Sieben Antworten nach der WM

Haben die Brasilianer nach dem Ende der Weltmeisterschaft das Ärgste überstanden? Wird Deutschland den Fussball jetzt über Jahrzehnte dominieren? Und worauf sollen wir uns denn bitte jetzt noch freuen? Unsere letzten Antworten nach dem Ende der Fussball-Weltmeisterschaft 2014. Adeus, Brasil!

Der Staub verzieht sich langsam – die Fifa-Karawane zieht weiter. Zurück bleibt Brasilien mit all seinen alten – und ein paar neuen – Problemen. (Bild: EPA/Robert Ghement)

Haben die Brasilianer nach dem Ende der Weltmeisterschaft das Ärgste überstanden? Wird Deutschland den Fussball jetzt über Jahrzehnte dominieren? Und worauf sollen wir uns denn bitte jetzt noch freuen? Unsere letzten Antworten nach dem Ende der Fussball-Weltmeisterschaft 2014. Adeus, Brasil!

Wo finde ich die schönsten Szenen der WM noch einmal auf eine Minute und 54 Sekunden zusammengeschnitten?

Hier natürlich.

Und wem das nicht reicht, empfehlen wir den von Kollegen David Bauer angelegten Artikel «Die schönsten Tore der WM in der Endlosschlaufe».

Wie fühlt es sich eigentlich an, den WM-Pokal zu überreichen?

Nicht ganz so toll, wie es sich anhört. Oder haben Sie das Gefühl, Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff fühle sich in diesem Moment besonders wohl? Erst scheucht sie ein eher genervt wirkender Fifa-Generalsekretär Jérôme Valcke über die Ehrentribüne. Und dann schubst sie auch noch unser Fifa-Lieblingspräsident Joseph Sepp Blatter in der Gegend rum, der es ausserdem fast nicht schafft, seine Hand von der geliebten WM-Trophäe zu lassen. Ein eher unwürdiges Schauspiel.

Haben die Brasilianer und Brasilianerinnen nun, da die Fifa wieder abgezogen ist, das Schlimmste überstanden?

Wie mans nimmt. Nach der Fussball-Weltmeisterschaft folgen in zwei Jahren in Rio die Olympischen Spiele. Zwei Mammutveranstaltungen in nur zwei Jahren hat sich Brasilien aufgeladen, als die Wirtschaft noch florierte. Zu den umgerechnet zwölf Milliarden Franken, die für Infrastruktur und WM-Stadien ausgegeben wurden, kommen jetzt noch mal schlappe 15 Milliarden Franken für die Sommerspiele.

Die nächste Bauustelle: Der Olympische Park in Rio de Janeiro für die Sommerspiele 2016.

Die nächste Baustelle: Der Olympische Park in Rio de Janeiro für die Sommerspiele 2016. (Bild: Reuters) (Bild: Reuters/RICARDO MORAES)

Und kaum ist die WM-Sause einigermassen reibungslos über die Bühne – auch dank immensem Einsatz von Sicherheitskräften, die Proteste im Keim erstickten – schon wird in der üblichen Tonlage geunkt. Rio hinke London im Vergleich der Baufortschritte um Meilen hinterher, heisst es. IOC-Vizepräsident John Coates liess wissen, die Vorbereitungen auf die Sommerspiele 2016 seien «die schlechtesten, die ich je gesehen habe».

Wird 2018 in Russland alles besser?

Wo denken Sie hin! Nach der teuersten WM aller Zeiten in Südafrika und der teuersten WM aller Zeiten in Brasilien schleicht sich schon die teuerste WM aller Zeiten in Russland an. Ab sofort, so Sportminister Witali Mutko, werden die Augen «auf uns gerichtet sein». Genau.

Am Samstag haben die Gastgeber schon mal vorgerechnet: Über 17 Milliarden wollen die Russen investieren, die Hälfte davon in Verkehrsinfrastruktur. Für den Neu- und Ausbau von zwölf Stadien in elf Städten (zwei Spielstätten in Moskau) sind 4,5 Milliarden Franken veranschlagt. Schön dereinst für die erwarteten eine Million Besucher: Wer eine Eintrittskarte besitzt, wird kostenlos mit Zug und Bus durchs Riesenland reisen.

Feine Gesellschaft: IOC-Präsident Thomas Bach, Russlands Präsident Wladimir Putin und Joseph Blatter beim Final im Maracana.

Feine Gesellschaft: IOC-Präsident Thomas Bach, Russlands Präsident Wladimir Putin und Joseph Blatter beim Final im Maracana. (Bild: Reuters) (Bild: RIA Novosti)

Finanzminister Anton Siluanow, berichtet der «Spiegel», habe schon mal im Kabinett angemahnt, die WM dürfe «kein zweites Sotschi» werden. Die Winter-Sause samt Infrastrukturinvestionen soll über 46 Milliarden Franken verschlungen haben.

Im Gegensatz zur WM in Rio und den Spielen in Brasilien funktionieren die Russen allerdings offenbar ganz nach dem Geschmack der Fifa: «Sehr zufrieden» ist Joseph Blatter mit dem Vorbereitungsstand, schon jetzt hat der Fifa-Boss, der allem Anschein nach beste Aussichten hat, auch 2018 noch im Amt zu sein, «keine Zweifel, dass die WM ein grossartiger Erfolg wird». Sa sdorowje!

Wird Deutschland nun den Fussball über Jahre hinaus dominieren?

Tja. Dazu müssten wir einen echten Fachmann befragen. Zum Glück hatte Franz Beckenbauer kurz Zeit, die Frage bereits 1990 in aller Deutlichkeit zu beantworten:

Auf was kann man sich, jetzt wo alles vorbei ist, denn noch freuen?

Nun, da gibt es eine ganze Menge. Im finnischen Hyrynsalmi steigt die 15. Sumpf-Fussballweltmeisterschaft. Am Freitag und Samstag stürzen sich 5000 Spieler aus 10 Ländern in 250 Teams in die sagenumwobenen Sümpfe von Vuorisuo. Laut Eigenwerbung finden «die Menschen diesen Matsch-Sport deshalb so interessant, weil Sumpf-Fussball eine aussergewöhnliche Erfahrung ist, die eine vollständige Flucht aus dem täglichen Leben ermöglicht. Tief bis zum Oberschenkel im Matsch zu waten macht Spass, ist eine lustige und verrückte Erfahrung, aber die Spiele sind ernstzunehmende Wettkämpfe.»

Genau. Und aufgepasst: die Deutschen mit dem amtierenden Meister Pumpen-Club aus Rieste am schönen Alfsee machen auch mit.

Wem das alles zu schmutzig erscheint: Schon ab Samstag gibt’s wieder auf Hochglanz polierten Super-League-Fussball im Angebot.

Und wer erst mal ein paar Tage Fussball-Pause braucht. Hier ist der Countdown zur Euro 2016 en France:

Frage an Radio Eriwan: Kann der Razinger-Index der TagesWoche in Zukunft mit ruhigem Gewissen für WM-Prognosen in Anschlag gebracht werden?

Im Prinzip ja. 18 von 32 Teams exakt richtig eingeschätzt, das ist deutlich besser als eine Einschätzung nach Zufallsprinzip, die nur 7 richtige ergeben hätte.

Was wir bei unserem Experiment gelernt haben: Ohne Anpassungen auf akute nationale Katastrophen (Neymar kaputt, Di Maria out) funktioniert so ein Index in einem Wettbewerb, der einen Monat lang dauert, nicht. Auch deswegen hat es uns die finalen und wichtigsten Spiele verhauen. Mal ganz abgesehen davon, dass wir uns selbst noch etwas die Augen reiben, dass eine Spielerei, die unter anderem mit einem Afrika-Organisations-Chaos-Malus operiert in der Gruppenphase so gut funktioniert hat.

Und weil wir keine Geheimniskrämer sind, verraten wir gerne die Formel:

Razinger-Index = (Punkte der Fifa-Rangliste / 2) + ((Anzahl lizenzierter Fussballer im Land + 3 Millionen) / 100’00) + (WM-Titel * 50) + (Kontinental-Titel * 25) + (WM-Teilnahmen + 5) + (Marktwert des Kaders / 10’000’000)

Dazu kamen als Südamerika-Bonus 80 Pluspunkte für lateinamerikanische Teams, 120 Nervositäts- und Druck-Minuspunkte für Brasilien sowie zwischen 20 und 40 Chaos- und Miese-Organsiations-Minuspunkte für sämtliche afrikanischen Teams.

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