Paulo Sousa und der Prozess: Alles eine Frage des Vertrauens

Beim FC Basel versichert man sich gegenseitig, trotz der Niederlage bei Real Madrid und deutlichen Mängeln auf dem richtigen Weg zu sein. Von einer Vertrauensfrage, die Trainer Paulo Sousa an die Mannschaft gerichtet hat, will man nichts wissen – die Ansprache sei eher ein Appell gewesen.

Ernste Gesichter: FCB-Präsident Bernhard Heusler (links) und Sportdirektor Georg Heitz (rechts) am Mittwoch nach der Rückkunft in Basel mit Trainer Paulo Sousa.

(Bild: Meinrad Schön)

Beim FC Basel versichert man sich gegenseitig, trotz der Niederlage bei Real Madrid und deutlichen Mängeln auf dem richtigen Weg zu sein. Von einer Vertrauensfrage, die Trainer Paulo Sousa an die Mannschaft gerichtet hat, will man nichts wissen – die Ansprache sei eher ein Appell gewesen.

Nein, nein, beeilte sich Georg Heitz am Abflugterminal in Madrid festzuhalten, eine Vertrauensfrage sei das nicht gewesen, die Paulo Sousa seiner Mannschaft nach dem 1:5 bei Real Madrid gestellt habe. Der Trainer des FC Basel hatte seine Spieler in der Kabine des Bernabeu gefragt, ob alle weiterhin vom gemeinsam eingeschlagenen Weg überzeugt seien. Die Antwort in der Nacht auf Mittwoch: ein einstimmiges Ja.

Eine rhetorische Frage sei das gewesen, schildert Heitz aus dem Intimbereich der Mannschaft, «keine Vertrauensfrage, eher ein Appell, eine Frage der Philosophie». Der FCB habe sich unter Sousa nun einmal entschlossen, überall mitspielen zu wollen, auch gegen das übergrosse Real, sagt der Basler Sportdirektor: «Wir hätten uns auch hinten reinstellen können, was sicher einfacher gewesen wäre.» Oder vielleicht auch: realistischer.

Wobei Sousa in Madrid ja durchaus je nach Auslegung sieben bis acht Defensivleute unter seinen Feldspielern hatte. Bloss, dass diese nie eine Einheit bildeten, die einen Zugriff auf die Madrider Offensive gefunden hätte.

Stilmittel und Stilsicherheit

Nun, da der FC Basel bei der Expedition zum Mittelpunkt der Fussballwelt mit seiner Herangehensweise Schiffbruch erlitten hat, soll Sousa die Frage nach dem eingeschlagenen Weg als Motivation eingesetzt haben. «Es war ein Stilmittel», sagt Heitz, «er wollte den Spielern zeigen, dass nicht alles schlecht war, was sie gemacht haben.»

Captain Marco Streller erzählt, der Trainer habe gefragt: «Ob wir so weiterfahren wollen, dass wir auch gegen grosse Teams wie Real Madrid offensiv mitspielen wollen.» Der Profifussball als basisdemokratischer Akt? Das wäre in der Tat merkwürdig. Wohl eher war Sousas Ansprache ein Einschwören auf die Art, wie der Portugiese Fussball spielen lassen will. Keine Vertrauensfrage also, sondern eher eine Frage des Vertrauens.



Eine rein rhetorische Anfrage an seine Spieler: Paulo Sousa im Bernabeu mit Kakitani, Fabian Frei und Walter Samuel.

Eine rein rhetorische Anfrage an seine Spieler: Paulo Sousa im Bernabeu mit Kakitani, Fabian Frei und Walter Samuel. (Bild: Valeriano Di Domenico/Freshfocus)

Wo der von Paulo Sousa viel bemühte Prozess hinführen soll, ist auf dem Feld bislang jeweils nur phasenweise erkennbar. Wofür es durchaus Argumente gibt – zwei Monate nach dem Saisonstart unter einem neuen Trainer und mit einer Mannschaft, die kräftig umgebaut worden ist.

Noch hat der Portugiese das Team nicht so weit, dass es Stilsicherheit ausstrahlt. Oder den Kampf aufnimmt. Vor Jahresfrist hatte Marco Streller nach dem Coup gegen Chelsea noch geschwärmt von «elf Löwen mit zwei Herzen und drei Lungen». Ähnliche Euphorie löst die aktuelle FCB-Ausgabe noch nicht aus.

Die Kirche bleibt im Dorf

Und dennoch, unterstreicht Heitz, habe der FCB «national von der Punkteausbeute her einen guten Start hingelegt. Wir müssen die Kirche im Dorf lassen. Ich denke nicht, dass ein 1:5 bei Real Madrid der Moment ist, um grundsätzliche Fragen zu stellen.»

Beim FCB sind sie jedenfalls überzeugt davon zu wissen, auf welchem Weg sie sich befinden mit ihrem neuen Coach. Und auch, dass dieser Weg der richtige ist. Selbst wenn es so wirkt, als ob vieles im FCB-Labor noch in der Experimental-Phase steckt. Paulo Sousa dreht hier an einem Rädchen, baut dort etwas Neues zusammen und spricht von den Spielern wie von Spezialwerkzeugen, die ihm «Lösungsmöglichkeiten» geben – und schliesslich vermischt sich alles – zum Prozess. Für Aussenstehende nicht immer nachvollziehbar.

Wie Sousas Personalentscheidungen, die Angriffsflächen bieten. Marek Suchy setzte er einen Monat lang nicht ein, um ihn dann ohne Spielpraxis gegen Real Madrid ins kalte Wasser zu werfen in einer Abwehrformation, die so zuvor noch nicht auf dem Platz gestanden hatte. Und Topscorer Shkelzen Gashi liess er in Madrid 92 Minuten lang auf der Bank.

Streller: «Ich stehe zur Philosophie»

Marco Streller zumindest holte nach dem Schlusspfiff in Madrid zum Plädoyer für die Arbeit aus, die derzeit in Basel geleistet wird. «Was mir gefällt, ist, dass wir eine Philosophie haben», erklärte der FCB-Captain, «wir wollen mitspielen. Und dann läufst du gegen Real Madrid, die beste Mannschaft der Welt, halt auch mal in ein 5:1. Aber ich stehe zu dieser Philosophie.»

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