In der brütendenden Hitze von Wimbledon halten sich die Schweizer am Donnerstag schadlos – sowohl Roger Federer als auch Timea Bacsinszky erreichen die dritte Runde locker. Bacsinszky muss sich vor der nächsten Runde allerdings warm anziehen, derweil sich Federer noch ein wenig über seinen gelungenen Kunstschlag freuen darf.
Roger Federer hatte es ja in den letzten Tagen immer wieder betont: Wie gut vorbereitet er sich fühlte auf dieses Wimbledon des Jahres 2015, wie gut ihm die verlängerte Rasensaison tat, wie viel Tennis er schon vor dem Grand Slam-Höhepunkt auf Rasen gespielt hatte – und wie sehr er von der harten Turnierwoche im deutschen Halle profitierte. Wer Federer nun am Donnerstag erlebte, dem vierten Tag der Major-Wettkämpfe an der Church Road, der sah genau den Federer, den Federer beschrieben hatte: in starker Form. Selbstsicher, souverän, voller Kraft und Energie. Drahtig, beweglich, stets konzentriert. Und durch das Turnier-Vorspiel bei den Gerry Weber Open auch schon auf so manche Aufgabe hier im All England Club eingestellt, etwa auch die gegen den Gewaltaufschläger Sam Querrey (USA) auf dem Centre Court.
«Die Erleichterung, dass man die Leistung in Wimbledon auf den Platz bringt, ist immer gross.»
Roger Federer
«Ich wusste, dass ich gut drauf bin. Dass meine Schläge stimmten, die Fitness da war. Aber die Erleichterung, dass man das dann alles auch in Wimbledon auf den Platz bringt, ist trotzdem immer gross», sagte Federer nach seinem atemberaubend schnellen 6:4, 6:2, 6:2-Sieg gegen den amerikanischen Puncher. Genau wie zuletzt im Nervenspiel vieler gewonnener Tiebreaks auf dem Weg zum achten Turniersieg in Ostwestfalen, behielt Federer auch gegen «Uncle Sam» die Ruhe, liess sich durch die anfänglich in sein Feld geballerten Aufschlaghämmer nicht irritieren – und schlug zurück, als es wichtig wurde.
Wieder gelingt Federer eine Zaubereinlage
Binnen zehn Minuten holte sich der Maestro das Break zum 5:4 im Auftaktdurchgang, dann mit 6:4 den ersten Satz und schliesslich auch noch eine rasche 2:0-Führung im nächsten Akt. Danach war alles weitere nur noch ein Kinderspiel für Federer, der sich auch wieder mit einem Traumschlag verewigte, mit einem zwischen den Beinen geschlagenen Ball, der als Lob über den Hünen Querrey hinwegsegelte. «Es ist immer schön, wenn einem so ein Zauberding gelingt. Aber du musst anschliessend auch den Punkt machen, sonst stehst du blöd da», sagte Federer. Den Punkt, übrigens, den machte er auch. Wie so viele andere gegen den überforderten Amerikaner, der am Ende eher hilflos die Seiten hin- und herwechselte.
Der Zauberschlag Federers zum geniessen:
Nur 86 Minuten brauchte Federer schliesslich für den 75. Wimbledonsieg in persönlich 17 Turnierjahren, den seine Eltern Robert und Lynette genüsslich aus der Royal Box heraus verfolgten. Am Samstag erwartet Federer ein Gegner von ähnlichem Zuschnitt wie Querrey, der Australier Sam Groth, der mit 263 Stundenkilometern den Weltrekord für den schnellsten Aufschlag hält. Groth, die Nummer 69 der Weltrangliste, steht in diesem Jahr erstmals in der dritten Wimbledon-Runde, siegte am Donnerstag gegen seinen Landsmann James Duckworth.
«Auch gegen Groth gilt: Geduld haben. Auf die wenigen Chancen warten, die sich einem bieten. Im richtigen Moment hellwach sein», sagte Federer, der sich viel früher als erwartet wieder aufmachen konnte zu seiner Frau Mirka und den Kindern ins angemietete Haus nahe der Anlage, «ich freue mich immer, wenn ich früh Feierabend habe.»
Auch Timea Bacsinszky weiter
Auch Timea Bacsinszky rückte nach einem spielerisch leichten 6:2, 6:1-Sieg gegen die Spanierin Silvia Soler-Espinosa in die dritte Wimbledon-Runde vor. Die French Open-Halbfinalistin trifft nun auf die Rasenexpertin Sabine Lisicki (De), die vor zwei Jahren im Wimbledon-Endspiel gestanden und gegen Marion Bartoli verloren hatte. «Das wird sicher eine viel schwerere Aufgabe, da muss ich ans Limit gehen», sagte Bacsinszky. Lisicki erreichte bei ihren letzten fünf Wimbledon-Gastspielen mindestens jeweils das Viertelfinale.