Frisch reingekommen vor dem Europcup-Halbfinal des FC Basel nächste Woche und passend zur kleinen TagesWoche-Serie «Unser täglich Chelsea»: Am Freitag wurde Juan Mata für die Wahl zum Spieler des Jahres auf der Insel nominiert. Durchaus zurecht, wie unser London-Korrespondent erklärt.
Das Trainingsgelände des FC Chelsea in Cobham, Surrey ist weiträumig abgesperrt, nicht einmal die Eltern der Nachwuchsspieler dürfen auf das Gelände vor den Toren Londons, von Fans oder gar Journalisten ganz zu schweigen. Interimstrainer Rafael Benítez hat kürzlich der Öffentlichkeit aber doch einen kleinen Einblick gewährt, er konnte einfach nicht anders.
Der 53-Jährige plädierte für die Wahl von Juan Mata zum Spieler des Jahres auf der Insel und untermauerte die Forderung mit dem Hinweis auf ein besonderes Kunststück, das der 24-Jährige im Training gezeigt hatte. «Sehen sie sich auf Youtube an, was er neulich mit Raul Albiol gemacht hat», sagte Benítez, «das ist einem Spieler von uns auch neulich passiert.» Welchen seinen Kollegen bei den «Blues» Mata genau düpiert, wollte der Trainer nicht verraten. Matas Trick im Dress der Spanier aber haben schon knapp sechs Millionen Menschen gesehen. Es lohnt sich.
Benítez verglich seinen Spielmacher bei der Gelegenheit mit Chelsea-Ikone Gianfranco Zola («Er war auch auch nicht der Grösste, aber er war unheimlich clever und hatte die Fähigkeit, Räume zu finden»), er sei so wichtig für das Team geworden, dass ein System mit zwei Stürmern undenkbar sei.
Esprit im Arbeitermittelfeld
Eine kleine Serie über den Gegner des FC Basel, wenn der nächste Woche (Donnerstag, 21.05 Uhr, St.-Jakob-Park) das erste Halbfinal seiner Europacup-Geschichte gegen den Chelsea FC spielt.
Folge 1 beschäftigte sich mit dem 3:0 der Blues am Mittwoch im Londoner Derby beim FC Fulham. Im Rennen um einen Champions-League-Platz ist bei Chelsea vom FC Basel noch keine Rede.
Am Samstag: Das Chelsea bevor es von Roman Abramowitsch gekauft wurde.
Mit etwas Verspätung hat der vielbelesene Mata (Lieblingsautoren: Jorge Luis Borges, Paul Auster, Haruki Murakami) die Statik der Mannschaft nachhaltig verändert, der «Zehner» aus Asturien hätte ja eigentlich schon in der vergangenen Saison der Königstransfer von André-Villas Boas sein sollen. Der Portugiese kaufte Mata für 29 Millionen Euro vom FC Valencia, um den stupenden Hochfrequenz-Rhythmus der «Blauen» auf ein verträglicheres Tempo zu drosseln und ein wenig Esprit ins Arbeitermittelfeld zu bringen.
Die Genialität des U21-Europameisters und WM-Teilnehmers kam unter dem ungeliebten, allzu sehr um Autorität bemühten «AVB» jedoch nur in Episoden zum Tragen – die alte Garde um John Terry, Frank Lampard und Didier Drogba sperrte sich gegen die Veränderungen. Villas-Boas wurde entlassen, Roberto Di Matteo übernahm und führte den direkten, gerne auch ultra-defensiven Mourinho-Fussball wieder ein.
Anzeichen einer Kulturrevolution
Mata wurde, wenn überhaupt, auf dem linken Flügel eingesetzt. Die Endphase der Saison und den Champions-League-Sieg in München erlebte er nahezu unbeteiligt, als Statist in der Peripherie: die Bälle flogen meist über seinen Kopf hinweg oder einfach nur vorbei. Vielleicht wird Ballbesitz und Technik nicht so sehr geschätzt», klagte Mata dem Magazin «Panenka» sein Leid, «die Kultur, ein Spiel im Mittelfeld zu kontrollieren existiert nicht, Ballbesitz-Spieler sind hier nicht so wichtig.»
In dieser Saison gibt es jedoch zumindest Anzeichen einer Kulturrevolution, mit Mata als Chef-Revoluzzer in spielbestimmender Position; selbst Lampard muss ihm die Bälle apportieren. «Er hat 18 Tore geschossen, er spielt fast alle drei Tage, aber er ist unglaublich gut», sagt Benítez. Die Spielergewerkschaft sieht das genauso. Sie berief ihn am Freitag in die Vorauswahl zum Spieler des Jahres, zusammen mit Robin van Persie, Michael Carrick (beide Manchester United), Luis Suárez (Liverpool), Gareth Bale (Tottenham) und Teamkollege Eden Hazard.
Juan Mata: Schöngeist und Blogger
Schade, dass auf der Insel keinen Literaturpreis gibt, den würde Mata nämlich auf jeden Fall gewinnen. Seit seiner Ankunft in Grossbritannien schreibt er auf seinem Blog «One Hour Behind» («eine Stunde hinten») mit viel Witz über sein Leben in der Premier League, aber auch über die Stadt London. An freien Tagen besucht er Museen wie die Tate Modern – für Profifussballer in England ist das doch eher ungewöhnlich. Er ist eben auch abseits des Platzes ein Mann mit Gespür für Ästhetik.
Noch so ein paar Youtube-taugliche Tricks, und Mata wird vielleicht wirklich ein heisser Kandidat für eine individuelle Auszeichnung in diesem Jahr. Also aufpassen, Basler.