An diesem Sonntag wird er in der Stadt erwartet und am Montag um 13.30 Uhr als neuer Trainer des FC Basel vorgestellt: Paulo Sousa. Wie der 43-jährige Portugiese über Fussball denkt und von wem er beeinflusst wurde, hat er vor Jahresfrist in einer Kolumne für eine englische Zeitung aufgeschrieben.
Es ist ein Streifzug durch seine Karriere als Spieler und seine Zeit als Trainer in England, was Paulo Sousa im September 2013 für die «Daily Mail» und deren «The Footballers‘ Column» verfasst hat. Zu diesem Zeitpunkt war er bereits Trainer von Maccabi Tel Aviv und hatte die beiden Champions-League-Qualifikationsspiele gegen den FC Basel (0:1, 3:3) hinter sich.
Wir geben die Kolumne hier in einer minimal gekürzten und modifizierten Version wider (Link zum Original):
«Ich habe fünf Clubs in fünf Jahren trainiert, Queens Park Rangers, den FC Swansea, Leicester City, Videoton und nun Maccabi Tel Aviv. Als Trainer suche ich nach mittel- und langfristigen Projekten, weil es der beste Weg ist, um etwas zwischen mir, der Clubleitung und den Fans entwickeln und stärken zu können.
Bei QPR habe ich sehr schnell gespürt, dass es nicht funktioniert. In einer Film-Dokumentation über diese Zeit bei QPR kann man erkennen, wie Miteigentümer Flavio Britatore und Sportdirektor Gianni Palladini den Trainer Paulo Sousa anweisen, Veränderungen in der Mannschaft vorzunehmen. Ich versuchte mein Bestes zu geben und im Sinne der Spieler zu arbeiten. Aber Fussball ist voller Überraschungen. Und die Dokumentation macht klar, wie ich mich fühlte. Es ist der Trainer, der die Spieler auswählen muss und Entscheidungen über Transfers trifft. So dachte ich damals, und so denke ich heute.
Der Trailer zu «The Four Year Plan», einer Dokumentation über den Einstieg von Flavio Briatore bei den Queens Park Rangers, wo Paulo Sousa von November 2008 bis April 2009 Trainer war:
The Four Year Plan Trailer from Mercury Media on Vimeo.
Ich ging nach Swansea und wir erlebten ein fantastisches Jahr mit Platz 7 in der Championship. Am Ende der Saison wechselt ich zu Leicester – eine Entscheidung, die ich bereue. Damals dachte ich, Leicester könne mir mehr Garantien geben in Sachen Infrastruktur. Schliesslich waren sie zuvor noch in der Premier League. Ich bedauere diesen Schritt. Leicester kam unter neue Eigentümerschaft, sie wechselten Leute aus, sie änderten die Mentalität und sie trafen Entscheidungen ohne jegliche Vision. Es war ein Risiko, das ich einging, und es stellte sich heraus, dass es nicht gut für mich war.
Die Leute werden sich fragen: Warum Maccabi Tel Aviv? Maccabi war eine reizvolle Aufgabe aufgrund der Ambitionen der wichtigsten Leute im Club: Besitzer Mitch Goldhar, Generalmanager Jack Angelides und Sportdirektor Jordi Cruyff. Er stellte während der Vorsaison den Kontakt her, wir blieben in Verbindung und er hielt mich auf dem Laufenden.
Maccabi zeigt klare Ambitionen und erzielt Resultate, was der Meistertitel unter Oscar Garcia bestätigt, der anschliessend nach Brighton ging.
Natürlich unterscheidet sich der Fussball in Israel komplett von dem in England. Ich werde Briatore immer dankbar sein für die Chance, die er mir gegeben hat – trotz allem, was dann passiert ist. England ist eine ganz andere, einzigartige Umgebung, unvergleichlich mit anderen Ligen. Was ich an Israel mag ist die Leidenschaft und die Intensität der Fans. Es gibt nichts Besseres als ein volles Stadion und die tiefen Emotionen der Fans zu spüren.
Ich weiss, dass es Sorgen gibt um die Anzahl der ausländischen Spieler in der Premier League. In Israel sind nur fünf ausländische Akteure erlaubt. Aber Fussball entwickelt sich hin zur Globalisierung. Spieler kommen nach England und englische Spieler hätten auch die Gelegenheit, ausserhalb England zu spielen. Denn der englische Profi ist ein anderer als vor zehn Jahren.
Die Art wie sie an das Spiel herangehen, wie sie trainieren, ihr Professionalismus und wie sie sich ausserhalb des Platzes benehmen, hat sich völlig verändert. Sie haben inzwischen die Mentalität, um im Ausland zu spielen. Warum also wagen es nicht mehr Engländer? Es ist einfach: Sie denken, die englische Liga ist ist die beste und sie ist jene, in der immer noch jeder spielen will.
Aber ich denke, die englische Liga ist nicht die beste in qualitativer Hinsicht. Auch wenn sie die populärste ist, und die Lebensumstände, die Intensität des englischen Spiels und seine Unvorhersehbarkeit äusserst attraktiv sind. Ein Spitzenteam kann gegen eine Mannschaft vom Tabellenende verlieren. Ich bin mir nicht sicher, dass das zum Beispiel in Spanien der Fall ist.
«Ich gehöre zu nur vier Spielern, die die Champions League in zwei aufeinanderfolgenden Jahren gewonnen haben. Mein Ziel ist es, das auch als Trainer zu erreichen.»
Ich habe mit einigen aussergewöhnlichen Spielern zusammen gespielt, mit Luis Figo etwa oder Roberto Baggio. Und das meine ich nicht nur in Bezug auf ihr Talent, sondern aufgrund ihrer Persönlichkeit und ihrer professionellen Einstellung. Sie waren überragende Individualisten, die sich jeden Tag weiterentwickeln und stärker werden wollten. Nicht nur für sich selbst, sondern für ihren Club und die Fans. Denn die schönste Bestätigung, die ein Fussballer erhalten kann, ist die Zufriedenheit des Publikums.
Ich gehöre zu den nur vier Spielern, die die Champions League in zwei aufeinanderfolgenden Jahren gewonnen haben. Ich habe das mit Juventus und Dortmund 1996 und 1997 geschafft, ausserdem Marcel Desailly (Marseille und Milan), Gerard Pique (Manchester United und Barcelona) sowie Samuel Eto’o (Barcelona und Inter). Es wäre fantastisch, wenn ich das auch als Trainer erreichen könnte. Das ist eines meiner Ziele.
Ich selbst war Teil der «Goldenen Generation» Portugals, mit Figo oder Rui Costa. Wir gewann die U20-Weltmeisterschaft, aber wir haben es nicht geschafft, später ein grosses Turnier zu gewinnen, auch wenn wir bei den Europameisterschaften ein paar Mal nicht weit davon entfernt waren.
Wir haben immer daran geglaubt, dass es möglich wäre, haben es jedoch nicht ganz geschafft. Aber es gibt nun einmal Länder mit weit grösseren Ressourcen. Man kann Portugal mit Holland vergleichen, wo es immer Spieler von grosser Qualität gab, es aber dennoch nicht geklappt hat. In erster Linie sind wir Länder, die Spieler entwickeln und ausbilden. Unsere Clubs verkaufen, um die Fussballökonomie auszubalancieren und mithin auch die Wirtschaft des Landes.
«Ottmar Hitzfeld in Dortmund war fantastisch mit seinen Führungsqualitäten.Und Sir Bobby Robson mit seinem ansteckenden Enthusiasmus.»
Ich hatte als Spieler das Glück, unter einigen wirklich exzellenten Trainern in verschiedenen Ländern zu arbeiten. Carlos Queiroz schulte mein technischen und taktisches Verständnis für das Spiel, dann hatte ich die Gelegenheit, unter Sven Göran Eriksson zu spielen. Ich war als Flügelspieler grossgeworden, als eine Nummer 9 und als Nummer 10. Er liess mich als Drehpunkt vor der Abwehr spielen.
Dann folgte Marcelo Lippi und der italienische Fussball mit Juventus. Diese Zeit hat mich die taktische Seite des Spiels schätzen gelernt – wie man einen Gegner durchschaut und wie man Strategien entwickelt, um das Spiel zu gewinnen.
Ottmar Hitzfeld in Dortmund war fantastisch mit seinen Führungsqualitäten. Er hat das Team tatsächlich gelenkt, und er hat mit seinen Entscheidungen während des Spiels wesentlich eingewirkt auf das Geschehen.
Unter Sir Bobby Robson (2009 verstorben; Anm. d. Red.) habe ich bei Sporting Lissabon zwar nur sechs Monate gespielt, aber den Einfluss, den er auf mich hatte, werde ich nie vergessen. Seine Erfahrung und sein Enthusiasmus für das Spiel waren ansteckend. Und das spüre ich heute noch. Bobby hat mich zu dem gemacht, was ich heute bin. Er war ein wunderbarer Mensch , und er hat mir geholfen, an mich selbst zu glauben.»
» In einem Video unter «Uefa Training Ground» erzählt Paulo Sousa aus seinen Kindheitstagen in Viseu, wie er sich zum Profi entwickelte und warum Roberto Baggio einer seiner Lieblingskollegen war.
» Die Vita von Paulo Sousa im Wikipedia-Profil englisch und deutsch