Stanislas Wawrinka hat es geschafft. Der Schweizer gewinnt gegen Rafael Nadal das erste Grand-Slam-Turnier seiner Karriere. Wawrinka schlägt den körperlich angeschlagenen Spanier 6:3, 6:2, 3:6, 6:3.
Einen kurzen Augenblick gab es noch, in dem es schien, als ob Stanislas Wawrinka Angst vor dem eigenen Mut bekommen könnte. Der Schweizer hatte seinem Konkurrenten Rafael Nadal eben den Aufschlag abgenommen. 4:2 führte er im vierten Satz, als ihm sein Kopf einen Streich spielte. Gleich zu null gab er sein eigenes Aufschlagspiel ab.
Doch der Wawrinka des Januars 2014 ist nicht mehr jener Wawrinka, der früher auf der Tour unterwegs gewesen war. Jener Wawrinka, der auf grandiose Schläge regelmässig unverständliche Fehler folgen liess. Es ist kein Wunder, dass Wawrinkas Lieblingsbewegung an diesem Turnier das Tippen an den eigenen Kopf war: Wawrinka hat Down Under demonstriert, wie stark er im mentalen Bereich geworden ist.
«Immer versucht. Immer gescheitert. Einerlei. Wieder versuchen. Wieder scheitern. Besser scheitern»
Ein Zitat von Samuel Beckett auf Wawrinkas Unterarm
Und als letzter Beweis dafür liess er sich auch von diesem letzten Aufbäumen des körperlich angeschlagenen Nadal nicht mehr irritieren. Wawrinka nahm dem Spanier gleich noch einmal den Service ab und liess sich bei eigenem Aufschlag den Titelgewinn nicht mehr nehmen. 6:3, 6:2, 3:6, 6:3 – Wawrinka ist erst der dritte Schweizer nach Martina Hingis und Roger Federer, der ein Grand-Slam-Turnier gewonnen hat.
Rafael Nadal konnte nach dem Spiel die Tränen nicht zurück halten. Die Nummer 1 des Männertennis hatte sich unter Schmerzen in den Final gequält. Eine tief aufgerissene Blase in seiner stärkeren linken Hand muss ihn spätestens seit dem Viertelfinal bei jedem Schlag Schmerzen zugefügt haben.
Nadals Körper
Im Final kamen spätestens zu Beginn des zweiten Satzes auch noch Rückenprobleme dazu. Wawrinka hatte den ersten Satz mit extrem aggressivem Spiel 6:3 gewonnen und führte im zweiten mit 2:1, als Nadal eine Verletzungspause einzog.
Der Spanier kam offensichtlich geschwächt aus der Kabine zurück und musste sich immer wieder am Rücken behandeln lassen. Trotzdem konnte Nadal den dritten Satz 6:3 gewinnen. Eine fast unglaublich scheinenden Willensleistung des 27-Jährigen.
Viele Dinge im Kopf
Und eine nicht ganz einfache Situation für Wawrinka. «Er hat sich am Rücken verletzt, aber trotzdem musste ich meine Konzentration hoch halten, weil er weiter stark gespielt hat», sagte der Schweizer nach seinem Triumph, «am Ende war es ein Kopfspiel, ich war extrem nervös. Beim Matchball sind mir ganz viele Dinge durch den Kopf gegangen.»
Wawrinka sagte dann auch noch: «Ganz ehrlich, so willst du ein Spiel nicht unbedingt gewinnen.» Trotzdem muss er sich seinen ersten Gewinn eines Major-Turniers nicht klein reden lassen. Nadal hatte auch im Halbfinal gegen Roger Federer eine tiefe Wunde in der Hand. Und Wawrinka ist der erste Spieler, der am Australian Open während des Turniers sowohl die Weltnummer 2 als auch die Nummer 1 geschlagen hat.
Rafael Nadal und Novak Djokovic sind nun auch die einzigen beiden Spieler, die in der Weltrangliste noch vor dem 28-jährigen Schweizer stehen.
Auf seinem Unterarm steht ein Zitat des irischen Schriftstellers Samuel Beckett: «Immer versucht. Immer gescheitert. Einerlei. Wieder versuchen. Wieder scheitern. Besser scheitern.»
In Australien ist für Stanislas Wawrinka die Zeit des Scheiterns zu Ende gegangen.