Mit Sio in die Tiefe – der FCB tritt bei YB auf die Euphoriebremse

Über 70 Minuten braucht das Spitzenspiel zwischen dem FC Basel und dem BSC Young Boys, um so richtig in die Gänge zu kommen. Dann trifft YB erst zum 0:1 und wird in der Folge von den gereizten Baslern innerhalb von 90 Sekunden Minuten zerzaust. Mit dem 2:1-Sieg liegt der FCB noch drei Punkte hinter der Tabellenspitze.

FC Basel's players cheer after scoring during the Super League soccer match between FC Basel and BSC Young Boys at the St. Jakob-Park stadium in Basel, Switzerland, on Sunday, September 1, 2013. (KEYSTONE/Georgios Kefalas) (Bild: GEORGIOS KEFALAS)

Über 70 Minuten braucht das Spitzenspiel zwischen dem FC Basel und dem BSC Young Boys, um so richtig in die Gänge zu kommen. Dann trifft YB erst zum 0:1 und wird in der Folge von den gereizten Baslern innerhalb von 90 Sekunden Minuten zerzaust. Mit dem 2:1-Sieg liegt der FCB noch drei Punkte hinter der Tabellenspitze.

Mitte der Neunziger lief in den Werbepausen der Fussball-Berichterstattung im deutschen TV oft ein Werbespot für ein hochprozentiges Getränk. «Der Tag geht, Johnnie Walker kommt», hiess es dann. Auf das Spiel des FC Basel gegen die Berner Young Boys bezogen könnte der Spruch lauten: «Matias Delgado geht, das Spektakel beginnt.»

Nicht, dass es am Argentinier alleine liegt, dass das Spitzenspiel zwischen Baslern und Bernern während einer Stunde eine zähe Sache ist. Aber ganz unschuldig ist er eben auch nicht. Mit ihm auf der Position des Zehners ist der FCB zwar mehr am Ball als YB. Aber es fehlt dem Basler Spiel jener Moment, der die Berner Verteidiger überrascht, der dafür sorgt, dass die stabile YB-Defensive ins Wanken gerät.

«Delgado ist mir etwas zu wenig in die Tiefe gegangen», sagt FCB-Trainer Murat Yakin nach dem Spiel, «da hat mir der Rhythmuswechsel gefehlt.»

Mit Sio in die Tiefe

Das ändert sich fast schlagartig, als Delgado nach 60 Minuten das Feld verlässt und Giovanni Sio vom rechten Flügel ins zentrale Mittelfeld rückt. Der französisch-ivorische Doppelbürger ist einer, der mit seiner Explosivität in den gegnerischen Sechzehner eindringen kann. Und weil er das auch tut, gelingt es dem FCB innerhalb von 90 Sekunden, aus einem 0:1 ein 1:2 zu machen.

Das Gegentor zuvor brocken sich die Basler wie bereits vor einer Woche in Luzern durch einen Eckball ein. Wieder kommt ein Spieler völlig frei am Fünfmeterraum an den Ball: Der eingewechselte Samuel Afum vollendet in der 71. Minute per Kopf eine Ecke von Moreno Costanzo.

Am Dienstag, vor dem Spiel gegen Razgrad, hatte Goalie Yann Sommer von seinen Mitspielern bei gegnerischen Standards noch mehr «Konzentration, Kommunikation und Aggressivität» gefordert. Offenbar vergeblich.

Ebenso vergeblich, wie die Basler kurzerhand ihr System geändert haben. Beim 1:1 in Luzern wurde bei Freistössen und Eckbällen des Gegners noch mit Manndeckung gespielt. Gegen YB nun war es gemäss FCB-Captain Marco Streller eine Zonendeckung. Das Resultat ist in beiden Fällen dasselbe: Der Gegner kommt jeweils überraschend frei zum Abschluss.

Zum ersten Mal gerät der FCB 0:1 in Rückstand

Es ist im zwölften Pflichtspiel das erste Mal, dass die Basler auf ein 0:1 reagieren müssen. Und sie tun das auf eine Art und Weise, die ebenfalls erstmals in dieser Saison gegen einen einigermassen konkurrenzfähigen Gegner erahnen lässt, zu was diese Mannschaft fähig ist, wenn sie mal ein bisschen Feuer fängt.

«Nach dem 1:0 habe ich Steve Von Bergen und Moreno Costanzo noch gesagt: ‘Jetzt unbedingt die Konzentration hoch halten‘», grämt sich YB-Trainer Uli Forte nach dem Schlusspfiff, «aber wir haben irgendwie den Faden verloren.»

Das hängt auch damit zusammen, dass Sio aus seiner Position hinter der Spitze mit Macht in den Strafraum drängt. So wie beim 1:1 in der 73. Minute, das er nach einem Doppelpass mit Marco Streller selbst erzielt. Es sind diese Überraschungsmomente, die dem Basler Spiel zuvor gefehlt haben.

So macht Marco Streller Fussball Spass

1 Minute und 44 Sekunden hat Basel gebraucht, um auf den Rückstand zu reagieren. Und es kommt für den FCB noch besser. 90 Sekunden nach dem 1:1 hat die Mannschaft das Spiel bereits gedreht. Streller, erstmals seit einer Muskelverletzung in der Wade wieder mit dabei, trifft keine zwei Minuten nach dem Ausgleich zum 2:1 und wirkt danach im Interview entsprechend euphorisiert: «Nach dem 1:1 ist das Stadion fast explodiert. Das Publikum hat uns getragen, so macht Fussball Spass.»

Gleich darauf reagiert Yakin. Auf keinen Fall will der Basler Coach wie in Luzern den späten Ausgleich riskieren. Also holt er Sio vom Feld und bringt mit Arlind Ajeti einen dritten Innenverteidiger. Das mag wenig mutig erscheinen, aber Yakins Kalkül geht auf. Die Berner können keinen Druck mehr aufbauen, sie ergeben sich schliesslich in die Niederlage.

Für Yakin ist es eine gute Woche

Zusammen mit der Qualifikation für die Champions League am Dienstag ergibt das 2:1 gegen YB für Yakin schlicht «eine gute Woche für uns». Mit diesen guten Gefühlen gehen die Rotblauen in die Nationalmannschaftspause, ehe am 14. September das Cupspiel in Münsingen ansteht.

Drei Punkte beträgt der Basler Rückstand auf die Tabellenspitze noch. Bei den mit fünf Siegen in fünf Spielen so entfesselt gestarteten Young Boys dagegen sind die Grasshoppers und der FCB in den letzten zwei Runden mächtig auf die Euphoriebremse getreten. Kein Wunder sagt Trainer Uli Forte: «Die Pause kommt für uns genau zum richtigen Zeitpunkt.»

Super League, 7. Runde
FC Basel–BSC Young Boys 2:1 (0:0)
St.-Jakob-Park. – 32’190 Zuschauer. – SR Klossner.

Tore:
71. Afum 0:1 (per Kopf nach einem Eckball Constanzos).
73. Sio 1:1 (nach einem Doppelpass mit Streller).
74. Streller 2:1 (Frei steil auf Streller, der verwandelt souverän).

Verwarnungen:
19. Frei (Foul), 22. Nuzzolo (Abstand bei Freistoss nicht eingehalten), 26. Sutter (Foul), 45. Costanzo (Foul), 48. Xhaka (Unsportlichkeit), 48. von Bergen (Unsportlichkeit), 49. Schär, 54. Voser, 68. Spycher (alle Foul).

FCB: Sommer; P. Degen, Schär, Ivanov, Voser; Frei, Xhaka; Sio (81. Ajeti), Delgado (59. Salah), Stocker (88. Elneny); Streller.
YB: Wölfli; Zverotic, Veskovac, Von Bergen, Sutter; Costanzo, Spycher; Zarate (55. Afum), Frey (46. Kubo), Nuzzolo (81. Tabakovic); Gerndt.

Bemerkungen: FCB ohne Safari, Serey Die, Ritter (alle verletzt) und Andrist (U21). YB ohne Gajic, Simpson und Doubai (alle verletzt).

 

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