Weil die Meisterschaft bereits unter Dach und Fach ist, muss den FC Basel die lange Absenzenliste nicht sorgen. Für den FCB beginnt am Samstag (20.00 Uhr) im Letzigrund quasi schon die nächste Saison, für den FCZ hingegen geht es in diesem Klassiker ums sportliche Überleben.
Worum es für den FC Basel in den verbleibenden fünf Spielen dieser Saison noch geht? Gute Frage.
Die Spielzeit anständig zu Ende bringen, das dürfte sich der Serienmeister nach dem siebten Titel in Folge selbst schuldig sein. Und seinen Fans. Ein paar EM-Kandidaten werden den Rhythmus bis zum Turnierstart am 10. Juni sorgsam pflegen, andere schauen, dass sie rechtzeitig wieder fit werden.
Dann gibt es noch ein paar Marken, die der seit Ende November (1:2 in St. Gallen) in 15 Meisterschaftsspielen (12 Siege) ungeschlagene FCB erreichen könnte:
- Der Punkterekord in der Super League stammt aus der Meistersaison 2003/04 und beträgt 85 Punkte. 15 Zähler sind noch zu vergeben; heisst: mit drei Siegen egalisiert die aktuelle Mannschaft (76 Punkte) diesen Rekord.
- Der Torrekord liegt bei 90 aus der Meistersaison 2009/10. Heuer hat der FCB nach 31 Runden 81 Treffer auf dem Konto.
- Und er könnte mit einem Sieg in Zürich den grossen, alten Rivalen FCZ noch ein Stück näher an den Abgrund schieben.
Fischer: «Zürch gegen Basel – wenn das fehlt, wäre es schade»
Zum Schicksal des FC Zürich will Urs Fischer, der frischgebackene Basler Meistertrainer, eigentlich nichts sagen. «Alles, was ich auch sage, wäre verkehrt.» Schon aus Respekt den beiden anderen Abstiegskandidaten Lugano und Vaduz gegenüber. Andererseits: «Es wäre ja Wahnsinn, wenn ich nicht sagen dürfte, dass Zürich gegen Basel fehlen würde. Es wäre schade.»
Um doch nicht allzu grosses Mitgefühl aufkommen zu lassen, meint Fischer, der 30 Jahre lang dem FCZ angehörte, der von den Fans vergöttert wurde, zumindest bis vor einem Jahr und seinem Amtsantritt beim Erzrivalen, meint also der Urzürcher: «Jeder muss auf sich schauen und ist verantwortlich für sich selbst.» Und auf Basler Schützenhilfe darf «sein» Club nicht hoffen: «Wir verteilen keine Geschenke. Das sind wir auch unseren Anhängern schuldig. Es ist immer noch der Klassiker.»
Die lange Absenzenliste
Auch wenn es für die Basler um nichts mehr geht, sie ihre Schäflein ins Trockene gebracht haben, wird es dennoch einigermassen spannend sein, den Auftritt zu beobachten. Steffen, Janko, und Xhaka – Safari, Hoegh und Lang – Akanji, Degen, Sporar und Samuel. Was sich liest wie eine mögliche Startelf, ist die Abwesenheitsliste. Neun verletzte Spieler und ein Gelb-Gesperrter (Steffen).
Dass nach der leidenschaftlich geführten Muskelfaser-Debatte im Herbst nun nach einer Phase der Beruhigung wieder die Muskelverletzungen zugenommen haben, wird beim FCB wohl dazu führen, erneut über die Bücher respektive Krankenakten und Trainingspläne zu gehen.
Das Aufgebot der Namenlosen
Zuvor muss Fischer eine schlagkräftige Truppe für Zürich zimmern, die sich auf den ersten Blick noch nicht besorgniserregend liest (siehe Aufstellungsschema unten). Im Aufgebot stehen jedoch fünf Spieler aus der Nachwuchsabteilung, deren Namen zum Teil nicht einmal eingefleischten FCB-Fans geläufig sein dürften.
Berkay Sülüngöz zum Beispiel, der im März 20 Jahre alt geworden ist und genauso zum Innenverteidiger ausgebildet wird wie der zwei Jahre jüngere Eray Ervin Cümart. Der hat schon etliche Trainingseinheiten mit der ersten Mannschaft hinter sich, auch schon einige Spiele auf der Bank wie den Europa-League-Match in Posen im Dezember.
Cümart könnte der Kandidat sein, den Fischer im Letzigrund ins kalte Wasser wirft, weil Walter Samuels Achillessehne schmerzt und an einen Einsatz des argentinischen Altmeisters nicht zu denken ist. Ausserdem im Kader für Samstagabend: der bereits in der ersten Mannschaft erfolgreich eingesetzte Cédric Itten, Charles Pickel (wird am 15. Mai 19 Jahre alt) sowie Nicolas Hunziker (20), der ebenfalls schon Einsatzminuten im Fanionteam hinter sich hat.
Wer von den Jungen nächste Saison zum Kader gehören wird, darüber will sich Fischer noch nicht auslassen. Klar ist, dass im Trainingslager Ende Juni etliche die Gruppe auffüllen werden, da der FCB während des EM-Sommers auf rund zehn Nationalspieler verzichten muss.
Rekorde? Interessieren den Trainer nicht
Zurück zum Letzigrund: Dort muss der Meister den Motor noch einmal hochfahren. Fischer betrachtet auch das als «Herausforderung» für Spieler wie für die Trainer bei der Vorbereitung der Partie. Sein Team wird auf einen Gegner treffen, der sich mit Zähnen und Klauen dagegen wehren dürfte, noch weiter in den Abstiegsstrudel zu geraten.
«Wir wollen in Zürich gewinnen», sagt Fischer, der in seiner persönlichen Klassiker-Bilanz als FCB-Trainer noch Nachholbedarf spürt: einem Sieg zu Saisonbeginn (3:1) folgten zwei 2:2-Unentschieden.
So wird er seine Mannschaft bei der abschliessenden Besprechung mit den üblichen Worten rausschicken: «Have pleasure and fun.» Denn seine Maxime lautet: «Ohne Freude und Spass geht es nicht.» Und die Rekorde, die interessieren den Trainer erst, wenn die Saison vorrüber ist: Dann will er schauen, ob irgendetwas verbessert worden ist.