«Schön, dass ich Pete Sampras in meiner Ecke habe»

Roger Federer fühlt sich «frisch und munter» und sagt über das neue Tennisjahr: «Ich werde ein Wörtchen mitreden.» Am Rande des Turniers in Dubai äussert sich der 32-Jährige zum Nomadentum als Profi, zum Familienzuwachs, zu Stefan Edberg und über Boris Becker. Beim Thema Davis Cup will er sich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen: «Es ist noch eine erhebliche Strecke.»

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Roger Federer fühlt sich «frisch und munter» und sagt über das neue Tennisjahr: «Ich werde ein Wörtchen mitreden.» Am Rande des Turniers in Dubai äussert sich der 32-Jährige zum Nomadentum als Profi, zum Familienzuwachs, zu Stefan Edberg und über Boris Becker. Beim Thema Davis Cup will er sich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen: «Es ist noch eine erhebliche Strecke.»

Roger Federer, wenn man derzeit auf die Weltrangliste schaut, wirkt das noch gewöhnungsbedürftig. Sie stehen auf Platz 8, Andy Murray auf Platz 7, Stan Wawrinka auf Platz 3.
Ich bin nicht auf diese Zahlen fixiert. Platz 5 oder Platz 7, das beschäftigt mich jetzt nicht so. Platz 1, wenn er in direkter Reichweite ist, schon. Mir geht es vor allem und vorrangig um Siege, um Titel, um meine Leistung auf dem Platz.

Und wie sehen Sie sich da in der Saison 2014?
Ich habe ein extrem gutes Gefühl. Die Situation ist viel besser als im letzten Jahr. Ich bin gesund, ich bin fit, ich fühle mich frisch und munter. Keine Verletzungssorgen, keine Zweifel. Ich bin bereit anzugreifen, weil ich spüre: Mein Toptennis kommt zurück.

Das schwierige Jahr 2013: Machen Sie das vor allem an den körperlichen Problemen fest?
Nicht nur. Aber die Verletzungen oder Schmerzen, die lassen dich einfach nicht frei aufspielen. Zuviele Gedanken lähmen dich dann, du hast einfach nicht den Kopf frei für das eigentliche Spiel. Es war eine komplizierte Saison, in der mir über lange Strecken der Rhythmus fehlte, die vertrauten Abläufe, diese eingeübte Routine, die sich über die Jahre entwickelt hatte.

epa04099086 Roger Federer of Switzerland returns the ball to Benjamin Becker of Germany  during their first round match of the Dubai Duty Free Tennis ATP Championships in Dubai, United Arab Emirates, 24 February 2014.  EPA/ALI HAIDER

Roger Federer beim Startspiel in Dubai: Keine Probleme mit Benjamin Becker, kein Problem mehr mit dem neuen Racket. (Bild: Keystone/Ali Haider) (Bild: Keystone/ALI HAIDER)

Der starke Endspurt hat bei Ihnen offenbar neue Energie und Selbstbewusstsein freigesetzt.
Diese Siege und guten Ergebnisse halfen enorm, um Schwung mitzunehmen. Bei der WM in London merkte ich schon, dass es aufwärts geht. In der Winterpause habe ich dann so gut und schmerzfrei trainiert, dass ich mir sicher war: Diese neue Spielzeit wird eine werden, wo ich ein Wörtchen mitrede.

Sich nach all den Jahren weiter Tag für Tag zu motivieren, fällt Ihnen also nicht schwer?
Natürlich gibt es Momente, in denen man sich nicht glücklich fühlt. Aber Tennis ist für mich immer noch mein gelebter Traum, ich habe wirklich noch keinen Tag erlebt, an dem ich mich zum Training hätte zwingen müssen, an dem meine Leidenschaft für diesen Sport irgendwie in Frage stand. So wird es auch bleiben, so lange ich Tennis spiele.

«Ich freue mich sehr auf den Familienzuwachs. Und wenn man mit Zwillingen begonnen hat, ist danach nichts mehr schwer.»

Dieses ewige Aus-dem Koffer-Leben macht Ihnen und der grösser werdenden Familie keine Probleme?
Wir sind es alle gewöhnt, dieses Nomadenleben. Man schlägt irgendwo die Zelte auf, spielt das Turnier, dann spielt man, wo das nächste Zelt aufgeschlagen wird. Das ist uns allen auf der Tour, den Spielern und den Familien, in Fleisch und Blut übergegangen. Wir haben natürlich auch unsere Annehmlichkeiten, wenn wir, die Federers, umherreisen, aber wir lieben es, in andere Länder zu gehen, andere Kulturen zu entdecken. Wir gehen mit sehr offenen Augen durch die Welt und geniessen das alles sehr.

Und doch, so sagen Sie, geniessen Sie auch sehr intensiv die Zeit, die Sie daheim mit der Familie verbringen?
Es ist besonders schön für die Kinder, mal längere Zeit an einem Ort zu verbringen. Und in der Schweiz haben wir dann unseren Spass am Schnee, am Skifahren, an der Zeit als Familie zusammen. Bald gibt es dann Familienzuwachs, ich freue mich unheimlich. Es wird keine Probleme geben. Wenn man mit Zwillingen begonnen hat, ist danach nichts mehr schwer (lacht).

Sie haben in Dubai schon oft, wie auch in Basel, während des Turniers im Hotel gewohnt. In diesem Jahr bleiben Sie aber in Ihrem Apartment.
Das wollte ich der Familie nicht zumuten. Wenn ich hier ins Hotel gezogen wäre, dann wäre mir das vorgekommen, als hätte ich Dubai verlassen. Nein, ich wohne daheim, bin aber im Turnier-Modus. Das ist ungewöhnlich, ist aber mit der nötigen Disziplin leicht zu schaffen.

Zurück zum Tennis: Sie haben im letzten Jahr oft mit dem neuen Schläger herumlaboriert, nicht immer sehr erfolgreich. Inzwischen benutzen Sie das Racket auf Dauer.
Und das Beste ist: Ich denke gar nicht mehr darüber nach. Ich spiele ganz selbstverständlich damit und überlege auch nicht mehr: Da müsste noch ein Detail verändert werden, dort noch ein bisschen Tuning betrieben werden. Nein, das ist jetzt Alltagsgeschäft geworden, und das ist gut so.

«Stefan Edberg ist im engeren Sinne nicht mein Trainer. Er ist ein Berater, ein Mentor.»

Diese ganze Welle von Trainerverpflichtungen, die ganzen Altstars wie Becker, Edberg, Chang oder Ivanisevic, die jetzt wieder in die Szene zurückkehrten: Hat Sie das überrascht?
Ziemlich. Das war so nicht absehbar. Wobei ich sagen muss: Am meisten überrascht mich, dass Stefan Edberg zugesagt hat, als ich ihn fragte, ob er zu meinem Team dazustossen wollte. Ich wusste ja, dass er ziemlich zurückgezogen in Schweden gelebt hatte und nicht oft in der Tennisszene zu sehen war. Allerdings war auch Beckers Einstieg bei Djokovic recht verblüffend, darauf hätte ich sicher keinen Cent gesetzt.

Nun fragen sich ja alle noch immer: Was können die Herren Edberg und Co. denn ihren neuen Chefs beibringen?
Stefan ist im engeren Sinne nicht mein Trainer. Er gehört nicht zu meinem Coachingteam. Er ist ein Berater, ein Mentor. Jemand, mit dem man bei einem Turnier Gespräche führt, die Lage analysiert, über einen Gegner generell spricht. Es ist ein höchst angenehmes Gefühl, einen wie ihn an der Seite zu haben. Wir kommen im März dann wieder in Indian Wells zusammen.

Pete Sampras hat zuletzt prophezeit, Sie würden noch weitere Grand Slams gewinnen und noch mehrere Jahre weiterspielen.
Schön, dass ich ihn in meiner Ecke habe. Er versteht ja ein bisschen was vom Tennis.

«Stanislas Wawrinka spielt jetzt bei den Grossen mit, er hat die Nerven und die Courage dazu.»

Wenn Sie jetzt, mit etwas Abstand, zu den Australian Open zurückblicken und damit zum Sieg von Stan Wawrinka – war das für Sie vorhersehbar?
Sagen wir so: Es war der Endpunkt einer starken Entwicklung von Stan, die im letzten Jahr noch mal so richtig Fahrt aufgenommen hatte. Man spürte: Er spielt jetzt bei den Grossen mit, er hat die Nerven und die Courage dazu, er macht jetzt die Big Points in den grossen Matches. Ich habe mich einfach wahnsinnig gefreut für ihn, es war hochverdient, dass er schliesslich mit dem Pokal dastand.

Sie haben Wawrinkas Karriere aus nächster Nähe mitverfolgt, fast so wie ein älterer Bruder.
Ich habe alles gesehen, oft mitgelitten. Er spielte Traumtennis, erlebte Rückschläge, legte wieder Supermatches hin, um wieder zurückzufallen. Es war eigentlich nur eine mentale Frage – eben den Glauben zu finden, dauerhaft mit den Topleuten mitspielen zu können. Das ging zuletzt sehr rasch, alles passte auf einmal zusammen. Wenn ich es jemandem gegönnt habe, dann ihm.

Während des Australian Open-Finales waren Sie ja auf dem Heimweg in die Schweiz, also auch abgeschnitten vom Nachrichtenfluss.
Nach der Landung daheim ging es irgendwie komplett durcheinander mit den Nachrichten: Stan führt, Nadal ist verletzt, Nadal könnte aufgeben, Nadal kommt zurück ins Spiel – das schwirrte durch die Luft. Als ich das alles sortiert hatte, war dann aber auch schon klar, dass Stan der Champion war. Da hab´ ich ihm dann gleich eine SMS geschrieben. Und wir sind auch die ganze Zeit seitdem in Kontakt geblieben.

Switzerland's team captain Severin Luthi, Stanislas Wawrinka and Roger Federer (L-R) celebrate after winning their Davis Cup world group first round against Serbia in Novi Sad February 1, 2014. REUTERS/Novak Djurovic (SERBIA - Tags: SPORT TENNIS)

Erstmal Kasachstan, dann schaut Roger Federer weiter: Hier mit Severin Lüthi und Stanislas Wawrinka beim Davis-Cup-Sieg in Novi Sad gegen Serbien. (Bild: Reuters/Novak Djurovic) (Bild: REUTERS/Novak Djurovic)

Körperlich scheint ihn das alles doch sehr beansprucht zu haben.
Ja, er braucht diese Ruhepause jetzt. Das Auftanken des Körpers. Diese Zeit, um das alles mal zu verarbeiten und sich dann wieder frisch aufzustellen für die nächsten Aufgaben. Es ist gut, dass er sich diese Zeit genommen hat.

Mit Wawrinka und Federer im Team, da rechnen nun viele in der Branche auch mit einem Schweizer Davis-Cup-Sieg.
Wir schauen nicht in die Ferne, sondern zum nächsten Spiel. Klar, gegen Kasachstan sind wir Favorit, da stehen wir in der Pflicht, das Match zu gewinnen. Aber bis zu einem Gesamterfolg wäre es noch eine erhebliche Strecke.

Bleiben Sie über das Viertelfinale hinaus im Team. Es dürfte ja schwerfallen, jetzt auszusteigen?
Jetzt wird erstmal das Match gegen Kasachstan gespielt, und dann sehen wir weiter. Ich bin froh, dass wir eine schlagkräftige Truppe haben. Auch Marco Chiudinelli und Michael Lammer gehören dazu, ihr Doppelsieg gegen Serbien war toll.

Artikelgeschichte

Das Gespräch wurde von unserem Autor am 23. Februar während einer Runde mit Journalisten am Rande des Turniers in Dubai aufgezeichnet und bearbeitet.

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