Nadal trotzt seinen Beschwerden und gewinnt erstmals in Basel

Es drohte eine Absage. Doch Rafael Nadal tritt trotz einer Blinddarmentzündung an den Swiss Indoors an. Dort gewinnt er gegen den Italienier Simone Bolelli erstmals ein Spiel in Basel – und stapelt tief.

epa04455240 Spain's Rafael Nadal serves a ball to Italy's Simone Bolelli during their first round match at the Swiss Indoors tennis tournament at the St. Jakobshalle in Basel, Switzerland, 20 October 2014. EPA/GEORGIOS KEFALAS (Bild: Keystone/GEORGIOS KEFALAS)

Es drohte eine Absage. Doch Rafael Nadal tritt trotz einer Blinddarmentzündung an den Swiss Indoors an. Dort gewinnt er gegen den Italienier Simone Bolelli erstmals ein Spiel in Basel – und stapelt tief: Sein Ziel sei nur noch der Genuss auf dem Tennisplatz.

Roger Brennwald ist an diesem Montag ein zufriedener Mann. Der Turnierdirektor durfte im Vorprogramm der Swiss Indoors 2014 Paul Anka begrüssen. Den Sänger, der sein Liebesleben in jungen Jahren versüsst habe, wie der Turniergründer sagt.

Nur Stunden später versüsste Brennwald ein 45 Jahre jüngerer Mann den Abend: Rafael Nadal trat zum ersten Mal seit 2004 am Basler Tennisturnier an. Die Erleichterung darüber war Roger Brennwald sichtlich anzumerken, als er am Nachmittag vor dem Spiel sagte: «Der Superstar ist da. Nachdem wir zwei Jahre auf ihn warten mussten.»

Nadal musste seinerseits zehn Jahre auf seinen ersten Sieg in Basel warten. Nachdem er 2003 und 2004 in der ersten Runde verloren hatte, wurde dieser in der ersten Runde gegen den italienischen Qualifikanten Simone Bolelli in zwei Sätzen mit 6:2, 6:2 nun Tatsache.

Nadal findet die Gründe für diesen Sieg nicht in erster Linie in seiner eigenen Leistung, denn die spanische Weltnummer drei traf die Bälle nur unwesentlich besser als Paul Anka zuvor seine Töne: Nach zweitem Aufschlag war der Spanier angreifbar, Stoppbälle gerieten zu hoch, unerzwungene Fehler schlichen sich ein.

Vorerst gab es Nadal eine Stunde und elf Minuten zu sehen

Das Spiel seines Gegners, 29-jähriger Italiener mit der amerikanischen Flagge und dem Totenkopf auf dem Trikot, war aber noch fehleranfälliger. Er wurde Nadal in keiner Phase der an spielerischen Höhepunkten armen Partie gefährlich.

Der 14-fache Grand-Slam-Sieger war nach erstem Service effektiver als Bolelli, gestand der Nummer 75 der Welt keinen Breakball zu und nahm ihr seinerseits vier Mal den Aufschlag ab. Nach einer Stunde und elf Minuten war des Spaniers Auftakt geglückt.

Nervös vor, müde nach und während des Spiels

Der Sandspezialist war nach getaner Arbeit auf dem blauen Indoor-Belag schweissüberströmt – vor allem aber überglücklich. «Vor dem Spiel war ich nervös, danach müde. Und eigentlich auch während der Partie», gibt er zu und fügt an: «Dieser Sieg hat für mich mehr Wert als viele andere, als ich mich körperlich gut fühlte.» Die Freude über seinen ersten Sieg in Basel war nicht gespielt, sie war Ausdruck von Nadals grosser Erleichterung.

«Dieser Sieg hat für mich mehr Wert als viele andere.»

Rafael Nadal

Erleichterung darüber, dass sein Körper die Partie überstanden hat. Denn auch wenn Nadal alle drei bisherigen Begegnungen gegen Bolelli gewonnen und dabei nur einen Satz abgegeben hatte, war dieser Sieg keine Selbstverständlichkeit.

Der Grund: Nadal leidet seit Anfang Oktober an einem entzündeten Blinddarm und spielte nur dank der Einnahme von Antibiotika. Dass er überhaupt in Basel antritt, hat mit Nadals Entscheidung zu tun, den notwendigen operativen Eingriff erst nach der Saison vornehmen zu lassen. Das heisst nach den World Tour Finals in London, an denen die besten acht Spieler der Saison teilnehmen. Wenn Nadal denn daran auch tatsächlich teilnimmt.

Zahlen belegen Nadals Schwierigkeiten gegen Ende der Saison

Des Öfteren liess er in seiner Karriere den letzten Höhepunkt der Saison aus, den er noch nie gewonnen hat. Seit seinem ersten Grand-Slam-Sieg 2005 in Paris fehlte er bei drei von neun Austragungen.

Die drei wichtigsten Turnierkategorien Grand Slam, Masters-1000 und World Tour Finals betrachtend, verzichtete Nadal seit Roland Garros 2005 auf den Gewinn von potentiell 27’000 Weltranglistenpunkte. Weil er Turniere absagen musste.

Roger Federers Zahl liegt seit seinem ersten Grand-Slam-Sieg bei 25’000 Punkten. Der Sieg in Wimbledon 2003 liegt zwei Jahre vor Nadals Triumph in Paris. Federer verpasste diese drei Turnierkategorien betrachtend also weniger Punkte in einer grösseren Zeitspanne.

Die Zahlen belegen die nicht neue Erkenntnis, dass Nadal zunehmend mit seinem Körper kämpft.

Kommt dazu, dass Nadal mit zunehmender Dauer seiner Karriere immer mehr Punkte liegen lassen musste: Mehr als die Hälfte dieser 27’000 Punkte, nämlich deren 17’000, summierten sich seit 2010.

Diese Zahlen belegen die nicht neue Erkenntnis, dass Nadal zunehmend mit seinem Körper kämpft. Ein Körper, der auch rebelliert gegen seine kräfteraubende Spielweise. Die Knie, der Rücken, die Schultern, die Füsse: kaum eine Körperpartie, die nicht schon in Mitleidenschaft gezogen worden wäre.

Problematisch ist für den Spanier insbesondere, dass das Ende des Tennisjahres auf wenig schonenden Hartbelägen gespielt wird. Entsprechend titelarm beendet Nadal jeweils seine Saisons.

Nadal fehlen die Spiele, um sein bestes Niveau zu erreichen

Noch bleiben Nadal das Jahresfinale in London, das Masters-1000-Turnier in Paris – und die restliche Woche in Basel. Auf den Spanier wartet am Rheinknie in der nächsten Runde mit dem Franzosen Pierre-Hugues Herbert ein weiterer Qualifikant. Dieser gewann gegen seinen Landsmann Edouard Roger-Vasselin mit 6:3, 6:7, 7:6.

Danach würde es für Nadal wohl gegen den Letten Ernests Gulbis und anschliessend gegen Milos Raonic gehen; bevor am Sonntag der Traumfinal gegen Roger Federer warten würde. Soweit die Turnierzukunft laut Papier.

Doch Nadal strahlt wie eh und je wenig Zuversicht aus: «Ich werde nicht genug Spiele haben in dieser Saison, um auf mein bestes Niveau zu kommen.»

Es steht an: Genuss, nur noch Genuss

Er hält so die Erwartungen an seine Person tief. Und er nimmt sich selbst den Druck weg: «Ich habe keine grossen Ziele mehr in dieser Saison, sondern will nur jede Minute auf dem Platz geniessen.»

Geniessen möchte Nadal vor allem Gesundheit. Könnte er zwischen ihr und weiteren Siegen wählen, er würde sich wohl für die Gesundheit entscheiden. Momentan ist das Wunschdenken, denn Nadal muss sich nicht nur mit seinen Gegnern auseinandersetzen, sondern auch mit seinen Beschwerden.

Swiss Indoors Basel 2014, Resultate (siehe auch Tableau)

1/16-Finals:
Carlos Berlocq ARG–Donald Young USA 6:7, 4:6
Simone Bolelli ITA (Q)–Rafael Nadal ESP (2) 2:6, 2:6
David Goffin BEL (7)–Dominic Thiem AUT 7:6, 6:3
Pierre-Hugues Herbert FRA (Q)–Edouard Roger-Vasselin FRA 6:3, 6:7 7:6

weitere 1/16-Finals am 21. Oktober (komplettes Tagesprogramm hier

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