Sambia mit YB-Stürmer Mayuka ist zum ersten Mal Afrika-Meister. Im Elfmeterschiessen unterlag die Elfenbeinküste im Final von Libreville in Gabun mit 7:8. Tragische Figur war Superstar Didier Drogba.
Bis vor ein paar Tagen ist Hervé Renard selbst in der Fussballszene nicht manchem bekannt gewesen. Nun hat der Franzose aus Aix-les Bains sich und die sambische Nationalmannschaft unsterblich gemacht. Als Aussenseiter in die 28. Afrikameisterschaft gestartet und als Underdog in den Final gegen die Elfenbeinküste eingezogen, schaffte Sambia die grosse Überraschung und gewann das Kontinentalturnier zum ersten Mal.
Renard, einst Profi in Cannes, hat als Trainer nur kleine Mannschaften trainiert und arbeitet seit 2008 in Afrika. Während des Turniers hat er seinem Namen Ehre gemacht und sich auch im Endspiel als Trainerfuchs erwiesen. «Wir hatten nicht den Druck wie andere und sind deshalb lange nicht ernst genommen worden», hatte sich der 43-Jährige mit der Aura eines Filmschauspielers den Einzug ins Endspiel erklärt.
Vor 32‘000 Zuschauern im Stadion der Freundschaft von Libreville in Gabun und unter den Augen der Haute-Volée – von Pelé bis Blatter war alles vertreten – spielte die No-Name-Truppe erneut unerschrocken und setzte gegen die offensichtlich unter der riesigen Erwartungshaltung leidenden Ivorer immer wieder Nadelstiche.
Elfenbeinküste ohne Gegentor
Dass die sambischen Nationalspieler ihr Geld ausschliesslich in unbedeutenden Ligen verdienen, grösstenteils in Südafrika beschäftigt sind, im Kongo, in Sambia, einer in Russland, einer in China und einer in der Schweiz, liessen sie sich nicht anmerken gegen ein Starensemble, dass seine Kräfte grösstenteils aus der Premier League (Manchester City, Chelsea, Arsenal, Newcastle) oder Frankreich (PSG), der Türkei und Belgien zusammentrommelt.
Für Sambia vergab Chris Katongo, der zum besten Spieler dieses Turniers gewählt wurde, die beste Torchance in der fünften Minute der Verlängerung. Der Schuss des ehemaligen Bundesligaprofis von Arminia Bielefeld, der jetzt für Henan Construction in China spielt, wurde durch den starken ivorischen Keeper Boubacar Barry an den Pfosten gelenkt. Dass Barry während des gesamten Turniers ohne Gegentreffer blieb, dürfte ihm am Ende wenig Trost sein.
Drogbas Nervenschwäche
Den ersten qualvollen Moment erlebte die Elfenbeinküste in der 70. Minute. Nach einem Schubser von Isaac Chansa an Gervinho schoss Didier Drogba den Ball hoch über das Tor. Schon im Viertelfinale gegen Co-Gastgeber Äquatorialguinea hatte er vom Punkt aus vergeben. Drogba, der 34-jährige Superstar, der in den Reihen des FC Chelsea schwierige Zeiten durchmacht, war schon vor sechs Jahren die tragische Figur gewesen, als er im Penaltyschiessen des Endspiels vergab. Im Tor des damaligen Afrika-Cup-Siegers Ägypten war übrigens jener El Hadary, der am Ursprung der bis zum heutigen Tag schwellenden Transferaffäre des FC Sion stand.
Nachdem die durchaus gehaltvollen 120 Minuten von Libreville trotz guter Chancen auf beiden Seiten torlos blieben, nutzte Drogba diesmal wenigstens die Gelegenheit, es im Elfmeterschiessen besser zu machen. Wie auch Emmanuel Mayuka von den Young Boys Bern traf er sicher vom Punkt. Das taten auch die ersten 14 Schützen. Dann schoss der grosse Kolo Touré nach einem unorthodoxen Anlauf Sambias Goalie Kennedy Mweene in die Arme; dessen Teamkollege Rainford Kalaba jedoch postwendend in den Abendhimmel von Gabun. Das gefiel Gervinho offenbar, denn er tat es ihm gleich. Somit entschied Stophira Sunzu, ein 22-Jähriger Verteidiger von TP Mazembe mit dem 18. Penalty dieses Turnier.
Erinnerung an Sambias Drama
Für Sambia ist dieser Titelgewinn nach zwei verlorenen Endspielen am Afrika Cup (1974 und 1994) nicht nur eine Premiere. Er ereignete sich auch noch an einem bedeutungsvollen Ort. Vor der Küste Gabuns kamen am 27. April 1993 18 Spieler, der Nationaltrainer und mehrere Verbandsfunktionäre bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. Die Mannschaft war auf dem Weg zu einem WM-Qualifikationsspiel in Senegal. Weil er beim PSV Eindhoven spielte, hatte Sambias grosser Fussballsohn Kalusha Bwalya eine andere Reiseroute. Am Sonntag sass der heute 48-jährige «Kalu», wie sie ihn nennen, auf der Tribüne – in der Funktion als Verbandspräsident.
Ebenfalls eine grosse Stürmerkarriere wird Emmanuel Mayuka vorhergesagt. Für etwas über eine Million Franken von Maccabi Tel Aviv zu den Young Boys gewechselt, soll sich Mayukas Marktwert mit drei Turniertoren in den letzten drei Wochen vervielfacht haben. Ob es dem 22-Jährigen rechtzeitig bis Donnerstag und dem Heimspiel der Berner gegen den FC Basel zurück in die Schweiz reicht, darf nach aller Erfahrung mit Afrika-Cup-Siegern – oder auch Verlierern – stark bezweifelt werden. Es wird einiges zu Feiern geben in Lusaka.
28. Afrika Cup in Äquatorialguinea und Gabun, Final:
Elfenbeinküste–Sambia 0:0; Sambia 8:7-Sieger im Penaltyschiessen
Stade d’Angondjé, Libreville, Gabun. – 32’000 Zuschauer. – SR Diatta (Sen). – Penaltyschiessen: Tioté 1:0, Christopher Katongo 1:1; Bony 2:1, Mayuka 2:2; Bamba 3:2, Chansa 3:3; Gradel 4:3, Felix Katongo 4:4; Drogba 5:4, Mweene 5:5; Tiené 6:5, Sinkala 6:6; Ya Konan 7:6, Lungu 7:7; Kolo Touré verschiesst (Mweene hält), Kalaba verschiesst; Gervinho verschiesst, Sunzu 7:8.
Elfenbeinküste: Barry; Gosso, Bamba, Kolo Touré, Tiéné; Zokora (75. Ya Konan), Tioté, Yaya Touré (87. Bony); Gervinho, Drogba, Kalou (63. Gradel).
Sambia: Mweene; Nkausu, Sunzu, Himonde, Musonda (12. Mulenga/74. Felix Katongo); Lungu, Chansa, Sinkala, Kalaba; Christopher Katongo, Mayuka.
Bemerkungen: 12. Musonda verletzt ausgeschieden. 69. Drogba verschiesst Penalty. 95. Christopher Katongo trifft den Pfosten.
Spiel um Platz 3: Ghana–Mali 0:2 (0:1). – Tore: 23. Diabeté 0:1. 80. Diabeté 0:2. – Bemerkungen: 64. Gelb-rote Karte gegen Vorsah (Ghana). Ghana mit Samuel Inkoom (ex FC Basel).