In Zürich werden die «Fifa Football Awards» vergeben, alles andere als eine Ehrung von Cristiano Ronaldo zum Weltfussballer wäre eine Überraschung. Mehr Spannung verspricht da die Diskussion nach der Gala: Am Dienstag debattiert der Fifa-Rat über einen neuen Modus für die Weltmeisterschaften.
Cristiano Ronaldo betreibt in diesen Januartagen eine Menge Aufwand, um seinen Platz im Zentrum des globalen Fussball-Interesses zu verteidigen. Am vorigen Freitag dokumentierte der Superstar seine Wut auf die vielen kritischen Journalisten, die seine Steuervermeidungstricks und sein Bedürfnis zur Selbstdarstellung kritisieren, indem er einen wütenden Fernschuss auf die Pressebox am Trainingsgelände von Real Madrid abfeuerte.
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Am Samstag präsentierte er sich vor dem 5:0 seines Klubs gegen den FC Granada mit seinen vier Ballon-d’Or-Trophäen, mit denen Jahr für Jahr die besten Spieler ausgezeichnet werden. Und am heutigen Montag wird er auch den neu geschaffenen «The Best Fifa Football Award» für den Weltfussballer des Jahres 2016 überreicht bekommen.
Der Verleihung fehlt die Spannung
Die Fifa hat nach Jahren der Kooperation mit «France Football», welche traditionell den Ballon d’Or vergibt, eine eigene Weltfussballer-Wahl geschaffen. Auf der üblichen glamourösen Gala, die vom Kongresshaus in die Studios des SRF auf dem Zürcher Messegelände verlegt wurden, werden sich die Berühmtheiten des Weltfussballs ohne Beteiligung des französischen Fussball-Magazins feiern lassen.
Ronaldos chancenlose Gegenkandidaten sind Lionel Messi und Antoine Griezmann.
Bei den Frauen zählt Olympia-Torschützenkönigin Melanie Behringer vom FC Bayern zu den drei Kandidatinnen, bei den Trainerinnen Silvia Neid. Doch irgendwie fehlt der Verleihung in diesem Jahr die Spannung. Zu sicher ist die Wahl Ronaldos, der mit Portugal Europameister und mit Real Madrid Champions-League-Sieger wurde. Und zu sehr überschattet ein anderes Thema die grosse Show der aufgestylten Damen und Herren vom Fussballrasen.
Mehr Nationen an der Fussball-WM?
Am Rande der Gala wird nämlich über einen neuen Modus für die Weltmeisterschaften diskutiert, bereits am Dienstagmorgen könnte der Fifa-Rat über eine Erweiterung des Teilnehmerfeldes von 32 auf 48 Teams entscheiden. Das wünscht sich jedenfalls Fifa-Präsident Gianni Infantino, der von einer «überwältigenden» Mehrheit spricht, die im obersten Gremium des Weltverbandes für eine solche Turnierform ab 2026 einstehe.
Aus den grossen Fussballnationen kommt zwar Kritik, Bayern Münchens Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge spricht von einem «falschen Signal», die Aufblähung des Teilnehmerfeldes beruhe alleine auf «politischen Gründen».
Sportliche Erwägungen würden ignoriert, erklärte Rummenigge gegenüber der «Sport-Bild». Und DFB-Präsident Reinhard Grindel warnt davor, die Revolution «mit der Brechstange» durchzusetzen. Alle zur Debatte stehenden Modelle hätten «erhebliche Schwächen».
Allerdings gibt es auch plausible Argumente für die Erweiterung. Die grossen Ligen haben den Spitzenfussball fest im Griff, hier spielen die besten Klubs, die grössten Spieler, hier finden die bedeutsamsten Duelle statt. Die kleineren osteuropäischen Nationen, die afrikanischen oder asiatischen Länder bluten derweil aus. Gute Spieler werden schon als Teenager exportiert, Spitzenfussball findet anderswo statt.
Natürlich geht es auch um Geld und Wahlversprechen
Die WM-Erweiterung und die damit verbundene bessere Aussicht für kleine Nationen auf eine WM-Teilnahme kann daher als Zeichen des Respekts und der Wertschätzung betrachtet werden. Dass es Infantino darum geht, muss allerdings bezweifelt werden.
Wichtiger dürfte dem Fifa-Chef sein, dass er mit der Aufstockung ein Versprechen einlöst, mit dem er Stimmen aus diesen kleinen Nationen für seine Präsidentschaftswahl gewann. Und dass sein Verband mit einem aufgeblähten Weltturnier einem internen Papier zu Folge über 600 Millionen Euro zusätzlich verdienen kann.
Am wahrscheinlichsten ist nach diversen Sondierungsgesprächen auch wegen der besten Vermarktungsmöglichkeiten die Einführung von 16 Dreiergruppen (in denen es keine Unentschieden geben würde). Jeweils zwei Teams würden weiterkommen, um dann in vier K.o.-Runden die beiden Finalisten zu ermitteln.
Der Hauptvorteil dieser Variante gegenüber den anderen Erweiterungsszenarien (Fünfergruppen oder Playoffs vor der Gruppenphase): Auch kleine Nationen würden mindestens zwei Partien absolvieren, während die Belastung für die Topspieler unverändert bliebe. Denn selbst der Weltmeister würde wie bisher nur sieben Partien absolvieren. Dieses Modell wird sogar vom englischen Verband FA unterstützt, der nach dem Ärger um die von Korruptionsgerüchten umwehten WM-Vergaben nach Katar und Russland auf Distanz zur Fifa gegangen war.
Erstmals werden auch Fangruppen ausgezeichnet
Die Erneuerung der Weltfussballer-Wahl ist laut englischer Medienberichte ebenfalls Teil dieses Annäherungsprozesses, Infantino wolle die glamouröse Gala ab dem kommenden Jahr in London ausrichten, wo den Engländern reichlich Raum zur Selbstdarstellung eingeräumt werde, heisst es. Und schon am heutigen Montag könnten nach Jahren ohne Titel mal wieder Engländer unter den Ausgezeichneten sein.
In einer neu geschaffenen Kategorie namens «Fifa Fan Award», in der eine Fangruppe ausgezeichnet wird, befinden sich die Anhänger des FC Liverpool und von Borussia Dortmund unter den Kandidaten. Für ihr gemeinsames Gedenken an die Opfer der Hillsborough-Katastrophe rund um die Europa-League-Begegnung der beiden Klubs im vergangenen April.