Mit einem beeindruckenden 6:3, 6:4, 6:7, 6:3 im Viertelfinal der Australian Open gegen Andy Murray erreicht Roger Federer die Runde der letzten Vier. Da steht seit Dienstag auch Stanislas Wawrinka: eine Schweizer Premiere.
Die zahlenden Zuschauer dürften dankbar gewesen sein, dass die Spannung zumindest ein paar mal aufgebaut wurde in der Viertelfinalpartie der Australian Open, die Roger Federer gegen den Schotten Andy Murray mit 6:3, 6:4, 6:7, 6:3 gewann.
Zum letzten Mal, als Murray im vierten Satz beim Stand von 3:5 aus seiner Sicht in Federers Aufschlagsspiel mit 30:0 führte, das Game, den Satz und den Match schliesslich aber doch dem Schweizer überlassen musste. Mit einem Ass beendete Federer die Partie, die sein 41. Grand-Slam-Viertelfinal war, ein Rekord, den er gemeinsam mit Jimmy Connors hält.
Überzeugende Leistung, insbesondere am Netz
Murray schaffte zum Schluss das nicht mehr, was ihm zuvor zweimal gelungen war: Im dritten Satz mogelte sich der Weltranglistenvierte zum ersten Mal aus der Entscheidung, als Federer bei 5:4 zum Match servierte und er das Break schaffte; zum zweiten Mal, als der Schweizer im Tiebreak desselben Satzes zwei Matchbälle hatte und diesen später Murray überlassen musste. «Ich hätte mich niemals in einem vierten Satz wiederfinden dürfen» ärgert sich Federer, allerdings mit der gebührenden Gelassenheit des Siegers.
Abgesehen von den genannten Momenten zeigte Federer eine überzeugende Leistung, was auch damit zu tun hat, dass «ich mehr Vertrauen in mich habe als letztes Jahr»: Federer schloss rund einen Drittel der von ihm gewonnen Ballwechsel am Netz ab, entschied 78 Prozent der Punkte nach erstem Aufschlag für sich und schlug 54 Winner. Die Reaktion Murrays beschränkte sich meistens auf verbale Ausbrüche in bester schottischer Pub-Manier. Nach einer Rückenoperation, die ihn zu vier Monaten Pause zwang, hat er die Form der letzten Saison noch nicht.
Einziger Wermutstropfen für Federer: Für 4 Breaks brauchte er 17 Anläufe; eine Quote, die in Satz eins und zwei noch bei 100 Prozent lag. «Ich verpasse wohl mehr Breakbälle als andere Jungs», gesteht Federer beim Platzinterview Jim Courier, dass eine seiner einstigen Stärken nicht mehr in gleichen Ausmass vorhanden ist.
Halbfinal: Duell Nummer 33 gegen den spanischen Dauerrivalen
Der Schweizer steht am ersten Grand-Slam-Turnier des Jahres da, wo er bereits letztes Jahr stand und damals gegen Murray noch den Kürzen zog: im Halbfinal, zum elften Mal in Folge, ein weiterer Rekord für den 17-fachen Grand-Slam-Sieger (siehe Grafik am Ende des Textes).
Dort trifft er am Freitag auf Rafael Nadal, der sich vor Federers Partie gegen Grigor Dimitrov für die Halbfinals qualifizierte. Der Spanier, der sich ohne in Schieflage zu geraten durch die ersten Runden gespielt hatte, gab gegen den ähnlich wie Federer spielenden Bulgaren zum ersten Mal einen Satz ab – und spürte dabei die Folgen seiner physischen Spielweise.
„The blister is not going to make me win or loss“ said @RafaelNadal at his presser. But it looks awful to play pic.twitter.com/AHhIqYCNMC
— B1PR (@b1pr) 22. Januar 2014
Bereits in der Runde zuvor war der Japaner Kei Nishikori ein wahrer Prüfstein gewesen, Nadal setzte sich aber in drei knappen Sätzen durch. Der bisherige Turnierverlauf spricht eher für Federer, der mit neuem Schlägermaterial und Stefan Edberg als zusätzlichem Coach in Australian zu alter Stärke zurückzufinden scheint.
Letzter Sieg 2007
Allerdings spricht die Vergangenheit eine deutliche Sprache zugunsten des spanischen Weltranglistenersten, der lange Zeit verletzt gewesen war und letzte Saison auf den Tennisthron zurückgekehrt ist: Federer liegt im Head-to-Head mit 10:22 zurück, verlor die letzten vier Partien – und der letzte Sieg gegen seinen Dauerrivalen an einem Grand-Slam-Turnier liegt knapp sieben Jahre zurück, als er den damals noch in kurzärmligem Hemd spielenden Nadal im Final von Wimbledon besiegte.
Die Highlight des Wimbledon-Finals von 2007 (Quelle: Youtube)
Halbfinals in Schweizer Hand
Unabhängig davon, ob sich Federer zum ersten Mal seit 2012 in Wimbledon wieder für einen Grand-Slam-Final qualifiziert, schon jetzt steht fest, dass das Australian Open 2014 in die hiesige Tennisgeschichte eingehen wird: Neben der Weltnummer 6 steht mit Stanislas Wawrinka (ATP 8) auch der zweite Schweizer in den Halbfinals. Somit stellt die Schweiz zum ersten Mal zwei der letzten Vier bei einem Grand-Slam – es ist nach den ATP-Finals das zweite grosse Turnier, das zumindest in der vorletzten Runde in Schweizer Hand ist.
Sollten sich gar beide für den Final vom Sonntag qualifizieren, wäre die Schweiz die achte Nation, die beide Spieler in einem Grand-Slam-Endspiel stellt: nach Australien, den USA, Schweden, Tschechoslowakei, Deutschland, Spanien und Argentinien.
Die Chancen des Romands, dessen erstes Endspiel auf höchster Turnierstufe es wäre, stehen leicht besser als diejenigen Federers. Wawrinka spielt am Donnerstag gegen den Tschechen Tomas Berdych, gegen den er mit 8:5 führt und dabei sechs der letzten sieben Partien für sich entschied.