350 Zuschauer wurden am Sonntag im Rhypark Zeugen der ersten Swiss Mixed Martial Arts Championships. Zu sehen waren Sportler, die sich nach beendetem Kampf besorgt um das Wohlergehen des Gegners erkundigten – aber auch ein Kämpfer mit Neonazi-Tattoos.
Als der Ringmoderator nach einem vierstündigen Kampfsport-Marathon den ersten Titelkampf ansagt, wird sein Tonfall erstmals ein wenig ernst. Mit langsamerem Redefluss wird den 350 Zuschauern klar gemacht, dass ihnen mit dem «Internationalen Schweizermeister» Titelkampf in der Kategorie bis 77 Kilogramm zwischen David Zawada des Team Agoge Düsseldorf und Luca Vitali des Stabile Team Milano ein Highlight des Tages bevorsteht.
Der Kampf beginnt ohne Hektik. Nach einem anfänglichen Abtasten geht Vitali mit Striker-Techniken in die Offensive, um kurzerhand durch einen Takedown Zawadas mit ihm am Boden zu landen. Nach jedem Versuch Vitalis, den Kampf im Stand fortzuführen, wiederholt sich dieses Muster, bei der Zawada stets in der Halfguard endet. Beinahe gelingt es Vitali, Zawada in einem Triangel-Griff festzuhalten. Zawada bringt sich allerdings in die Mount-Position kurz bevor die erste Runde zu Ende geht.
Erst Schläge, dann die Sorge um den Gegner
Die zweite Runde gestaltet sich deutlich explosiver. Zawada überwältigt Vitali sofort mit Faust- und Knieschlägen und drängt ihn an den Rand des Octagons. Als Vitalis Nase zu bluten beginnt und er nur noch auszuweichen versucht, wirft sein Trainer das Handtuch.
Mit dem Abbruch des Kampfes tritt sofortige Ernüchterung ein. Zawada, der Sekunden vorher auf Vitali einschlug, fasst die Schultern Vitalis und erkundigt sich besorgt nach seinem Wohlbefinden. Diese scheinbar widersprüchliche Szene gehört in den MMA zur Regel. Wie in den asiatischen Kampfsportarten, wird der gegenseitige Respekt in den MMA gross geschrieben.
Symbole aus der Neonazi-Szene
Eine solche Brüderlichkeit kann es allerdings nicht zwischen allen Kämpfern geben. Bei manchem Zuschauer für einen roten Kopf sorgt der Titelkampf in der Kategorie bis 93 Kilogramm zwischen Jérémy Flamènt der Wery Fighting Acadamy Rosenau und Michele Achille des Team Kongolo Lausanne.
Als Flamènt sein T-Shirt auszieht, offenbart sich dem Publikum sein mit Symbolen aus der Neonazi-Szene tätowierten Körper. Darunter befindet sich ein Reichsadler zwischen den Schulterblättern, über dem «White Power» steht. Sein Gegner Achille ist schwarz.
Die Nase blutet, der Zahnschutz fliegt
Nach viel Grappling in den ersten zwei Runden wird die letzte Runde im Stehen ausgeführt, bei der Achille mit vielen Aufwärtshaken treffen kann. Weil Flamènts Nase blutet und ihm sein Zahnschutz aus dem Mund fliegt, muss drei Mal Timeout gerufen werden. Nach drei vollen Runden wird Achille per einstimmigen Punktesieg zum Internationalen Schweizermeister erklärt.
Nach der Siegerehrung räumt Achille die Stärke seines Gegners ein: «Der Kampf war sehr hart und mein Gegner kämpfte sehr gut. Es kann bei einem Kampf aber immer nur einer gewinnen.» Die politische Profilierung seines Gegners mochte Achille nicht kommentieren: «Ich bin hier, um die Möglichkeit zu haben, meinen Sport auszuüben. Alles andere ist mir egal.»