Norwegen gegen Marcel Hirscher, Gut gegen Vonn – die Ski-Saison nähert sich der Entscheidungsphase. Die Männer starten in Südkorea, die Frauen bleiben auf dem Kontinent. Spannend ist es beider Orts.
Wenn der Ball wieder rollt, dann war das in der Vergangenheit häufig ein untrügerisches Zeichen dafür, dass sich der Skiwinter dem Ende zuneigt und sich das Interesse der Sportfans von den Skipisten auf die Strafräume richtet. Diesmal wird der Doppelpass zwischen Weltcup und Fussballmeisterschaft wohl noch etwas länger gepflegt werden. Wenn am Wochenende in den Skinationen Schweiz und Österreich die Frühjahrsmeisterschaft angepfiffen wird, hat für die Rennläufer gerade einmal die zweite Halbzeit des Winters begonnen.
Die Männer beehren in diesen Tagen nach jahrelanger Absenz wieder einmal Asien. Erst werden in Jeongseon (Südkorea) mit einer Abfahrt und einem Super-G die Olympia-Pisten von 2018 eingeweiht und getestet, danach übersiedelt der Weltcup-Tross nach Japan. Die Frauen wiederum sind am Wochenende in Garmisch im Einsatz.
Vorentscheidungen im Kampf um die Kristallkugeln sind weder da noch dort gefallen, einige Trends lassen sich aber bereits ablesen.
Das Duell I: Norwegen gegen Marcel Hirscher
So lässt sich der bisherige Winter bei den Herren beschreiben. Auf dem Weg zum fünften Gesamtweltcupsieg in Serie bekommt es der Österreicher mit einer norwegischen Übermacht zu tun, österreichische Medien sprechen vom «Elchtest», den Hirscher heuer bestehen müsse.
» Und vorne im ersten Anfahrtstraining von Südkorea? Natürlich ein Norweger
Das kleine norwegische Team hat immerhin 16 der bisherigen 25 Saisonrennen gewonnen: Erst lieferte sich Hirscher ein Duell mit Aksel Lund Svindal, nach dessen Verletzung ist es nun der fünffache Saisonsieger Henrik Kristoffersen, der sich mit seiner Siegesserie im Slalom (6 von 7 Rennen gewonnen) bis auf 98 Punkte an Weltcupleader Hirscher herangepirscht hat.
«Wenn ich mich gegen ihn durchsetzen will, dann brauche ich eine dritte Disziplin», weiss der Salzburger, der deshalb in Südkorea den Super-G in Angriff nehmen wird, während Kristoffersen erst wieder in Japan (Slalom, Riesentorlauf) in den Weltcup zurückkehrt.
Prognosen für den Ausgang im Weltcup lassen sich derzeit fast nicht stellen: Erstens stehen immer noch 19 Rennen aus, und zweitens weiss man in diesem turbulenten Winter wirklich nicht, wer nicht alles noch im Operationssaal landet (siehe Verletzungsteufel).
Das Duell II: Vonn gegen Gut
Darum dreht sich alles im Frauen-Weltcup, in dem sich die beiden Konkurrentinnen nichts schenken und sich auch in nichts nachstehen. Gerade einmal 45 Zähler trennen die beiden nach 23 von 41 Saisonrennen, und trotzdem ist die aktuelle Leaderin Vonn leicht zu favorisieren.
Zum einen, weil sie bereits vier Mal (2007/08, 2008/09, 2009/10, 2011/12) die grosse Kristallkugel gewinnen konnte, zum anderen, weil das Restprogramm eher für die US-Amerikanerin spricht. Es stehen immerhin noch neun Speed-Bewerbe auf dem Programm (vier Abfahrten, fünf Super-G), und in diesen Rennen fährt Vonn bislang in einer eigenen Liga. Die 31-Jährige hat vier von fünf Abfahrten gewonnen und war im Super-G bislang unschlagbar.
Wenn Lindsey Vonn eine kleine Schwäche hat, dann ist es möglicherweise der Riesenslalom. Die Amerikanerin hat zwar auch in dieser Disziplin schon einen Saisonsieg gefeiert, die konstantere Riesentorläuferin ist allerdings Lara Gut (zwei Siege).
Umso schmerzhafter waren für die Tessinerin die letzten beiden Riesentorläufe, in denen sie es versäumte, Punkte auf Lindsey Vonn gutzumachen und die US-Amerikanerin unter Druck zu setzen. In Flachau musste sich Gut mit Rang 19 begnügen, zuletzt in Marburg kam die 24-Jährige – wie auch Vonn – nicht ins Ziel.
Der Verletzungsteufel
Aksel Lund Svindal, Ted Ligety, Anna Fenninger, Giuliano Razzoli, Matthias Mayer, Julia Mancuso, Patrick Küng, Max Franz, Georg Streitberger, Dustin Cook, Nicole Schmidhofer, Josef Ferstl – die Liste der Skistars, die wegen Knieverletzungen vorzeitig den Winter beenden mussten, ist lang und beileibe nicht vollständig.
Langsam, aber sicher gehen dem Weltcup die Stars aus, das macht vor allem eine Statistik deutlich: Von den amtierenden Olympiasiegern (Sotschi 2014) und Weltmeistern (Vail/Beaver Creek 2015) sind im Moment nur mehr vier dabei: Marcel Hirscher, Kjetil Jansrud, Hannes Reichelt und Jean Baptiste Grange. Der Rest der Champions ist verletzt, hat die Karriere beendet (unter anderen Dominique Gisin) oder sich eine Auszeit genommen (Tina Maze).
Für Christian Hoser, auf dessen Operationstisch in der Privatklinik Hochrum bei Innsbruck zum Beispiel Fenninger und Svindal lagen, ist der Kreuzbandriss «mittlerweile die häufigste Verletzung, die wir im Skisport sehen». Trotzdem sieht der Chirurg keinen Grund zur Panikmache: «Wahrscheinlich wird die Anzahl der schweren Knieverletzungen am Ende der Saison nur unwesentlich höher sein als in den vergangenen Wintern. Der grosse Unterschied ist der, dass es diesmal viele prominente Läufer erwischt hat.»
Der Stehaufmann
«Was wäre, wenn» – dieser Satz war zuletzt in den Zielräumen von Kitzbühel und Garmisch häufig zu hören. Was wäre wohl, wenn Beat Feuz in seiner Karriere nicht so oft verletzt gewesen wäre? Dann würde Feuz wohl den Ton angeben auf den Abfahrtspisten.
Neue Erfahrung: Der Zielraum im südkoreanischen Jeongseon, dem alpinen Skizentrum der Winterspiele 2018 in Jeongseon. (Bild: Keystone/MARK SCHIEFELBEIN)
Dass der 28-Jährige zu den begnadetsten Skifahrern gehört, die der Weltcup je gesehen hat, beweist Feuz regelmässig in den – leider viel zu kurzen – Phasen, in denen er sich gerade nicht im Krankenstand befindet.
Keine zwei Wochen nach seinem Comeback nach einer Achillessehnen-Verletzung raste der Speedspezialist bei der Hahnenkammabfahrt in Kitzbühel auf Rang zwei und bestätigte diese aussergewöhnliche Leistung darauf mit dem dritten Platz in Garmisch-Partenkirchen.
«Damit hätte ich nie gerechnet», musste Feuz selbst über sich staunen. «Vor dem Beat kann man nur den Hut ziehen», ist auch der Österreicher Hannes Reichelt verblüfft. Was die Podestplätze von Feuz noch bemerkenswerter macht: Sowohl Kitzbühel als auch Garmisch waren für die Abfahrer wegen der unruhigen Piste und der schwierigen Sichtverhältnisse echte Mutproben.
Das komplette Weltcup-Programm. | ||||
Das alpine Weltcup-Programm | ||||
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Datum |
Disziplin |
Austragungsort |
SiegerIn |
Nation |
MÄNNER |
||||
25.10. | Riesenslalom | Sölden | Ligety | USA |
28.11. | Abfahrt | Lake Louise | Svindal | NOR |
29.11. | Super-G | Lake Louise | Svindal | NOR |
4.12. | Abfahrt | Beaver Creek | Svindal | NOR |
5.12. | Super-G | Beaver Creek | Hirscher | AUT |
6.12. | Riesenslalom | Beaver Creek | Hirscher | AUT |
12.12. | Riesenslalom | Val d’Isere | Hirscher | AUT |
13.12. | Slalom | Val d’Isere | Kristoffersen | NOR |
18.12. | Super-G | Gröden | Svindal | NOR |
19.12 | Abfahrt | Gröden | Svindal | NOR |
20.12. | Riesenslalom | Alta Badia | Hirscher | AUT |
21.12. | Parallel-Riesenslalom | Alta Badia | Jansrud | NOR |
22.12. | Slalom | Madonna di Campiglio | Kristoffersen | NOR |
29.12. | Abfahrt | Santa Caterina | Théaux | FRA |
6.1. | Slalom | Santa Caterina (Ersatzrennen für Zagreb) |
Hirscher | AUT |
9.1. | Riesenslalom | Adelboden | abgesagt | |
10.1. | Slalom | Adelboden | Kristoffersen | NOR |
15.1. | Kombination | Wengen | Jansrud | NOR |
16.1. | Abfahrt | Wengen | Svindal | NOR |
17.1. | Slalom | Wengen | Kristoffersen | NOR |
22.1. | Super-G | Kitzbühel | Svindal | NOR |
22.1. | Kombination | Kitzbühel | Pinturault | FRA |
23.1. | Abfahrt | Kitzbühel | Fill | ITA |
24.1. | Slalom | Kitzbühel | Kristoffersen | NOR |
26.1. | Slalom | Schladming | Kristoffersen | NOR |
30.1. | Abfahrt | Garmisch-Partenkirchen | Kilde | NOR |
31.1. | Riesenslalom | Garmisch-Partenkirchen | abgesagt | |
6.2. | Abfahrt | Jeongseon/Südkorea | ||
7.2. | Super-G | Jeongseon/Südkorea | ||
13.2. | Riesenslalom | Naeba/Japan | ||
14.2. | Slalom | Naeba/Japan | ||
FRAUEN |
||||
24.10. | Riesenslalom | Sölden | Brignone | ITA |
27.11. | Riesenslalom | Aspen | Gut | SUI |
28.11. | Slalom | Aspen (Ersatzrennen für Levi) |
Shiffrin | USA |
29.11. | Slalom | Aspen | Shiffrin | USA |
4.12. | Abfahrt | Lake Louise | Vonn | USA |
5.12. | Abfahrt | Lake Louise | Vonn | USA |
6.12. | Super-G | Lake Louise | Vonn | USA |
12.12. | Riesenslalom | Åre | Vonn | USA |
13.12. | Slalom | Åre | Vlhova | SVK |
18.12. | Kombination | Val d’Isère | Gut | CH |
19.12. | Abfahrt | Val d’Isère | Gut | SUI |
20.12. | Riesenslalom | Courchevel | Brem | AUT |
28.12. | Riesenslalom | Lienz | Gut | SUI |
5.1. | Slalom | Santa Caterina (Ersatzrennen für Zagreb) |
Löseth | NOR |
9.1. | Abfahrt | Zauchensee (Ersatzrennen für St. Anton) |
Vonn | USA |
10.1. | Super-G | Zauchensee (Ersatzrennen für St. Anton) |
Vonn | USA |
12.1. | Slalom | Flachau | Velez-Zuzulová | SVK |
15.1. | Slalom | Flachau (Ersatzrennen für Ofterschwang) |
Velez-Zuzulová | SVK |
17.1. | Riesenslalom | Flachau (Ersatzrennen Ofterschwang) |
Rebensburg | GER |
23.1. | Abfahrt | Cortina d’Ampezzo | Vonn | USA |
24.1. | Abfahrt | Cortina d’Ampezzo | Vonn | USA |
30.1. | Riesenslalom | Maribor | Rebensburg | GER |
31.1. | Slalom | Maribor | abgebrochen | |
6.2. | Abfahrt | Garmisch-Partenkirchen | ||
7.2. | Super-G | Garmisch-Partenkirchen | ||
13.2. | Abfahrt | Crans-Montana | ||