Ohne Benjamin Huggel, aber mit der Unerschrockenheit, eine kleine Chance in einen grossen Coup verwandeln zu wollen, steigt der FC Basel in sein Entscheidungsspiel in der Champions League gegen Manchester United (Mittwoch, 20.45 Uhr, SF2 live). Ein Sieg bringt die Basler in die Achtelfinals – es wäre der grösste Erfolg der Vereinsgeschichte.
In der letzten Reihe war noch ein Platz für Bernhard Heusler. Zusammen mit dem neuen Ligapräsidenten Heini Schifferle verfolgte der Vizepräsident des FC Basel die Medienkonferenz am Vorabend des Spiels gegen Manchester United. Und allein am zahlenmässigen Aufmarsch der Journalisten lässt sich die Bedeutung der Auseinandersetzung messen: enorm. Der Schweizer Meister erreicht mit einem Sieg die Achtelfinals der Champions League und damit den grössten Erfolg seiner 118-jährigen Vereinsgeschichte.
Für den englischen Rekordmeister würde das vorzeitige Aus zwar handkehrum nicht gerade die kapitalste Pleite der Clubhistorie bedeuten, aber Hohn und Spott wäre Manchester auf der Insel sicher. Und dem FC Basel neben den rund 20 Millionen Franken aus den Gruppenspielen weitere Einnahmen von fast acht Millionen. Aber das Geld war es nicht vorrangig, was Heusler durch den Kopf ging, als ein Blitzlichtgewitter über den beiden Trainern auf dem Podium herniederging.
Die Fussball-Schweiz drückt dem FCB die Daumen
Denn es liegt etwas in der Luft in der Stadt. Nach der knapp dreimonatigen Reise in der Königsklasse steht der FCB sportlich an einem Punkt, den man schon als das Höchste der Gefühle begreifen kann: das Überwintern in der Europa League bereits in trockenen Tüchern und den Aufstieg in die K.o.-Phase im letzten Spiel vor eigenem Publikum selbst noch in den Händen zu haben. Trainer Heiko Vogel leitet daraus eine grosse Vorfreude ab, «und zwar nicht nur in Basel, sondern in der ganzen Fussball-Schweiz». Kantonsübergreifende Sympathien macht nur der internationale Wettbewerb möglich, und der FCB hat mit der Art und Weise seiner Auftritte die Anerkennung landesweit gewonnen. Das war in der Vergangenheit nicht immer so.
Und dieser Spannungsmoment weckt Hoffnungen, die von den FCB-Protagonisten, wenn auch vorsichtig formuliert, durchaus genährt werden. «Ich hoffe, dass wir vielleicht den ganz grossen Coup schaffen können», sagt Vogel. Der wird auf Benjamin Huggel (Wadenzerrung) verzichten müssen. Alles sei «ausgereizt» worden, um den Mittelfeldroutinier hinzubekommen. «Stand jetzt», so Vogel am Dienstagabend, «ist er nicht im Kader.» Das bedeutet, dass der FCB wohl mit der Elf vom vergangenen Samstag und Granit Xhaka sowie Cabral im Zentrum beginnen wird.
Eine der ganz grossen Europacup-Nächte
Bei allem Respekt, den die Basler dem «Weltklasseteam» (Marco Streller) aus England entgegenbringen, bei aller Hochachtung etwa vor Ausnahmekönnern wie Wayne Rooney (Heiko Vogel: «Einer, der gegen jede Mannschaft den Unterscheid machen kann»), ist der Hunger unübersehbar, der den FCB am Mittwoch auf den Rasen des St.-Jakob-Parks begleiten wird. In einer Atmosphäre, die sich in die ganz grossen Europacup-Nächte am Rheinknie einreihen wird. Mit blitzenden Augen sagt Vogel: «Bei mir und der Mannschaft herrscht die notwendige Gelassenheit und eine angenehme Anspannung.»
«Auch wenn sie sehr klein ist: die Chance ist da», sagt Captain Marco Streller, «es muss ein perfekter Tag sein und vieles zusammenpassen, damit wir das Wunder schaffen können.» Ein Wunder, an das je näher der Anpfiff rückt immer mehr zu glauben scheinen. Der FC Basel schwimmt auf einer Erfolgswelle, und deshalb stellt Bernhard Heusler fest: «Es in den letzten Wochen fast nichts passiert, was als Euphoriebremse gewirkt hätte. Wir steuern ein bisschen ungebremst auf dieses Entscheidungsspiel hin.»
Heusler: «Euphorie kann Flügel verleihen»
Der Demnächst-Präsident des Clubs hält es auch gar nicht für nötig, die Erwartungen herunterzuschrauben. Dass es der FCB schwer haben wird, wenn Manchester United eine vernünftige Tagesform erreicht, liegt auf Hand. Doch die Engländer können nur verlieren und die Basler nur gewinnen. «Die Leute sollen mit der Euphorie in den Match gehen», empfiehlt Heusler und schliesst bei den «Leuten» wahrscheinlich sich selbst ein und die Spieler auch: «Denn Euphorie kann nur Flügel verleihen.»
56 Tage nach seiner Beförderung steht Heiko Vogel am Mittwoch vor dem zwölften Wettbewerbsspiel als Interims-Coach. Es könnte seine Meisterprüfung im Cheftrainer-Schnellkursus werden. Und dass gegen Sir Alex Ferguson, den Vogel ehrfürchtig «einen der allergrössten der Zunft» bezeichnet und der, heute 69-jährig, seit mehr als 25 Jahren die Geschicke bei Manchester United bestimmt. Aber darauf will der 36-jährige Vogel die Partie nicht reduziert wissen: «Es ist das Spiel zweier wunderbarer Mannschaften – vor allem meiner.»
Champions League 2011/12, Gruppe C
Mittwoch, 7. Dezember, 20.45 Uhr
FC Basel-Manchester United
Stadion: St.-Jakob-Park (ausverkauft mit 36’000 Zuschauern).
Schiedsrichter: Björn Kuipers (Holland).
Mögliche Aufstellungen:
FC Basel:
Sommer;
Steinhöfer, Abraham, Dragovic, Park;
Shaqiri, G. Xhaka, Cabral, F. Frei;
A. Frei, Streller.
Bemerkungen: FCB ohne Yapi, Voser (verletzt), T. Xhaka, Huggel (fraglich), Andrist, P. Degen (ohne Spielberechtigung).
Bei der nächsten Gelben Karte gesperrt: A. Frei, Streller, Huggel.
Manchester United:
De Gea;
Smalling, Vidic, Ferdinand, Evra;
Nani, Fletscher, Giggs, Young;
Rooney, Welbeck.
Bemerkungen: ManU ohne Carrick (gesperrt), Berbatow, Owen, Hernandez, Anderson, Fabio, Rafael (alle verletzt).
Ersatzbank: Lindegaard (Tor), Amos, Evans, Jones, Fryers, Cole, Valencia, Park, Gibson, Macheda und Diouf.
6. und letzter Spieltag, Mittwoch, 7. Dezember:
FC Basel–Manchester United 20.45 Uhr
Benfica–Otelul Galati 20.45 Uhr
Die Tabelle:
| Sp | G | U | V | Tore | Diff. | Punkte | ||
| 1. | Benfica Lissabon | 5 | 2 | 3 | 0 | 7:4 | +3 | 9* |
| 2. | Manchester United | 5 | 2 | 3 | 0 | 10:6 | +4 | 9 |
| 3. | FC Basel | 5 | 2 | 2 | 1 | 9:9 | 0 | 8 |
| 4. | Otelul Galati | 5 | 0 | 0 | 5 | 3:10 | -7 | 0 |
*Bei Punktgleichheit gilt der direkte Vergleich.