Nichts bringt diesen FCB aus der Ruhe

Durch ein umstrittenes Gegentor in Rückstand geraten, gewinnt der FC Basel seine Super-League-Partie beim FC Sion problemlos mit 3:1 (1:1). Stocker, Sio und Streller treffen gegen harmlose Gastgeber, die ab der 50. Minute in Unterzahl waren.

22.09.2013; Sion; Fussball Super League - FC Sion - FC Basel; Marco Streller (R, Basel) erzielt das Tor zum 1:3 (Urs Lindt/freshfocus) (Bild: Urs Lindt/Freshfocus)

Durch ein umstrittenes Gegentor in Rückstand geraten, gewinnt der FC Basel seine Super-League-Partie beim FC Sion problemlos mit 3:1 (1:1). Stocker, Sio und Streller treffen gegen harmlose Gastgeber, die ab der 50. Minute in Unterzahl waren.

«Früher», erinnert sich Fabian Frei, «früher hatte Sion viele tolle Einzelspieler, die merkwürdigerweise immer gegen den FCB sehr gut gespielt haben.» Früher, das kann, wenn man das zarte Profialter Freis von 24 Jahren berücksichtigt, noch nicht allzu lange her sein. Es waren Zeiten, in denen das Tourbillon von der Heimmannschaft zum Brodeln gebracht werden konnte.

Heute kommt dem Betrachter das wie eine längst vergangene Zeit vor. 10’500 Zuschauer liessen die 90 Minuten im sonnigen, mollig warmen Wallis eher über sich ergehen. Kein Funke weit und breit, der dazu geschaffen wäre, von hüben nach drüben überzuspringen.

«Heute», sagt Fabian Frei, «hat man eher das Gefühl, sie versuchen etwas mit Jungen. Man muss sagen, sie standen defensiv sehr solide.» Das ist als kleines Kompliment gemeint, den Nimbus von früher jedoch, das bestätigt auch Frei, hat dieser FC Sion eingebüsst.

Das hängt zum guten Teil, zumindest an diesem Sonntag, auch mit dem Gegner zusammen. Beg Ferati, inzwischen in der Innenverteidigung der Sittener gelandet, freute sich, anlässlich der achten Super-League-Runde zwar, ehemalige Basler Teamkollegen zu treffen. Er beklagte zwar mangelndes Fingerspitzengefühl des Schiedsrichters bei Xavier Kouassis Ausschluss («Rot für zwei Fouls – das ist ein bisschen hart»), räumte aber ein, dass die Partie unter dem Strich eine «klare Angelegenheit» gewesen sei: «Mit einem Mann weniger wird es schwierig. Dafür hat Basel einfach zu grosse Klasse in der Offensive.»

FCB einmal mehr unbeeindruckt

Dass es ein diskussionsloser Auswärtssieg auf einst gefürchtetem Boden wurde, lag auch daran, dass sich der Meister nicht vom Rückstand beeindrucken liess. Wie schon am Mittwoch bei Chelsea nicht, wie schon gegen YB nicht. Dabei hatte der Gegentreffer Aufregerpotential.

Die Vorteilsauslegung von Schiedsrichter Sascha Kever war einigermassen abenteuerlich. Er pfiff den Wallisern einen Freistoss, als eine für sich gesehen schon auslegungswürdige Zweikampfszene längst vorbei war und Leo Itaperuna ein technischer Fehler unterlief, als ihm der Ball unter der Sohle durch ins Seitenaus rutschte.

«Ich hoffe, dass demnächst nicht noch ein Foul von letzter Woche eine Rolle spielt», moserte Murat Yakin, doch der FCB-Trainer hielt diese Kritik umgehend selbst für übertrieben, hielt den Schiedsrichtern insgesamt zugute, dass sie es schwer hätten und bei der Vorteilsauslegung erst recht, und wand Kever gleich noch ein Kränzchen: «Wir kennen ihnen als sehr guten, konsequenten Schiedsrichter.»

«Vielleicht brauchen wir einen Weckruf»

Dass Kever und Assistent beim Freistoss und anschliessendem Tohuwabohu im Basler Strafraum zwei Sittener Abseitspositionen nicht erkannten, dass Giovanni Sio den ihm zugeteilten Leo nicht am erfolgreichen Torschuss hindern konnte – geschenkt. «Andere Teams lassen sich davon aus der Ruhe bringen – wir nicht», sagte Fabian Frei im Brustton der Überzeugung, die diesen FCB begleitet.

«Vielleicht brauchen wir einen Weckruf», sinniert Yakin über die Reaktionsfähigkeit seines Teams, das vor ein paar Wochen noch jene Mannschaft war, die regelmässig in Führung ging und dann Schwierigkeiten bekundete, diesen Vorsprung ins Ziel zu bringen.

Den Rest der Partie in Sion dominierte der FCB jedenfalls gegen ein Heimteam, dass offensiv harmlos blieb und nach der Gelb-Roten-Karte gegen Kouassi in der 50. Minute zu keinem Kraftakt fähig war. «Gegen Basel», nuschelte Michel Decastel in seinem tiefen Bariton, «gegen Basel muss man nicht gewinnen.» Womit der Trainer in ungefährt verriet, wie es um den FC Sion steht.

Schon nach dem 1:2 hatte Präsident Christian Constantin zähneknirschend seinen Kommandostand neben der Trainerbank wieder verlassen – offenbar auch der Hoffnung entledigt, gegen diesen FCB könnte an diesem Tag ein Walliser Kraut gewachsen sein.

Delgado – an allen drei Tore beteiligt

In einer durchweg soliden und konzentriert auftretenden FCB-Elf, in der Arlind Ajeti den angeschlagenen Fabian Schär ersetzte und Giovanni Sio den Vorzug vor Mohamed Salah erhielt, war Matias Delgado als Autor an allen drei Treffern beteiligt. Mehr noch: Das rüde Foul, das zu Kouassis Platzverweis führte, wurde ebenfalls an ihm verübt.

Beim Ausgleich trat der Argentinier einen Eckball, in dessen Anschluss Frei auf den Kopf von Valentin Stocker flankte. Und beim dritten Tor lancierte Delgado mit einem lässig aus dem Fussgelenk geschlagenen Ball Salah, der für Marco Streller auflegte, womit der Captain mit Saisontor sechs die clubinterne Torschützenliste anführt.

Spielerischer Höhepunkt aber war Delgados stramm und mit höchster Präzision gespielter, tiefer Pass in den Lauf von Sio. Der krönte seine Rückkehr an die alte Wirkungsstätte mit einem feinen Torabschluss und verkniff sich den Torjubel, wie das inzwischen zur Mode verkommen ist, wenn ein Spieler gegen ehemalige Teamkollegen trifft. Für Sio war es der vierte Treffer im siebten Spiel im FCB-Dress. Eine feine Bilanz für den Neuankömmling.

Der Trainer freut sich über Spielfreude und Ernsthaftigkeit

Mit diesen drei Punkten hat der FCB mit den ins Straucheln geratenen Young Boys gleichgezogen und liegt nur aufgrund des Torverhältnisses hinter dem neuen Tabellenführer GC, der zudem ein Spiel weniger ausgetragen hat. Den Grasshoppers wird diese Momentaufnahme wenig Trost sein an einem Tag, an dem der Zürcher Fussball seiner hoffnungsvollen Vision von einem fussballtauglichen Stadion verlustig ging.

«Es ist ungewöhnlich, dass wir schon so früh so weit vorne sind», sagt Fabian Frei und rät: «Das müssen wir geniessen.» Viel Zeit bleibt im dichten Takt der Spiele nicht. Schon am Mittwoch geht es auf dem Kunstrasen von Thun weiter. «Wieder ein harter Brocken», sagt Yakin und ist gespannt, wie sich bei der Mannschaft seines ehemaligen Clubs die Doppelbelastung im Europacup auswirkt.

Für seine eigene, breit aufgestellte Mannschaft ist das business as usual, und der Trainer ist zufrieden damit, was er sieht: «Sie zeigt Freude am Fussball, gleichzeitig die nötige Ernsthaftigkeit und sie wächst am Rhythmus.» Basel an der Spitze im September – für die Konkurrenz in der Super League muss das besorgniserregend aussehen.

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