SC Freiburg: Der Verlust der Hausmacht

Die Trennung vom Sportdirektor ist weniger überraschend als der Zeitpunkt: Seit Wochen stand Dirk Dufner beim SC Freiburg intern unter Beschuss. Vorerst übernehmen zwei Vertrauensleute des Trainers die Arbeit.

«Der macht seinen Job, und ich mach' meinen», mit diesem Satz befeuerte Freiburgs Trainer Christian Streich (rechts) eine Personaldebatte über Sportdirektor Dirk Dufner (links), von dem sich der Sportclub nun getrennt hat. (Bild: Imago)

Die Trennung vom Sportdirektor ist weniger überraschend als der Zeitpunkt: Seit Wochen stand Dirk Dufner beim SC Freiburg intern unter Beschuss. Vorerst übernehmen zwei Vertrauensleute des Trainers die Arbeit.

Am Montag soll Dirk Dufner in Hannover gesichtet worden sein – einen Tag, nachdem der Freiburger Manager am Rande des Spiels in Stuttgart noch hatte verlautbaren lassen, er «gehe davon aus», dass er auch in der kommenden Saison beim SC arbeiten werde.

Man muss Dufner das Ablenkungsmanöver wohl nachsehen. Zumal der Verein zu diesem Zeitpunkt auch noch etwas brauchte, um zu verkünden, was sich intern seit Anfang des Jahres abgezeichnet hatte: Dass Dufner keine guten Karten für eine Weiterbeschäftigung über den Sommer hinaus haben würde. Und dass es einstweilen eine interne Nachfolgeregelung geben würde.

Tatsächlich ist die eilends herbeigeführte Trennung nun allerdings wohl damit zu erklären, dass Hannover 96 schnell einen Nachfolger für den geschassten Geschäftsführer Jörg Schmadtke – übrigens auch ein Ex-Freiburger – präsentieren will. 96-Präsident Martin Kind bestätigt den Kontakt mit Dufner, dieser habe «ganz gute Chancen», wie er der «Hannoverschen Allgemeinen» sagte, er sei aber nicht der einzige Kandidat. Noch diese Woche will Kind Vollzug melden.

Saier und Hartenbach kommissarisch sportliche Leiter

In Freiburg wurden mit der Bekanntmachung der Trennung von Dufner eine kommissarische Doppelspitze für den sportlichen Bereich berufen. Jochen Saier (35), ein Diplom-Sportökonom, leitet seit 2003 die Freiburger Fussballschule, die Nachwuchsquelle des Clubs, und Klemens Hartenbach (48) war Torwart beim Sportclub und arbeitet seit langem als Chefscout.

Beide sind fleissige, integre Menschen, die Trainer Christian Streich über alle Massen schätzt. Ob beide tatsächlich nur vorübergehend amtieren, bleibt abzuwarten. Beim SC setzt man traditionell gerne auf interne Lösungen. Schon einmal, nach dem Weggang von Andreas Rettig, übernahm mit Andreas Bornemann der damalige Leiter der Fussballschule den Managerposten bei den Profis.

Die Gräben im Verein

Derweil wird deutlich, dass die Gräben, die seit mehreren Monaten innerhalb des Vereins herrschten, nach Ansicht der Verantwortlichen nur durch den Weggang Dufners zugeschüttet werden können. Dufner sah die bereits feststehenden Abgänge von Jan Rosenthal (zu Frankfurt) und Max Kruse (Mönchenfladbach) sowie den drohenden Verlust von Daniel Caligiuri (Wolfsburg?), Julian Schuster (Bremen?) und Johannes Flum (Frankfurt?) als systemimmanent.

Genauso sieht es Vereinspräsident Fritz Keller: «Ich kann es keinem Spieler verübeln, wenn er dorthin geht, wo er das Fünf- oder Sechsfache verdient. Es war schon immer so, dass wir der Durchlauferhitzer sind. Wir sind ein Ausbildungsverein. Das ist eine Gesetzmäßigkeit – die tut manchmal weh.» Dufner, mit dem Keller ein enges Verhältnis pflegte, attestierte der Präsident zum Abschied «sechs Jahre ganz hervorragender Zusammenarbeit».

Im Schatten des charismatischen Trainers

Mit den Einnahmen wollte Dufner den Club auf ein höheres Level heben, zu Vereinen wie Mainz 05 aufschliessen, die in den vergangenen Jahren enteilt sind. Auch Gegner von Dufner räumen ein, dass die Abgänge der Spieler im Grunde nicht zu verhindern sind. Streich hingegen litt sichtbar unter der Situation. Er kennt die meisten noch aus der Zeit als Jugendtrainer und hat sie zu Bundesligaspielern gemacht, anderen Profis hat er einen Karriere-Neustart ermöglicht.

Für Dufner wiederum war es nicht leicht, im Schatten des charismatischen Cheftrainers zu arbeiten. Ihn dürfte zudem gewurmt haben, dass die Erfolge der jüngeren Vergangenheit fast ausschliesslich Streich zugeschrieben wurden. Er liess schon mal durchblicken, dass die Transferüberschüsse der vergangenen Jahre – allein bei Papiss Demba Cissé anno 2012 etwa zehn Millionen Euro – wohl nicht erzielt worden wären, wenn ein Schimpanse die Transfers ausgehandelt hätte.

«Der macht seinen Job, und ich mach‘ meinen»

Dufner, ein aus dem badischen Hausach im Kinzigtal stammender Jurist, war 2007 nach der Trennung von Langzeittrainer Volker Finke zum SC Freiburg gestossen. Zuvor hatte er beim VfB Stuttgart und bei 1860 München gearbeitet. Dufners Hausmacht in Freiburg war zuletzt überschaubar. Als die Kunde von den drohenden Abgängen einiger Leistungsträger durchdrang, wurde die Stimmung zwischen ihm und Trainer Christian Streich nicht besser. «Der macht seinen Job, und ich mach‘ meinen», hatte der Trainer vorige Woche über seinen Sportdirektor gesagt und damit Spekulationen ausgelöst.

Für die «Badische Zeitung» war das Verhältnis von Trainer und Sportdirektor zuletzt «einer harten Bewährungsprobe ausgesetzt». Weiter heisst es: «Kein Geheimnis ist, dass zuletzt Sand im Getriebe war. Zu unterschiedlich waren Charakter – und wohl auch die Einstellung – der beteiligten Personen.»

Noch am Sonntag, als der SC Freiburg nach dem Ausscheiden im DFB-Pokalhalbfinal in Stuttgart ein zweites Mal mit 1:2 unterlegen war, hatte Streich ein Zerwürfnis dementiert: «Wir sind gute Kollegen.» Dass sie privat sonderlich viel miteinander anfangen können, hatte nie einer von beiden behauptet. Zuletzt raunte es an anderen Stellen im Verein, es gelte «aufzuräumen». Das galt Dufner, dem einige vorwarfen, er sei im Club zu wenig präsent.

Freiburg kann sich wieder auf Fussball fokussieren

Die Chance, an anderer Stelle der Branche mehr Geld zu verdienen, hatte Dufner mehrfach. Anfragen von Eintracht Frankfurt und Werder Bremen schlug er nach kurzer Bedenkzeit jeweils aus. Mit Hannover könnte es nun anders laufen. Und dem SC Freiburg bietet sich die Gelegenheit, sich neu aufzustellen.

Nachdem die Personalie Dufner vom Eis ist, können sich die Südbadener wieder auf den Endspurt in der Bundesliga konzentieren, wo sie am Wochenende bei Bayern München antreten müssen und danach in zwei Heim- und einem Auswärtsspiel noch an der Verwirklichung eines zweiten Saisonziels zu arbeiten: einem Platz im Europacup. Das übliche Ziel haben die Freiburger bereits mit Singen und Pfeifen erreicht: nicht abzusteigen.

Das Restprogramm des SC Freiburg
Runde Datum Begegnung
31 Sa, 27.4., 15:30 Uhr Bayern München–SC Freiburg
32 So, 5.5., 15:30 Uhr SC Freiburg–FC Augsburg
33 Sa, 11.5., 15:30 Uhr Greuther Fürth–SC Freiburg
34 Sa, 18.5., 15:30 Uhr SC Freiburg–Schalke 04
 

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