Im EM-Qualifikationsspiel Deutschland – Irland richten sich zumindest auf irischer Seite alle Augen auf Robbie Keane. Der 34-Jährige, der gegen Gibraltar zuletzt den schnellsten Hattrick in der Geschichte der EM-Qualifikation erzielte, steht vor seinem 100. Spiel im irischen Trikot.
Robbie Keane ist immer noch eine grosse Nummer. Der Scharfschütze, der Deutschland bereits vor über zwölf Jahren bei der WM in Japan und Südkorea mit seinem 1:1-Ausgleichstreffer in der Nachspielzeit mächtig ärgerte, schiesst immer noch gerne Tore. Drei waren es beim 7:0 Irlands gegen Fussballzwerg Gibraltar. In nur 13 Minuten erzielte der 34-Jährige den schnellsten Hattrick in der Geschichte der EM-Qualifikation. Mit seinen nun 21 Toren in den kontinentalen Ausscheidungsspielen löschte er zugleich die Bestmarke des früheren Türken-Star Hakan Sükür. Und mit insgesamt 65 Länderspieltoren kletterte Keane gar auf den zwölften Platz in der Liste der internationalen Rekordtorjäger, womit er nur noch drei Treffer von Gerd Müller und sechs von Miroslav Klose entfernt ist. Da trifft es sich gut, dass Keane am Dienstag (20.45 Uhr) mit den Iren beim Weltmeister Deutschland in Gelsenkirchen mal wieder vorstellig wird.
Keane ist der Mann für die Rekordbücher. Das grössere Interesse fand in den letzten Tagen in Irland aber ein anderes Buch. Die zweite Autobiographie von Robbie Keanes Namensvetter Roy mit dem Titel «The second Half» hatte noch genügend Stoff, um die Seiten der Blätter zu füllen. Das sorgte auch für Wirbel bei der Auswahlmannschaft, da der eigentliche Job des «Schriftstellers» Keane der des Co-Trainers von Martin O’Neill bei der irischen Nationalmannschaft ist.
Absatztechnisch war die Veröffentlichung jedenfalls geschickt gewählt. Mit einem monströsen Vollbart präsentierte sich das frühere Raubein von Manchester United der Öffentlichkeit und berichtete in seinem Werk von einer handfesten Auseinandersetzung mit Star-Torwart Peter Schmeichel oder einem lächerlichen Disput mit Wayne Rooney wegen einer Fernsehbedienung. Vor allem aber sorgte Keanes Sicht der Dinge über den Bruch mit Trainerlegende Sir Alex Ferguson für Schlagzeilen. Keane war schliesslich jahrelang der verlängerte Arm von Ferguson auf den Platz, ehe er 2005 Hals über Kopf nach zwölf Jahren Old Trafford verliess.
O’Neill mässig begeistert
O’Neill war weniger begeistert über das Werk, schliesslich waren seine Auslassungen zum Gibraltar-Spiel kaum von Belang. «Nur gut, dass wir in dieser Weise das Spiel gewonnen haben. Sonst wäre alles auf das Buch zurückgeführt worden», sagte der Nordire, der Keane selbst als seinen Assistenten ausgesucht hatte. Die Forderungen, er solle sich doch einen ruhigeren «Co» suchen, liess O’Neill links liegen. Seit dem 5. November vergangenen Jahres trägt das Duo die Verantwortung beim irischen Team. Eine Zeit, die nach dem schmachvollen Scheitern in der WM-Qualifikation unter «Maestro» Giovanni Trapattoni von vielen Testspielen bestimmt waren.
Erst im September wurde es ernst. Mit dem 2:1 in Georgien und dem 7:0 gegen Gibraltar erfüllten die «Boys in Green» aber ihre Pflicht. Nun also Deutschland, der Weltmeister. «Mir war wichtig, dass wir mit sechs Punkten nach Deutschland fahren. Es geht nicht darum, Schadensbegrenzung zu betreiben. Das würde nur zum Unvermeidlichen führen. Wir haben einige Angriffsoptionen und wollen die Deutschen vor Probleme stellen», sagt O’Neill, der einst fünf Jahre erfolgreich bei Celtic Glasgow gearbeitet hatte. Auch wenn für ihn die DFB-Auswahl der sichere Gruppensieger ist, hat er die Punkte keineswegs abgeschrieben.
Zuerst muss er seinen Jungs aber die bösen Erinnerungen von den letzten beiden Aufeinandertreffen mit Deutschland austreiben. 1:6 und 0:3 verloren die Iren in der vergangenen WM-Qualifikation und verpassten damit die Endrunde in Brasilien als Gruppenvierter. «Das war eine andere Situation. Wir sind jetzt weiter und fahren mit viel Selbstvertrauen nach Deutschland», betont Robbie Keane. Inzwischen besteht auch wieder die Hoffnung, sich nach 1988 und 2012 zum dritten Mal für die EURO zu qualifizieren, zumal durch die Aufstockung des Teilnehmerfeldes auf 24 Mannschaften sogar der Dritte noch Chancen hat. O’Neill hat für dieses Unterfangen einen Kader beisammen, der grösstenteils sein Geld in der englischen Premier League verdient, wenngleich viele nur als Ergänzungsspieler fungieren.
Karriereabend in L.A.
Der Star des Teams ist weiterhin Robbie Keane. Der Torjäger, der seine Karriere in Amerika bei Los Angeles Galaxy ausklingen lässt, ist allerdings in die Jahre gekommen. Gut möglich, dass er in Gelsenkirchen durch Shane Long ersetzt wird. Keane hat sich damit abgefunden. «Wenn es der Mannschaft hilft, ist es in Ordnung. Ich bin älter und weiser geworden. In jungen Jahren bist du hungriger und egoistischer. Heute denkst du mehr an das Team», sagt Keane. Seine beste Zeit hat auch John O’Shea hinter sich, gegen Deutschland steht der frühere Innenverteidiger von Manchester United aber vor einem besonderen Spiel, seinem 100. im irischen Trikot.
In Pflichtspielen hat Irland die deutsche Mannschaft noch nie besiegen können. Das wird die stimmgewaltige irische Fangemeinde aber kaum von der Reise nach Gelsenkirchen abhalten, wo das Team 1988 nebenan im alten Parkstadion bei der ersten Endrunden-Teilnahme überhaupt beim 0:1 gegen den späteren Champion Niederlande so unglücklich in der EM-Vorrunde ausschied. Geht es nach Roy Keane, ist es an der Zeit, dass die Mannschaft wieder für sportliche Schlagzeilen sorgt. Er selbst will dazu offenbar beitragen und zukünftig weniger im Fokus stehen. Den Anfang hat er bereits gemacht. Seinen Vollbart hat er abrasiert und zumindest diese Diskussionen in den Klatschblättern beendet.