Paulo Sousa, der FCB und das Erweckungserlebnis

Mit einiger Zuversicht geht Paulo Sousa in sein zweites Champions-League-Spiel als Trainer des FC Basel. Der Liverpool FC ist am Mittwoch (20.45 Uhr) im ausverkauften St.-Jakob-Park ein Gegner von jenem Kaliber, gegen den ein positives Resultat und ein gutes Spiel nachhaltige Wirkung haben könnte.

FC Basel's coach Paulo Sousa smiles as he addresses a news conference ahead of their Champions League Group B match against Liverpool in Basel September 30, 2014. REUTERS/Arnd Wiegmann (SWITZERLAND - Tags: SPORT SOCCER) (Bild: Reuters/ARND WIEGMANN)

Mit einiger Zuversicht geht Paulo Sousa in sein zweites Champions-League-Spiel als Trainer des FC Basel. Der Liverpool FC ist am Mittwoch (20.45 Uhr) im ausverkauften St.-Jakob-Park ein Gegner von jenem Kaliber, gegen den ein positives Resultat und ein gutes Spiel nachhaltige Wirkung haben könnte.

Auf ein Jahr hat Paulo Sousa die Zeitspanne beziffert, die der vielbemühte «Prozess» in Anspruch nehmen wird, den er in Basel in Gang gesetzt hat. So hat der FCB-Trainer am Montag das dem Schweizer Fernsehen erzählt. Das könnte also bedeuten, dass man sich im rotblauen Lager noch etwas wird gedulden müssen.

Denn noch ist es doch so: Rein nominell liegt der FC Basel im Fahrplan, er steht auf Platz 1 der Liga, hat im Schweizer Cup sein Soll erfüllt und in Madrid zu verlieren, auch hoch, ist schon ganz anderen Kalibern widerfahren.

Und dennoch ist die Sehnsucht, die sich mit dem Aufbruch von Murat Yakin zu Paulo Sousa als Cheftrainer im Sommer verbunden hat, noch nicht erfüllt. Der Fussball, den der FCB unter dem Portugiesen spielt, gibt noch Rätsel auf, wirkt noch nicht homogen und und ist nicht konstant.

Ein Erweckungserlebnis täte Sousa und dem ganzen Club gut

Auch Sousa und seine Spieler brauchen auf ihrem Weg ein Erweckungserlebnis. Ein Spiel, wie es Thorsten Fink hatte mit dem 2:0 in der Europa League gegen die AS Roma. Das passierte nach harzigem Saisonstart, bei dem sich der FCB einen ordentlichen Rückstand eingehandelt hatte und war wie eine Initialzündung. Die Mannschaft merkte damals, Mitte September 2009: Ja, es funktioniert.



Basel's Portuguese head coach Paulo Sousa, right, during a training session in the St. Jakob-Park training area in Basel, Switzerland, on Tuesday, September 30, 2014. Switzerland's FC Basel 1893 is scheduled to play against Britains Liverpool FC in an UEF

Paulo Sousa und seine Assistenten bei der Spielvorbereitung am Dienstag. (Bild: Keystone/GEORGIOS KEFALAS)

Eine so grosse Hürde hatte der vom Assistenten zum Cheftrainer beförderte Heiko Vogel nicht zu nehmen, doch das 2:1 gegen Manchester United im Dezember 2011 war der endgültige Beweis für die Basler: Ja, wir können Aussergewöhnliches erreichen. Zumindest an Tagen wie jenem.

Unter Murat Yakin war es auch ein europäisches Spiel, ein 3:0 daheim gegen Sporting Lissabon, gegen das man zuvor mehrfach chancenlos geblieben war, dass der Mannschaft Flügel verlieh.

Ein solches Erweckungserlebnis täte dem FC Basel gut. Seinem Trainer, den Spielern, den Fans und auch der Clubführung. Es wäre die Bestätigung, sich auf dem richtigen Pfad zu befinden. Paulo Sousa ist wahrscheinlich der Letzte, der daran irgendwelche Zweifel hegt, aber verborgen geblieben kann ihm nicht sein, dass er die Reihen hinter seinem Fussball noch nicht geschlossen hat.

Liverpool kommt mit wechselhafter Formkurve

Nun ist, nach Real Madrid, das nächste europäische Schwergewicht der Gegner. Ein Liverpool FC, der zwar nicht gar so schwergewichtig daherkommt wie die Königlichen, der aber immer auch Kraft aus seiner reichen Geschichte ziehen kann. Ein Gegner, der Respekt einflösst, egal, wie gut oder schlecht seine Form ist.

Im Moment ist diese Kurve wechselhaft. Platz 14 in der Premier League ist nicht das Mass der Dinge, und der 2:1-Sieg gegen Ludogorets Razgrad zum Start in die Champions League glückte in extremis mit einem Penaltytor in der Nachspielzeit. Zuletzt gaben die Reds – wie der FCB gegen Thun – in der Nachspielzeit einen schon sicher geglaubten Sieg im Derby gegen Everton preis. Mit sechs Neuzugängen in der Startelf nach einem wechselreichen Sommer.

Nicht von ungefähr landete der FCB in Topf zwei

Brendan Rodgers spricht von der «grossen Vision», die sie beim Liverpool FC haben, davon, das die Mannschaft besser werde, je länger die Saison dauere und der Trainer der Reds äussert grossen Respekt vor dem FC Basel, «ein Club, der immer wieder junge, talentierte Spieler hervorbringt». Und der es sich gewohnt sei, vor einem enthusiastischen Publikum auf Sieg zu spielen.

Nicht von ungefähr wurde der FCB bei der Auslosung der Gruppenphase aus Setztopf zwei gezogen und Liverpool aus Topf drei: In den zurückliegenden fünf Jahren spielte der FCB dreimal Champions League und erreichte einmal die Achtelfinals, ausserdem stiess er in der Europa League unter die letzten Vier und die letzten Acht vor.

Eine «Night to remember»: FC Basel gegen Liverpool FC (3:3) am 12.11.2002:

Und mit den Ergebnissen gegen Manchester United (3:3, 2:1), dem Weiterkommen gegen Tottenham (2:2, 2:2, 4:1 i.P.) und den Siegen vergangene Saison geen Chelsea (2:1, 1:0) hat er nicht nur die Bilanz gegen englische Clubs aufpoliert, sondern sich auf der Insel Anerkennung erworben.

In dieser kurzfristigen Retrospektive war der Liverpool FC zweimal gar nicht europäisch qualifiziert (2011/12 und 2013/14), spielte er einmal Champions League und stiess einmal in die Halbfinals der Europa League vor (beides 2009/10). Längerfristig betrachtet stehen bei den Reds allerdings fünf Landesmeister- beziehungsweise Champions -League-Triumphe (zuletzt 2005) sowie drei Uefa-Pokal-Siege.



Liverpool's player Adam Lallana and manager Brendan Rodgers (R) smile during a news conference ahead of their Champions League Group B match against FC Basel in Basel September 30, 2014. REUTERS/Arnd Wiegmann (SWITZERLAND - Tags: SPORT SOCCER HEADSHOT)

Die Champions League gewinnen? Brendan Rodgers und Adam Lallana können darüber nur herzhaft lachen. (Bild: Reuters/ARND WIEGMANN)

Was das im Hier und Jetzt bedeutet? Dass sich Brendan Rodgers jedwede Phantasterei verbietet. Auf die Frage, ob er vom Gewinn der Champions League träume, antwortete er eher belustigt mit einem klaren Nein. «Es ist schön zu träumen», sagt der 41-jährige Nordire, als er am Dienstagabend im Basler St.-Jakob-Park vor den Medien sass, «aber wir haben national einen guten Job zu machen. Und das ist schwer genug.»

Sousa gegen Rodgers = zweimal torlos remis

Da ist – was das Tabellenbild anbelangt – Kollege Paulo Sousa einen Schritt weiter. Beide trafen als Trainer auf der Insel zweimal mit ihren Mannschaften aufeinander, zweimal gab es zwischen Queens Park Rangers (Sousa) und Reading (Rogers) sowie Swansea (Sousa) und Watford (Rodgers) torlose Unentschieden. Notiert innert acht Monaten zwischen Dezember 2008 und August 2009, was das Vagabundenleben der beiden Jungtrainer unterstreicht.

Rodgers, inzwischen in der dritten Saison an der Anfield Road, hat seinen Vertrag bis 2018 verlängert, was merkwürdig für die Branche ist, aber für das tiefe Vertrauen des Clubs in seinen Manager spricht.

Sousas Vertrag mit Basel läuft über drei Jahre, was ein grosser Vertrauensvorschuss der Clubverantwortlichen ist. Auch sie hoffen auf eine Stabilisierung der Leistungen der Mannschaft. Ein Effort in der Champions League, zumal im mit 36’000 Zuschauern restlos ausverkauften St.-Jakob-Park, käme da genau richtig.

Fakten zum Spiel Real-FCB 5:1
  Real FCB
Ballbesitz (total) 52% 48%
Ballbesitz Halbzeit 59% 41%
Angriffe 58 40
Schüsse 21 16
Schüsse aufs Tor 9 5
Aluminiumtreffer 0 1
Eckbälle 7 2
Abseits 4 4
Fouls 8 8
Gelbe Karten 1 3
Pässe 508 481
angekommene Pässe 443 405
Passquote 87% 84%
gelaufene Meter (Team) 108’718 114’182

Sousa hofft auf historisches Ergebnis

Sousa verbreitete am Vorabend des Spiels, der Neuauflage des Duells von 2002 (3:3 nach Basler 3:0-Führung), ziemliche Zuversicht. «Wir werden versuchen, Liverpool viele Probleme zu bereiten.» Die Rechnung des Trainers ist simpel: «Erreichen wir mehr oder weniger die statistischen Werte aus dem Spiel in Madrid mit fast 50 Prozent Ballbesitz und 16 Abschlüssen, dann hat die Mannschaft gute Chancen, gegen Liverpool zu gewinnen.»

Und fasst klingt Sousa so, als ob auch er sich von diesem Oktoberabend im Joggeli mehr erwartet als nur ein Ergebnis, das dem FCB das Fortkommen in der Königsklasse offen hält. Mit einer «perfekten kollektiven Leistung» und «mit der Unterstützung der Fans» glaubt Sousa: «Wir können ein historisches Resultat erzielen.»

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