Bevor der FC Basel im Achtelfinal-Hinspiel der Europa League auf Zenit St. Petersburg trifft (21.05, #rotblaulive), sind sich die Trainer in zwei Dingen einig. Erstens: Favorit, das sind höchstens die anderen. Und zweitens: Ach, dieser Hulk.
Pressekonferenzen können eine feine Sache sein. Meist sitzen Menschen auf einem Podium und wollen den anwesenden Medienvertretern ihr Anliegen näher bringen. Ausser natürlich, es ist eines jener obligatorischen Medientreffen vor Europacup-Spielen. Dann sitzen oft Menschen auf einem Podium, deren Anliegen es ist, die Zeit herunter laufen zu lassen, ohne all zu viel zu sagen.
Und doch gibt es einiges zu erfahren, beim von der Uefa vorgeschriebenen Frage-und-Antwort-Spielchen am Tag vor dem Hinspiel des Achtelfinals der Europa League zwischen dem FC Basel und Zenit St. Petersburg. Zum Beispiel, dass Murat Yakins Russisch so gefestigt ist, dass der FCB-Trainer sofort versteht, wenn ihn der Übersetzer als «Mustafa Yakin» ankündigt und also lachend kontern kann mit: «That was my fathers name.»
War es doch ein zu grosses Risiko, das Marco Streller eingegangen ist, als er vor eineinhalb Wochen trotz einer Bänderverletzung im Knie gegen die Grasshoppers auflief? Seither jedenfalls wird der Basler Captain stets als verletzt gemeldet. Auch gegen Zenit wird Streller fehlen. Für ihn könnte wie im Rückspiel gegen Dnipropetrowsk Mohamed Salah den Dauerläufer im Basler Sturm geben.
Zenit hat 2013 erst zwei Pflichtspiele in den Beinen, die beiden Sechzehntelfinal-Partien gegen den FC Liverpool. Die russische Meisterschaft startet am Sonntag wieder. St. Petersburg trifft auswärts auf Rubin Kasan. Trotzdem sagt Trainer Spalletti: «Ich werde gegen Basel mit dem stärksten Team antreten.»
Europa League, Achtelfinal-Hinspiel
FC Basel–Zenit St. Petersburg (21.05)
St.-Jakob-Park. – Rund 12’000 Tickets im Vorverkauf abgesetzt. – SR Daniele Orsato (Italien).
Mögliche Aufstellungen
FCB: Sommer; P. Degen, Schär, Dragovic, Park; Cabral, Serey Die; D. Degen, Diaz, Stocker; Salah.
Zenit: Malafeev; Anjukow, Lombaerts, Luis Neto, Hubocan; Schirokow, Denissow, Witsel; Hulk, Kerschakow, Danny.
Bemerkungen: FCB ohne Streller, Jevtic (beide verletzt), F. Frei (gesperrt) und Bobadilla (nicht spielberechtigt). Zenit ohne Criscito (verletzt).
Oder, dass es die russischen Journalisten scheinbar nervt, wenn die Schweizer Kollegen immer und immer wieder den Riesentransfer des Stürmers Hulk zum Thema machen. Und auch, dass es FCB-Pressesprecher Josef Zindel irgendwie gar nicht recht zu sein scheint, wenn der Neo-Basler Geoffroy Serey Die ganz offen antwortet auf die hoffnungsvolle Frage aus der Gäste-Ecke, ob er denn wisse, dass es bei Zenit ausser Hulk auch noch andere gute Spieler gebe, zum Beispiel russische Nationalspieler?
«Nein», sagt Serey Die da, «das weiss ich nicht. Ich kenne nur Hulk und Witsel und den Trainer.» Und lehnt sich entspannt zurück. Und ein russischer Journalist stöhnt auf. Und Zindel windet sich. Und ein anderer russischer Journalist sagt auf Englisch: «Aha, den Spalletti kennt er, das ist mal eine Überraschung.»
Was in St. Petersburg als günstig gilt
Überhaupt, dieser Hulk, findet auch eben dieser Luciano Spalletti, Trainer von Zenit. Und rattert auf Italienisch eine Reihe von Spielern aus seinem Kader herunter, die der Club für ein, zwei, drei Millionen Euro gekauft haben soll: «Wir haben ganz viele Spieler, die fünf Millionen Euro oder weniger gekostet haben.»
Diese Transfersummen würden jedem Schweizer Sportchef die Freudentränen in die Augen treiben, wenn er sie selbst ausgeben dürfte. Der Italiener aber versteht sie natürlich als Beweis für ein starkes Kostenbewusstsein in St. Petersburg, wo man in einem Transfersommer auch mal mit 100 Millionen Euro um sich wirft.
Spallettis Respekt vor dem FC Basel
Sowieso, sagt Spalletti, und das ist ihm jetzt ganz wichtig. Darum spricht er ganz salbungsvoll und sieht so aus, wie wohl Ben Kingsley aussähe, wenn er einen Priester mit Schnauz spielte: «Geld allein bringt noch keinen Erfolg.» Zum Beispiel in St. Petersburg, wo das Ausscheiden aus der Champions League in der Gruppe hinter Malaga und der AC Milan eine Enttäuschung war.
Doch das meint Spalletti gar nicht. Oder vielleicht meint er das auch, aber er sagt etwas anderes. Er sagt, wer das nicht begreife mit dem Geld und dem Erfolg, der solle mal schauen, was dieser FCB vor einem Jahr gemacht habe: «Basel hat Manchester United aus der Champions League geworfen. Und darum habe ich grössten Respekt vor dieser Mannschaft.»
Favorit, das sind die anderen
Darum will Spalletti auch auf keinen Fall als Favorit in diesen Achtelfinal gehen. Tut er aber natürlich trotzdem. Und das nicht bloss, weil FCB-Mittelfeldspieler Serey Die mit seinem Trainer Yakin einig geht und ohne zu zögern feststellt: «Favorit, das sind die anderen.» Sondern auch, weil ein Scheitern an Basel in Russland nicht verstanden würde.
Und das nicht nur wegen Hulk. A propos Hulk. Den findet Murat Yakin zwar auch ganz in Ordnung. Aber er glaubt, der FCB habe im Winter einen Spieler mit denselben Anlagen verpflichtet: Raul Bobadilla. «Und», freut sich Yakin, «er hat nur ein Zehntel von Hulk gekostet.» Bloss spielen, das darf Bobadilla in der Europa League noch nicht. Hulk schon. Aber genug von ihm.