Sousa will die Gelegenheit beim Schopf packen

Zehn Wochen nach der 1:5-Abfuhr im Bernabeu will es Paulo Sousa mit Real Madrid noch einmal aufnehmen. Seine Mannschaft sei an einem «anderen Punkt», sagt der FCB-Trainer. Vor allem hat sie im letzten Heimspiel 2014, dem Highlight des Jahres, nichts zu verlieren.

FC Basel's coach Paulo Sousa smiles as he addresses a news conference ahead of a Champions League Group B match against Real Madrid in Basel November 25, 2014. REUTERS/Arnd Wiegmann (SWITZERLAND - Tags: SPORT SOCCER HEADSHOT) (Bild: Reuters/ARND WIEGMANN)

Zehn Wochen nach der 1:5-Abfuhr im Bernabeu will es Paulo Sousa mit Real Madrid noch einmal aufnehmen. Seine Mannschaft sei an einem «anderen Punkt», sagt der FCB-Trainer. Vor allem hat sie im letzten Heimspiel 2014, dem Highlight des Jahres, nichts zu verlieren.

Der Trainer, von dem Präsident Bernhard Heusler das Gefühl hat, er beschäftige sich 24 Stunden am Tag mit dem Fussball und dem FC Basel, hat am Dienstagnachmittag ein bisschen Zerstreuung gesucht. Mit seiner Familie und Gästen aus Israel war Paulo Sousa in der Innenstadt unterwegs, das Smartphone jederzeit griffbereit und in aufgeräumter Stimmung.

Keine zwei Stunden später sprudelte es bei der Medienkonferenz aus ihm heraus. In seinem Eingangsstatement antwortete er einem spanischen Journalisten in fliessendem Spanisch handgestoppt drei Minuten lang. Es ist das letzte Heimspiel des Jahres für den FCB, und Paulo Sousa steht am Vorabend des Highlights gegen Real Madrid zweifelsohne unter Strom. Denn er hat Grosses vor.

Mit einem bedauernden Achselzucken und einem Lächeln hat Paulo Sousa am Dienstag dann auf die Frage reagiert, welchen Spieler aus den Reihen der Königlichen er sich den wünschen würde, wenn er denn dürfte. «Meine Spieler sind die besten», entgegnete der Portugiese, wider besseren Wissens natürlich. Mit dieser Bemerkung tritt man weder dem Trainer noch seinem Kader zu nahe.

Die Mannschaft der Stunde

Den Gruppensieg wird der FC Basel dem grossen Real Madrid nicht streitig machen. Dafür wäre ein Sieg mit vier Toren Unterschied nötig und vieles mehr. Das wäre dann auch ein bisschen viel verlangt von einem Schweizer Meister gegen den Titelverteidiger der Champions League, notabene die Mannschaft der Stunde, die alles in Grund und Boden spielt.

So gesehen ist die «Herausforderung», von der Paulo Sousa für seine Mannschaft spricht, noch eine gelinde Untertreibung. Es wird schon einen Ausnahmetag brauchen, ein Tag, an dem sich die Waage im Zweifelsfall und in jeder noch so kleinen, spielbeeinflussenden Szene auf die Seite der Basler neigt. Aber hat dieser FC Basel in jüngster Europacup-Vergangenheit nicht ebensolche Tage gehabt, gezeigt, dass er zu aussergewöhnlichen Taten in der Lage ist?

Es wird eine prächtige Kulisse werden

Es braucht nicht unbedingt Vermessenheit, um Sousas Worten zu folgen, der an eine «magische Nacht» glaubt und daran, «dass wir ein fantastisches Happening liefern können.»

Es wird, so viel ist sicher, eine prächtige Kulisse sein mit 36’000 Zuschauern, die Real Madrid empfängt. Jener der ganz grossen Vereine, der noch gefehlt hat in der Sammlung mit Liverpool, Manchester United, Juventus Turin, dem FC Barcelona, Bayern München und Chelsea. Die letzte Sehnsucht erfüllt sich, seit der FC Basel vor 14 Jahren erstmals an der Champions League teilnahm.

Aus dem Bereich des unmöglich Erscheinenden

Und die Konstellation könnte aus Basler Sicht eigentlich gar nicht besser sein. Niemand erwartet einen Sieg, niemand würde dem FCB eine Niederlage verübeln. Schön wäre es, eine solche in Grenzen, die Partie möglichst lange offen zu halten. Und die eigene Formel der Uefa, die bei Punktgleichheit den direkten Vergleich heranzieht, würde selbst eine brutal hohe Niederlage gegen Real Madrid verzeihen, und der FC Basel hätte in Liverpool sein Glück immer noch selbst in der Hand.



Paulo Sousa, Portuguese head coach of Switzerland's FC Basel, during a training session in the St. Jakob-Park training area in Basel, Switzerland, on Tuesday, November 25, 2014. Switzerland's FC Basel 1893 is scheduled to play against Spain's Real Madrid CF in an UEFA Champions League group B matchday 5 soccer match on Wednesday, November 26, 2014. (KEYSTONE/Georgios Kefalas)

Sieht aus, als ob da die Kieferknochen mahlen: Paulo Sousa beim Abschlusstraining am Dienstagmorgen. (Bild: Keystone/GEORGIOS KEFALAS)

Dass der Liverpool FC seine Partie in Sofia gegen Razgrad nicht gewinnt, liegt nicht im Bereich des unmöglich Erscheinenden. Dort ist eher ein Sieg des FCB gegen die schiere Übermannschaft von Real Madrid angesiedelt. Tritt beides ein, wäre der FCB bereits in der nächsten Runde, wäre das Spiel am 9. Dezember an der Anfield Road von untergeordneter Bedeutung.

«Wir sind an einem anderen Punkt»

Vorstellbar ist vieles im Spektrum zwischen dem 0:5 gegen den FC Barcelona und dem 1:0 gegen die Bayern im Achtelfinal-Hinspiel 2012. Vier Jahre zuvor nagelte Barça den chancenlosen FCB in der eigenen Hälfte fest, führte im Joggeli nach 22 Minuten mit 3:0, legte in der 47. und 48. Minute zwei weitere Treffer nach und liess erst danach den Gegner aus den Fängen. Gegen Bayern München glückte Valentin Stocker der Siegtreffer in der 86. Minute.

«Ich glaube, dass wir ein gutes Resultat erzielen können», sagt Paulo Sousa. Weil für seinen Geschmack die 1:5-Niederlage in Madrid zu hoch ausgefallen ist, weil in seinen Trainer-Augen Mitte September im Bernabeu nicht alles so schlecht war, wie es den Anschein hatte. Und weil seine Mannschaft in der Zwischenzeit Fortschritte gemacht habe: «Am Mittwoch sind wir an einem anderen Punkt als vor zehn Wochen», sagt Sousa.

Deshalb bedeutet für ihn ein «gutes Resultat» nichts anderes als «gewinnen». Dass es dafür den perfekten Tag braucht, dass die Details, alle Entscheidungen aus Basler Sicht stimmen müssen, dass es nur über das Kollektiv geht, dass sich die Mannschaft nicht die Fehler erlauben darf, wie sie ihr im Bernabeu unterlaufen sind, das vergisst Sousa nicht aufzuzählen: «Dafür muss man sehr gut spielen.»

Das Motivationsmoment für Real

Carlo Ancelotti scheint darauf gefasst zu sein, einen FC Basel zu erleben, der nicht auf Schadensbegrenzung aus sein wird. «Ich erwarte ein intensives, ein gutes Spiel», sagt der Italiener, und der Real-Trainer wiederholt sich: «ein gutes Spiel, weil beide Mannschaften die Punkte wollen.»

Real ist zwar bereits für die Achtelfinals qualifiziert, will die Auslosung jedoch als Gruppenerster bestreiten. Auch wenn es daran nicht einmal mehr Restzweifel gibt, betont Ancelotti: «Deshalb werden wir mit der bestmöglichen Mannschaft antreten.» Ganz nebenbei kann Real Madrid mit dem 15. Pflichtspielsieg einen clubinternen Rekord egalisieren. «Das«, sagt Ancelotti, «kann man nur mit entsprechender Vorbereitung und Einstellung erreichen.»

Dass es Real Madrid an einem gewissen Motivationsmoment fehlen könnte, glaubt Paulo Sousa sowieso nicht. Und erinnert an vergangene Saison, als ein bereits qualifiziertes Real mit einer B-Elf Galatasaray 4:1 bezwang.

«Haben schon gegen Real die Chance, uns zu qualifizieren»

«Es liegt an uns», sagt Sousa, «wir haben unsere Überzeugungen – und dazu gehört, es mit den grossen Mannschaften aufnehmen zu wollen.» Dies mit der Kraft, die ein Heimspiel entfalten kann, mit der «Energie, die von den Fans zurückkommt». Deshalb legt er die Latte sehr hoch und bekräftigt: «Wir haben schon gegen Real Madrid die Chance, uns zu qualifizieren, und dafür werden wir alles unternehmen.» In der Gewissheit, dass er und seine Mannschaft noch einen zweiten Schuss frei haben.

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