Yann Sommer debütiert bei der 0:2-Niederlage gegen England als Nummer eins im Schweizer Tor. Mit einer starken Leistung verhindert er weitere Treffer und macht Diego Benaglio schon fast ein wenig vergessen.
«Wir haben von diesem Sommer viel gelernt», sagt Joe Hart, der englische Torhüter nach dem 2:0-Sieg gegen die Schweiz im ersten Qualifikationsspiel zur Europameisterschaft 2016 in Frankreich. Er meint damit den Sommer 2014, die Weltmeisterschaft in Brasilien, an der England nicht überzeugte und bereits nach der Vorrunde die Segel streichen musste.
Die Zuhörer hätten Harts Aussage allerdings auch anders interpretieren können. Denn von diesem Sommer, Harts Gegenüber im Schweizer Tor, kann so manch europäischer Torhüter tatsächlich noch etwas lernen.
Der 25-Jährige hatte den FC Basel und damit den St.-Jakob-Park nach Ablauf der Super League 2013/2014 in Richtung Bundesliga verlassen und bei Borussia Mönchengladbach angeheuert. Wenige Wochen später, nach einem Abstecher nach Brasilien zur Weltmeisterschaft, kehrte er im Kreis der Nationalmannschaft nach Basel zurück. «Die Stimmung im Stadion war toll, aber nach einer Niederlage fühlt man sich auch als Nummer eins nicht besser.»
Sommer bügelt Djourous Fehler aus
Weil Diego Benaglio in der Zwischenzeit wider erwarten von seinem Posten als Nummer eins im Schweizer Tor zurückgetreten war, kehrte Sommer früher als erhofft in einem Ernstkampf auf den Rasen des St.-Jakob-Parks zurück. Und er tat dies gewohnt souverän.
Wie hiess schon wieder der Goalie vor Sommer? #SUIENG
— Dominik Marbet (@heschghoert) 8. September 2014
Wayne Rooney prüfte ihn mit einem Schuss durch Johan Djourous Beine in der 15. Minute. Sommer, richtig stehend, parierte, ohne sich gross bewegen zu müssen.
Der zweite Abschluss Rooneys, dem Klassenprimus der englischen Offensive, war schon wesentlich tückischer, weil der Ball kurz vor Sommer aufsetzte. Am Resultat änderte das nichts: Sommer parierte. Und Sommer parierte wenige Sekunden später auch Phil Jones’ Kopfball – Englands beste Chance in der ersten Halbzeit, die durch einen Fehler des schwachen Djourou zustande gekommen war.
Sommer: «Wir dürfen nicht in diesen Konter laufen»
Dass die Schweiz am Ende mit 0:2 als Verlierer vom Platz ging, lag nicht an Sommer. Bei beiden Gegentreffern war der Bundesligaprofi ohne Abwehrchance.
«Beim ersten Tor laufen wir in einen Konter, in den wir nicht laufen dürften», analysiert Sommer die Situation nach Gökhan Inlers Ballverlust. Und bei Danny Welbecks zweitem Treffer schloss der Torschütze ungehindert aus rund zwölf Metern ab. Sommers Fehler war auch dieses Tor nicht.
Sommers beste Parade gegen Jones‘ Kopfball (Bild: Keystone/LAURENT GILLIERON)
Vielmehr war die Ursache in der dürftigen Abwehrleistung zu suchen, vor allem der Innenverteidigung. Ganz Mannschaftssportler will Sommer davon nichts wissen: «Es war nicht nur die Abwehr, wir müssen als ganze Mannschaft einfach besser stehen.»
Dass diese Mannschaft in einem neuen System spielte, empfindet Sommer nicht als Grund für die Niederlage. In der Grundordnung eines 4-3-3, das bei Ballverlust zu einer Art 4-5-1 wurde, «habe ich immer noch vier Verteidiger vor mir, für mich hat sich also nichts geändert».
Aus der Systemumstellung, in der sich laut Sommer sowieso nicht all zu viel geändert habe, sei jedenfalls keine Unsicherheit entstanden. «Wir sind alle Profi genug für eine solchen Wechsel, das ist im Fussball nichts Spezielles.»
St.-Jakob-Park bleibt ein Heimstadion für Sommer
Vielmehr ärgert den Rückkehrer, dass gegen diese Engländer viel mehr drin gewesen sei. «Wir waren euphorisch und sind nun enttäuscht, auch wenn wir nicht viele zwingende Torchancen hatten. Wir hatten aber mehr Ballbesitz und konnten Druck auf den Gegner erzeugen.»
Dass die Schweizer diesen Druck nicht in Tore umgemünzt haben, hat mit Sommers Leistung nichts zu tun. Er tat, was er auf diesem Rasen schon immer Tat: die Bälle halten, die er musste – und in der einen Szene gegen Jones’ Kopfball noch einen mehr.
«Wir wollten unbedingt zumindest einen Punkt mitnehmen aus dieser Partie. Aber die Qualifikation ist noch lang», schliesst Sommer in den Katakomben seines ehemaligen Heimstadions.
Es ist dank seines neuen Status in der Nationalmannschaft ein Heimstadion geblieben, Rotblau wurde zu Rotweiss. An Sommers Leistung hat das nichts geändert.
Der gemeinsame Weg heisst weiterhin: Qualifikation zur Euro 2016 (Bild: Keystone/ENNIO LEANZA)