Sion gegen FCB – mehr Kompetenz im Cup geht fast nicht

Das Tourbillon ist am Mittwoch Schauplatz der dritten Hochzeit, auf der der FC Basel in einem mit Höhepunkten vollgepackten Frühling tanzt. Halbfinal im Schweizer Cup beim FC Sion (20.45 Uhr, SRF 2; Tweets unter #rotblaulive) – fast wäre es ein bisschen untergegangen vor lauter Chelsea und Alex Frei.

Dem FCB-Fan kommt da heute noch die Galle hoch: Alain Balet köpfelt im Cupfinal 1982 für den FC Sion zum entscheidenden Treffer ein. Am Boden Beat Sutter, den er zuvor mit dem Ellbogen niedergestreckt hat. (Bild: Keystone)

Das Tourbillon ist am Mittwoch Schauplatz der dritten Hochzeit, auf der der FC Basel in einem mit Höhepunkten vollgepackten Frühling tanzt. Halbfinal im Schweizer Cup beim FC Sion (20.45 Uhr, SRF 2; Tweets unter #rotblaulive) – fast wäre es ein bisschen untergegangen vor lauter Chelsea und Alex Frei.

Angesichts der reichen Cup-Geschichte von Sion und Basel ist es erstaunlich, dass sie das Los – oder der Weg durch den Wettbewerb – letztmals vor 31 Jahren zusammengeführt hat. Nur dreimal spielten sie seit 1925 im Schweizer Cup gegeneinander, und dreimal behielt der FC Sion die Oberhand.

Die bisherigen Cup-Partien Sion–FCB

1964/65, Halbfinal: FCB-Sion 2:3
1973/74, Viertelfinal: Sion-FCB 1:0 und 2:2
1981/82, Final: FC Sion–FCB 1:0

1982 trafen die beiden Clubs erstmals in einem Cupfinal aufeinander, den der FC Basel im Wankdorf-Stadion mit 0:1 verlor. Durch ein Kopfballtor von Alain Balet bereits in der 21. Minute. Den Weg frei gemacht hatte sich der Sion-Verteidiger mit einem Ellbogencheck gegen Beat Sutter, den Stürmer aus Gelterkinden in Reihen des FCB.

Eine Szene, die FCB-Sprecher Josef Zindel damals noch als Redaktor der Basler Zeitung erlebte, zu Zeiten, als seine poetischen Einleitungen zu FCB-Spielen noch die Länge heutiger Matchberichte hatten. Denkt Zindel  an diesen verlorenen Cupfinal und die strittige Szene, in der Schiedsrichter Jean-Marie Macheret aus Rueyres-St-Laurent das Foul an Sutter nicht erkennen wollte, gibt er unumwunden zu: «Da kommt mir heute noch die Galle hoch.»

Sion und Basel – seit 2006 die Cup-Dominatoren

Tempi passati. Seither hat der FC Sion einen in Europa einmaligen Mythos begründet mit zwölf Cup-Finalteilnahmen und zwölf Siegen, und der FCB verlor seither keines von sechs folgenden Endspielen mehr und rückte mit elf Cup-Triumphen knapp hinter Sion (12) und Rekordsieger Grasshoppers (18). Seit 2005 (FCZ) gab es keinen anderen Cupsieger mehr als Sion (2006, 2009, 2011) und Basel (2007, 2008, 2010 und 2012). Mehr Kompetenz im Wettbewerb geht gar nicht.

Für die Walliser ist es bereits eines jener berühmten Spiele des Jahres. Mal wieder abgeschlagen in der Meisterschaft, ist der Cup die letzte Chance auf einen Titel. Dementsprechend heiss wird die Mannschaft sein beziehungsweise von Präsident Christian Constantin rechtzeitig vor dem Anpfiff gemacht werden.

Gattuso setzt auf Herz und Leidenschaft

Das Tourbillon mit seinem offiziell 14’283 Plätzen dürfte voll werden. 2000 Tickets hat der Club wie üblich zum Verkauf den Tageskassen zurückgehalten. Grosse Töne werden nicht gespuckt in Sion, dafür flösst der Gast aus Basel mit seinem Lauf als Tabellenführer der Super League und als Halbfinalist der Europa League zuviel Respekt ein. Und die Formkurve des FC Sion lässt die Bäume nicht in den Himmel wachsen.

«Basel ist ganz klar die bessere Mannschaft», räumte Spielertrainer Gennaro Gattuso am Montag ein, «aber mit viel Herz und Einsatz ist es möglich für uns, in den Final einzuziehen. Ich habe es selbst oft genug erfahren: Nicht immer gewinnt der auf dem Papier Stärkere.»

Yakin setzt Fragezeichen hinter Stocker und Schär

Beim FCB deutet sich an, dass Murat Yakin mit seiner Tottenham-Aufstellung beginnen könnte. Ein kleines Fragezeichen setzt er lediglich hinter Valentin Stocker und ein noch kleineres hinter Fabian Schär – in beiden Fällen wegen der physischen Beanspruchung der vergangenen Wochen. «Vor der Länderspielpause hatten wir elf Spiele in 33 Tagen», erinnert der FCB-Trainer, und seit dem 1. April ist Sion schon wieder der sechste Match im Drei-Tage-Rhythmus.

«Das ist für alle eine neue Erfahrung», sagt Yakin, «aber wir haben Automatismen entwickelt, wie wir mit der Belastung und der Stimmung umgehen.» Die Nacht auf Mittwoch verbringen die Basler in einem Hotel in Montreux; die Entscheidung über die Startelf und Stocker und Schär wird der Trainer erst am Matchtag treffen.

Für Geoffroy Serey Die wird der Mittwoch die grosse Rückkehr ins Tourbillon werden. Dorthin, wo er seine Karriere nach dem Wechsel 2008 von Algerien in die Schweiz lanciert hat. Nach 115 Meisterschaftsspielen für die Walliser holte ihn der FC Basel in der Winterpause für eine Ablösesumme von geschätzten 1,5 Millionen Franken – und der 28-Jährige, erst kürzlich zum Nationalspieler geworden, hat sich in Rotblau bereits nach wenigen Wochen als Gewinn entpuppt.

Der Schweizer Cup – immer noch der kürzeste Weg zu einem Titel

Dass sie diesen Cup-Halbfinal – im Schatten von Europa und Super League – ernst nehmen, daran lassen die Basler keinen Zweifel: «Wir freuen uns auf diesen Match,» sagt Murat Yakin. Priorität geniesst beim Trainer zwar die Meisterschaft, und die Europa League nennt Goalie Yann Sommer «das Zückerchen» – aber der kürzeste Weg zu einem Titel ist der Schweizer Cup mit zwei Partien.

«Wir haben noch nichts in den Händen», wird Yakin nicht müde zu predigen, und auch Sommer findet die Ausgangslage Mitte April, während der FCB auf einer Erfolgswelle reitet, «gefährlich». Am Ende einer bis anhin ausserordentlichen Saison ohne Pokal dazustehen – das will man sich in den Reihen des FCB erst gar nicht ausmalen.

Gattuso gibt den Takt vor

Beim FC Sion schaut man wie gewohnt auf turbulente Monate zurück. Der Ende März installierte Tessiner Arno Rossini (55) ist schon wieder der sechste Trainer der laufenden Saison und doch nur der Strohmann für Gennaro Gattuso. Der Weltmeister von 2006 gibt den Takt vor, und hat mit der Strategie einer Fünfer-Abwehrreihe immerhin defensive Stabilität erreicht: Nach 13 Gegentoren aus sieben Spielen sind es unter Gattusos Regie noch sechs Gegentore in den jüngsten sieben Spielen gewesen.

Weil sich Kyle Lafferty am Sonntag gegen GC verletzte, weil Xavier Margairaz nach einer Meniskusoperation nicht zu Verfügung steht und weil sich Gelson Fernandes nach seiner Rückkehr ins Wallis in seinen zwei Cup-Einsätzen für Sion zwei gelbe Karten eingehandelt hat und damit eine zuviel – deshalb muss Gattuso umdisponieren.

Der Brasilianer Leo – im August beim 1:1 des FCB im Gewittersturm über dem Tourbillon Schütze des Ausgleichstores – dürfte im Sturm auflaufen, und der schlaksige Tunesier Ousama Darragi hinter den Spitzen. Eher in der Joker-Rolle wird Abdoul Karim Yoda erwartet. Er war zwar der Mann, der beim 1:1 in Zürich am Sonntag nach seiner Einwechslung das Spiel drehte und das Tor erzielte. Vor dem Franzosen ist auch Murat Yakin gewarnt, doch Yoda hatte bis zum Sonntag gerade einmal eine Einsatzminute in dieser Saison, und das war im November.

Yakins Erinnerung an den Halbfinal vor Jahresfrist

Wie man im «Hexenkessel» des Tourbillon ein Cup-Halbfinal gewinnt, das hat Murat Yakin vor einem Jahr mit dem FC Luzern (im Final dann dem FC Basel im Penaltyschiessen unterlegen) vorgemacht. Ein besonderes Rezept hatte er dafür nicht: «Ich wollte der Mannschaft Spielfreude vermitteln, und habe ihr gesagt, sie könne in Sion nur gewinnen.» So einfach sei das gewesen, sagt Yakin: «Man kann den Fussball auch komplizierter machen als er ist.»

Ein Jahr später sieht Yakin es sehr ähnlich, Gennaro Gattuso aber auch. Nur drückt sich der Italiener anders aus: «Wir haben nichts zu verlieren.»

Gattuso sieht den FCB unter ersten Fünf der Serie A

Gattuso wand dem FC Basel am Montag ein Kränzchen. Unter den ersten Fünf könnten die Basler in der Serie A mitspielen, behauptet er. Und weil er schon einmal dabei war, schwärmte Gattuso von der dynamischen, prickelnden Meisterschaft, von den vielen jungen Spielern, die Verantwortung übertragen bekommen. «Seit ich in der Schweiz bin sage ich, dass die Super League hohes Niveau hat. Deshalb überrascht mich der Erfolg des FC Basel in der Europa League auch nicht.»

 

Schweizer Cup, Halbfinals

FC Zürich-Grasshoppers Mi, 19.00 Uhr (SRF 2 live)

FC Sion–FC Basel, Mi, 20.45 Uhr (SRF 2 live)
Tourbillon.

Mögliche Aufstellungen
FC Sion: Vanins; Vanczak, Adailton, Dingsdag, Lacroix, Bühler; Gattuso, Marquez; Darragi; Leo, Regazzoni.
FC Basel: Sommer; P. Degen, Schär (Sauro), Dragovic, Park; Serey Die, F. Frei, Elneny; Salah, Streller, Stocker.

Bemerkungen: Sion ohne Gelson Fernandes (gesperrt), Marqairaz (Meniskus-Operation), Lafferty (verletzt, Knöchel). Fraglich: N’Djeng. – FCB ohne Yapi (individuelles Training, Spiel in der U21 geplant), Ajeti (Zerrung), Jevtic, Adili (ohne Aufgebot). – Beim FCB mit einer Verwarnung aus den bisherigen vier Spielen belastet und bei einer zweiten Verwarnung für ein allfälliges Enspiel gesperrt: P. Degen, Diaz, Sauro, Steinhöfer, Schär, F. Frei, Salah und Cabral.

Beide Mannschaften spielten sämtliche Partien auswärts.
Final: Pfingstmontag, 20. Mai, Stade de Suisse, Bern
Der Weg in die Halbfinals
Runde FC Sion FC Basel
1. Runde FC Richemond (2. Liga) 1:0 FC Amriswil (2. Liga) 6:1
1/16 FC Hergiswil (2. Liga int) 3:0 FC Chiasso (ChL) 4:1
1/8 SC Kriens (ChL) 4:0 FC Locarno (ChL) 3:2 n.V.
1/4 Lausanne-Sport (SL) 2:0 FC Thun (SL) 2:1 n.V.

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