Mit Trockenübungen festigt Koller den FC Basel

Innert zwölf Tagen gewinnt der FC Basel unter Marcel Koller sämtliche vier Spiele. Mit wenigen Veränderungen bringt der neue Trainer die Mannschaft auf Kurs – obwohl ihm die Zeit für Trainings fehlt und er in der Pause der Partie gegen Vitesse Arnheim erstmals überhaupt das Überzahlspiel anspricht.

Noch vor wenigen Tagen hätten sich die Zuschauer bei dieser Szene ungläubig angeschaut. Luca Zuffi spielt in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit einen Eckball direkt ins Seitenaus, mit seinem schwächeren rechten Fuss zwar, aber in einer Manier, die einem Profi auf diesem Level eigentlich nicht passieren darf. Die Stammtische der Stadt hätten die Aktion möglicherweise als Sinnbild betrachtet für die Verunsicherung beim FC Basel, die zu Saisonbeginn noch geherrscht hat.

Jetzt aber, da es dem FC Basel läuft, entlockt die Szene den Betrachtenden ebenso ein Schmunzeln wie Trainer Marcel Koller: «Ich habe mich auch gewundert, wie das geht. Aber anscheinend gehts.»

Zuffis Missgeschick war an diesem Abend etwa so ärgerlich wie ein lauwarmes Bier. Schliesslich hat sich der FCB gegen Vitesse Arnheim mit dem Gesamtscore von 2:0 fast mühelos für die Playoffs der Europa League qualifiziert. Dank Albian Ajetis Tor – nach einer Ecke von: Zuffi.

Vor einer Trauerkulisse mit offiziell 12’334 Zuschauern gewann der FC Basel damit auch das vierte Spiel unter dem neuen Trainer Marcel Koller, der eine weisse Weste hat und mit diesen Resultaten etwas Ruhe in den Verein bringt. Die Führungsetage hat mit dem Wechsel an der Seitenlinie das Schlimmste zumindest vorerst abgewendet: das erstmalige Verpassen einer europäischen Gruppenphase seit 15 Jahren.

Apollon Limassol: Die machbare Aufgabe für den FCB in dieser Verfassung

Zwar muss der FCB für das Erreichen der Gruppenphase gegen Apollon Limassol noch die Playoffs überstehen, wobei das Hinspiel nach dem Abtausch am 23. August in Basel ansteht. Doch auch wenn die Zyprioten die dritte Runde gegen Dinamo Brest mit dem Gesamtscore von 4:1 deutlich überstanden haben, ist den Baslern in der aktuellen Verfassung ein Erfolg gegen die Nummer 125 der Uefa-Klubrangliste zuzutrauen – denn Marcel Koller ist es gelungen, mit wenigen Umstellungen die Mannschaft zu festigen.

Der Trainer hat in seinen ersten zwei Wochen Luca Zuffi ins offensive Mittelfeld beordert, der unter Wicky fast ausschliesslich im defensiven Zentrum gespielt hatte. Der 28-Jährige ist unter Koller nicht nur für die Eckbälle von beiden Seiten verantwortlich, sondern bringt eine gehörige Portion Vertikalität in den Spielaufbau und lässt auch mal Bälle durch, wenn ein Mitspieler besser steht.

Unter Koller spielt Fabian Frei wieder im defensiven Mittelfeld, nachdem ihn Wicky – auch notgedrungen durch Verletzungen – immer wieder in der Innenverteidigung eingesetzt hatte. Im Zentrum ist es Frei augenscheinlich wohler, er geht seinem Offensivdrang nach und hatte gegen Vitesse zwei Chancen, erst nach feinem Pass von Valentin Stocker, dann per Direktabnahme nach einer Ecke Zuffis.

Kollers Vertrauen in van Wolfswinkels defensive Qualitäten

Koller hat zudem Geoffroy Serey Dié zum fixen Motor im Mittelfeld gemacht und Ricky van Wolfswinkel eine neue Aufgabe auf dem rechten Flügel zugedacht. Der Trainer hat ihn auch dann nicht in die Sturmspitze beordert, als er in der zweiten Halbzeit für diese Position die Wahl zwischen dem Holländer und Dimitri Oberlin hatte. Koller vertraut van Wolfswinkels defensiven Qualitäten, die er im Zusammenspiel mit Rechtsverteidiger Silvan Widmer auf den Rasen bringt: «Er macht die Räume gut zu, darauf wollten wir nicht verzichten», sagt der Trainer.

Van Wolfswinkel spielt unter Koller auf der rechten Seite, weil des Trainers erste Wahl in der Sturmspitze Albian Ajeti ist. Der 21-Jährige setzte gegen Vitesse abermals seinen Körper gut ein, hielt vorne viele Bälle, erarbeitete sich drei Torchancen und nutzte eine davon per Kopf. Sein vierter Saisontreffer fiel nach einer halben Stunde, kurz nach der roten Karte gegen Jake Clarke-Salter, die dieser sich wegen eines hohen Beines gegen Ajeti eingebrockt hatte.

Arnheims Trainer Leonid Slutski sagt zur Szene: «Ich bin nicht einverstanden mit dem Entscheid des Schiedsrichters. Nach der roten Karte wurde es sehr schwierig für uns.» Basels Mittelfeldmann Fabian Frei sagt, dass er die Aktion nicht unbedingt als rotwürdig taxiert hätte. Die Spieler seien aber vor der Saison instruiert worden, dass Szenen, in denen ein Fussballer eine Verletzung eines Kollegen in Kauf nimmt, mit Rot geahndet würden. Und Koller sagt: «Ich glaube schon, dass man die rote Karte geben kann. Aber ich habe die TV-Bilder noch nicht gesehen.»

Überzahlschulung in der Pause

Ajeti war mit den Stollen an der Schulter getroffen worden und zog sich eine leichte Gehirnerschütterung zu. Der FCB spielte somit eine Stunde in Überzahl – aber wie das geht, auch für diese Schulung hat der Trainer bis anhin keine Gelegenheit gefunden: «Wir hatten noch keine Zeit dafür und konnten das lediglich in der Pause kurz besprechen.»

Und der Rhythmus der Englischen Wochen geht weiter. Bis zum 2. September und dem letzten Spiel vor der Nationalmannschaftspause steht alle drei Tage eine Partie an. Bis dahin werden die Profis des FC Basel «auslaufen, regenerieren und wieder spielen», wie Valentin Stocker sagt.

Und sie werden weiter Videos studieren. Koller greift zum Mittel dieser Trockenübungen, wenn er seinen Spielern die Aspekte vermitteln will, mit denen er nicht zufrieden ist. «Wir müssen den Ball besser zirkulieren lassen und weniger Flüchtigkeitsfehler machen», sagt der Trainer und fügt mit Blick auf das Spiel gegen Vitesse an: «Wir haben in der ersten Halbzeit unnötige Fouls begangen.»

Zudem hat der FCB unter Koller in vier Spielen zwar neun Tore erzielt, aber eben auch zweimal deren zwei kassiert. Dass in Hin- und Rückspiel gegen Vitesse kein weiteres dazugekommen ist, hat auch mit der überschaubaren Qualität des Gegners zu tun. Arnheim war schwächer als im Hinspiel und brachte im St.-Jakob-Park bei sechs Abschlüssen einen einzigen Schuss auf Jonas Omlins Tor. Der FCB bei 19 Versuchen deren fünf.

Die Statistik zum Rückspiel zwischen dem FC Basel und Vitesse Arnheim.

Erholung in Montlingen

Neben seinen taktischen Umstellungen hat Koller das Glück, dass der neue Goalie Omlin mehr Rückhalt kaum bieten könnte. Auch dank der Leistungen des 24-Jährigen steht Koller bei vier Siegen aus vier Spielen und wirkt nach zwei Wochen im Amt entsprechend entspannt: «Wir versuchen, die Mannschaft zu stabilisieren, positive Ergebnisse zu holen und den Spielern Selbstvertrauen mitzugeben.»

Und bei allem Respekt vor dem nächsten Gegner: Der FCB dürfte am Samstag weitermachen mit dem Sammeln von positiven Ergebnissen. Dann spielt er im ersten Cupspiel gegen den FC Montlingen. Das ist ein Team aus der 2. Liga, der sechsthöchsten Schweizer Spielklasse. Das klingt doch fast schon nach Erholung, angesichts der nicht enden wollenden Englischen Wochen.

https://tageswoche.ch/sport/rotblaulive-der-fcb-empfaengt-vitesse-zum-rueckspiel/

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