm fehlten die Worte: «Und das will etwas heissen.» Nur, um sogleich weiterzusprudeln, wie es in dieser Geschwindigkeit nur wenige Fussballer können. «Wie die Fans abgegangen sind, wie wir abgegangen sind – das ist etwas vom schönsten, was ich je erlebt habe», stellte ein strahlender Streller fest. Und das Geheimnis seiner Treffsicherheit beim 1:0 in der 9. Minute gab er auch gleich preis: «Augen zu und drauf.»
Es war Strellers zweites Tor in der Champions League, nachdem er in der letzten Partie gegen Otelul Galati endlich getroffen hatte. Und er schwelgte: «Und so ein wichtiges Tor gegen eine Mannschaft geschossen zu haben, die ich früher bewundert habe – das macht mich sehr glücklich.» Danach musste der FCB-Captain die Zeit statt beim Feiern bei der Doping-Kontrolle verbringen.
Der glückliche verhinderte Torschütze
Ein anderer Mann mit Tordrang war ebenfalls besonders glücklich. Aber nicht weil er einen Treffer erzielt hatte – sondern, weil er eben gerade nicht ins Tor getroffen hatte. Markus Steinhöfers Knaller an die Querlatte des eigenen Tores hatte nach einer Stunde Spielzeit den Adrenalin-Ausstoss im Joggeli in ungeahnte Höhen getrieben. Aber nach überstandenem Schock konnte der Deutsche witzeln: «Wir spielen im Training immer mal wieder darum, wer die Latte am besten trifft. Da habe ich heute gezeigt, dass ich dabei recht gut bin.»
Und dann gelang Steinhöfer noch ein nettes Paradoxon: «Wir haben heute einfach eine Sensation geschafft.» Einfach sind Sensationen sonst ja eigentlich nicht zu bewerkstelligen. Aber schwierigier als an diesem 7. Dezember 2011 wahrscheinlich schon, befand Xherdan Shaqiri: «Manchester war ja schon in den letzten Partien nicht mehr so überzeugend. Und wir haben schon in der ersten Halbzeit gesehen, dass sie Mühe hatten, wirklich in die Offensive zu gehen.» Den zweiten Satz hätte zwar wohl die Mehrheit der Basler Zuschauer so nicht unterschrieben. Aber auf dem Feld wirkt ein Spiel ja häufig anders, denn von der Tribüne aus.
Der Eindruck allerdings, dass Shaqiri mit dieser Qualifikation für die Achtelfinals dem FCB noch mindestens ein halbes Jahr erhalten bleiben dürfte, täuschte nicht. Auch wenn er gegen Manchester seinen Marktwert noch einmal in schwindelerregende Höhen getrieben hat. Aber so ein Achtelfinal in der Champions League, das lässt sich ein Fussballer ungern entgehen. Und so stellte Shaqiri fest: «Ich fühle mich wohl in Basel. Und natürlich sind die Chancen gestiegen, dass ich jetzt bleibe.»
Alex Frei mit dem Blick fürs Ganze
Es war dann an Alex Frei, den Blick auf das grosse Ganze zu richten. «Wir haben Unglaubliches geschafft», stellte der Topskorer korrekterweise fest, «aber nicht nur für den FCB. Sondern für die gesamte Fussballschweiz.» Und wenn er ein wenig Genugtuung verspürte, weil ihn diese Fussballschweiz irgendwie nicht mehr im Nationalteam haben wollte, so kaschierte er sie in diesem Moment gut. Lieber stellte er fest: «Ich freue mich für den ganzen Verein, weil jeder im Club, vom Juniorentrainer bis zum Vorstand diesen Erfolg verdient hat.»
Eher wortkarg gaben sich dagegen die Stars aus Manchester. Immerhin Rio Ferdinand blieb stehen, um ein paar Sätze in die Mikrofone zu murmeln. Sein Fazit einer verpatzten Champions-League-Kampagne: «Wir sind in unseren Heimspielen ausgeschieden. Gegen Basel hätten wir zur Pause 4:0 oder 5:0 führen können. Aber wenn du zuhause nicht gewinnst, dann scheidest du eben aus.»
All jenen englischen Kommentatoren, die die United in die Krise schreiben, diktierte Ferdinand in den Notizblock: «Vor ein paar Wochen habt ihr alle gesagt, dass wir sicher Meister werden und dies und das. Das ändert sich doch nicht durch ein einziges Spiel in Europa.» Dann schlurfte er in den Bus, gefolgt von einem geknickten Patrice Evra. Der Franzose meinte mit niedergeschlagenem Blick: «Heute ist ein wirklich trauriger Tag.»
Ein geknickter Patrice Evra
Ob das alles nicht ein absoluter Albtraum für Manchester United sei, für den englischen Meister, der doch angetreten war, die Champions League zu gewinnen, wurde er noch gefragt. Aber da mochte Evra nicht beipflichten: «Das ist kein Albtraum. Das hier ist die Realität. Wir hätten nicht erst heute Abend aufwachen sollen, sondern zu Beginn dieses Wettbewerbs. Wir haben es verdient rauszufliegen. Heute müssen wir Basel gratulieren.»
Diese Glückwünsche, die haben sich die Basler redlich verdient. Und Xherdan Shaqiri wäre nicht Xherdan Shaqiri, hätte er nicht bereits die Optionen gesichtet, die die Zukunft bringen könnte. «Am liebsten», verkündete er, «würde ich im Achtelfinal gegen Apoel Nikosia spielen. Aber Real Madrid wäre auch nicht schlecht.»