Mit dem Segen des Scheichs

Heute wird der neue Präsident des Internationalen Olympischen Komitees gewählt, ein kuwaitischer Scheich zieht im Hintergrund die Fäden. Ahmad al-Fahad al-Ahmed al-Sabah ist einer der einflussreichsten Sportpolitiker geworden.

23840164 (130815) -- NANJING, Aug. 15, 2013 (Xinhua) -- Liu Peng (R), head of China's State General Administration of Sports, gives a present to Sheikh Ahmad Al-Fahad Al-Sabah, president of OCA (Olympic Council of Asia) in Nanjing, capital of east China's (Bild: Nils Fisch)

Wenn am 10. September der neue Präsident des Internationalen Olympischen Komitees gewählt wird, zieht ein kuwaitischer Scheich im Hintergrund die Fäden. Ahmad al-Fahad al-Ahmed al-Sabah ist einer der einflussreichsten Sportpolitiker geworden.

Er steht nicht zur Wahl. Und doch dürfte er die Hauptfigur sein, wenn am 10. September in Buenos Aires der nächste Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) gewählt wird. Der kuwaitische Scheich Ahmad al-Fahad al-Ahmed al-Sabah ist der Mann, der momentan in der Welt der internationalen Sportverbände die Strippen zieht.

Sein Kandidat war es, der im Mai Präsident von SportAccord wurde, der weltweiten Vereinigung aller Sportverbände. Sein Favorit ­Buenos Aires erhielt im Juni überraschend die Olympischen Jugendspiele 2018. Bei beiden Anlässen trat al-Sabah, obwohl offiziell gar nicht involviert, im Anschluss an die Stimmenzählung wie ein Sieger auf. In Moskau, bei der Wahl des Sport­Accord-Präsidenten, sind die Sportdelegierten der Welt zwanzig Minuten lang am Scheich vorbeidefiliert, um sich umarmen zu lassen.

Geht es nach dem Willen von al-Sabah, dann ist die Wahl zum neuen IOC-Präsidenten bereits entschieden. Der 50-Jährige macht keinen Hehl daraus, dass er den Deutschen Thomas Bach favorisiert. In der WDR-Sendung «Monitor» sagte er unlängst sogar, es gebe «eine Verabredung seit zwölf Jahren».

Al-Sabah ist gut vernetzt, jovial, raucht Kette, tritt gerne mit langen Haaren und Lederjacke auf. Und er sitzt an den richtigen Hebeln, wenn es darum geht, die 103 IOC-Mitglieder zu umgarnen, die über die Wahl des Präsidenten entscheiden. Der Kuwaiter ist seit 1992 Mitglied des IOC, Vorsitzender der IOC-Kommission «Olympische Solidarität», die über vier Jahre verteilt über 500 Millionen Franken an Entwicklungshilfe verteilt, Präsident der Vereinigung aller 204 Nationalen Olympischen Komitees und zugleich Präsident der Vereinigung der asiatischen Olympischen Komitees.

Ein Schweizer Kandidat

Es spricht also vieles dafür, dass der ehemalige Fecht-Olympiasieger Bach, 59, der neue Präsident des IOC wird. Präsident einer Organisation, deren Mitglieder sich selbst wählen und die in der Schweiz weiterhin als nicht gewinnorientierter Verein gilt. Auch wenn das IOC von 2008 bis 2012 rund fünf Milliarden Franken an Einnahmen aus Fernsehverträgen und Sponsoring generiert hat.

Ganz kampflos allerdings geht die Wahl zum IOC-Präsidenten nicht über die Bühne. Dazu verspricht das Amt zu viel Macht. Fünf Kontrahenten stellen sich Bach entgegen, darunter auch ein Schweizer: Denis Oswald, 66-jähriger Präsident des Welt-Ruderverbandes Fisa, der 1968 als Ruderer Olympia-Bronze gewann.

Oswald werden allerdings bloss ­Aussenseiterchancen eingeräumt. Bach schon eher bedrängen könnten der Puerto Ricaner Richard Carrión und Ser Miang Ng aus Singapur. Letzterer hofft auf Rückenwind aus Asien, das als Kontinent in der Sportpolitik immer mehr an Gewicht erhält. Und Carrión lässt keine Gelegenheit aus, darauf hinzuweisen, dass sich unter seiner Ägide als Vorsitzender der Finanzkommission die Finanzreserven seit 2002 auf rund 900 Millionen Franken fast verzehnfacht haben.

Die anderen Kandidaten werden zur Kategorie «Ferner liefen» gezählt. Der ehemalige Stabhochsprung-Star Sergej Bubka aus der Ukraine ist erst seit 2008 Mitglied des IOC und gilt mit 49 Jahren als zu jung. Und Ching-Kuo Wu hat als Taiwanese das Problem, aus einem Land zu kommen, das von China nicht anerkannt wird.
Was allen sechs Kandidaten gemein ist: Wirkliche Reformen des IOC sind von keinem zu erwarten.

Die Kandidaten

Thomas Bach, 59
Land: Deutschland.
Beruf: Anwalt.
Olympische Erfolge: Fecht-Olympiasieger 1976.
Im IOC seit: 1991 (seit 2006 Vizepräsident).
Wahlchancen: Favorit.

Denis Oswald, 67
Land: Schweiz.
Beruf: Anwalt.
Olympische Erfolge: Ruderbronze 1968.
Im IOC seit: 1991.
Wahlchancen: Aussenseiter.

Sergej Bubka, 49
Land: Ukraine.
Beruf: Geschäftsmann.
Olympische Er­folge: Stabhochsprung-Gold 1988.
Im IOC seit: 2008 (2000 bis 2008 als Athletenvertreter im Exekutivkomitee, seit 2012 reguläres Mitglied des Exekutiv­komitees).
Wahlchancen: Aussenseiter.

Richard Carrión, 60
Land: Puerto Rico.
Beruf: Banquier.
Olympische Erfolge: keine.
Im IOC seit: 1990 (seit 2002 Vorsitzender der Finanzkommission).
Wahlchancen: top drei.

Ser Miang Ng, 64
Land: Singapur.
Beruf: Geschäftsmann.
Olympische ­Erfolge: keine.
Im IOC seit: 1998 (seit 2009 Vizepräsident).
Wahlchancen: top drei.

Ching-Kuo Wu, 66
Land: Taiwan.
Beruf: Architekt.
Olympische Er­folge: ­keine.
Im IOC seit: 1988 (seit 2012 im Exekutivkomitee).
Wahlchancen: krasser Aussenseiter.

Artikelgeschichte

Erschienen in der Wochenausgabe der TagesWoche vom 06.09.13

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