Spielervermittler müssen im Millionengeschäft Profifussball mitunter um ihren guten Ruf kämpfen. Seit der Markt liberalisiert wurde, drängen noch mehr in die Branche, auch in Basel und der Region.
Wenn es nach dem Berufsverband der Swiss Football Agents Association (SFAA) ginge, hätte es ein Quereinsteiger wie Ferdinand Pankratz sehr viel schwerer im Fussballbusiness. Als vor einem Jahr der Markt der Spielervermittler, Berater und Agenten endgültig liberalisiert wurde, warnten die Alteingesessenen der Branche noch vor einem Wildwuchs. Fabian von Matt, der Geschäftsführer der SFAA, unkte damals: «Spieler und Clubs dürften mit Anfragen richtiggehend überschwemmt werden. Das Chaos scheint programmiert.»
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In der Tat kann heutzutage quasi jeder Spielervermittler sein und davon träumen, mitzukassieren beim Geschäft mit Fussballprofis. Beschränkungen gibt es keine mehr.
Hinter der Beseitigung des lizenzierten Fifa-Agenten steckte eine bequeme Reaktion des Weltfussballverbandes: Er wollte sich die ewigen und sich häufenden Streitigkeiten vom Hals schaffen. Schon seit 2001 gab es den offiziellen Fifa-Agenten nicht mehr, der seinerzeit noch eine Bankbürgschaft von einer viertel Million Franken hinterlegen, später eine Berufshaftpflichtversicherung nachweisen musste.
Die Reform der Fifa wird als Kapitulation bezeichnet
Seither oblag die Lizenzierung den nationalen Verbänden, die mit einer Multiple-Choice-Prüfung über Fachwissen etwa im Transfer- und Vertragsrecht und einer hohen Durchfallquote für eine Hürde sorgten. Das gibt es seit dem 1. April 2015 alles nicht mehr. Manche nennen es eine Kapitulation.
Die einzige Auflage, die die Fifa nach der Reform noch macht, ist eine Übersicht, die die Verbände im Sinne von Transparenz einmal im Jahr veröffentlichen müssen. Darin wird aufgelistet, wer durch wen vermittelt wurde. Zudem werden die Vergütungen der Clubs an Spielervermittler summiert ausgewiesen.
Für den Zeitraum von April 2015 bis März 2016 hat das der Schweizerische Fussballverband erstmals gemacht. Demnach wurden 20 Super- und 157 Challenge-League-Transaktionen mit Beteiligung von 79 Agenten durchgeführt. Insgesamt wurden Vergütungen von 4,446 Millionen Franken angezeigt, wovon – nicht sehr überraschend – der FC Basel mit seiner steten Fluktuation im Spielerkader am meisten (2,042 Millionen) berappt hat, weitaus mehr als die Zweitplatzierten Young Boys (678’000 Franken). Zum Vergleich: In der Bundesliga gaben im selben Zeitraum der FC Schalke 04 und Bayern München jeweils fast 17 Millionen Euro an Provisionen aus.
In Basel und der Region sind acht Vermittler ausgewiesen. Leute wie der Dornacher Gaetano Giallanza, der 1997 im Trikot des FC Basel Zweiter der Torjägerliste war, nun ein grösseres Portfolio an Spielern betreut und mit seiner Firma in Aesch sitzt. Oder Giovanni Gurrieri (Frenkendorf), der die Degen-Zwillinge durch ihre Karriere begleitet hat. Dazu gehören Treuhänder wie Rolf Schotten (Basel), die Agenten Gian van Planta und Julio Joao (beide Basel), die nie in der (Medien-)Öffentlichkeit auftauchen. Oder Caroline Messerli aus Lupsingen, deren Vater Karl Messerli einst Kwang Ryong Pak aus Nordkorea in die Schweiz und zum FC Basel (heute: Lausanne) geholt hat.
Ausserdem gibt es einige klingende Namen wie Dejan Rakitic (Möhlin), Bruder des Barcelona-Stars Ivan Rakitic. Erdin Shaqiri taucht in dieser Liste nicht auf, berät neben seinem Bruder Xherdan Shaqiri aber zum Beispiel Breel Embolo und könnte mithin bei der nächsten Veröffentlichung erscheinen. In Basel bestens bekannt ist ebenso Christian Gimenez, der mit Sitz in Lugano-Massagno Spieler vermittelt. Namen berühmter Väter oder Brüder tragen in dieser Liste Loic Favre, Roman Rummenigge oder Marco Lichtsteiner. Die wenigsten Agenten auf der Liste sind der SFAA angeschlossen, die 18 Mitglieder zählt.
Eine Liste mit beschränkter Aussagekraft
Über den Wert und die Aussagekraft der neuen Transparenz herrscht in der Branche einmütige Skepsis, die Christoph Graf, Vizepräsident der SFAA, so zusammenfasst: «In der Liste ist nicht abzulesen, ob seriöse Geschäfte getätigt wurden. Sie ist unbrauchbar.» Zum Beispiel fehlen Spieler wie Yoric Ravet (im Erfassungszeitraum von GC zu den Young Boys gewechselt), Kim Källström (von Spartak Moskau zu GC), und man kann sich kaum vorstellen, dass bei diesen Transaktionen keine Vermittler tätig waren. Ebenso wie bei Geoffroy Bias Wechsel zum FC Sion, der für die gesamte Periode gerade einmal 90’000 Franken Vermittlungsvergütungen ausweist; der FC Lugano taucht in der Liste gar nicht auf. So kann man verstehen, wenn Graf das als «lächerliche Alibiübung» bezeichnet.
Am Wert eines guten Spielerberaters gibt es jedoch keine Zweifel. Gleichwohl die Branche mitunter einen sinistren Eindruck machen kann und man schnell mit dem Eindruck von Hinterzimmer-Vertragspoker und Geldgier zur Hand ist. Gängige Praxis ist es, dass sich die Vergütung für die Agenten am Jahreslohn des Spielers bemisst; von acht bis zwölf Prozent ist die Rede. Der Ausgestaltung von finanziellen Abmachungen sind aber auch hier keine Grenzen gesetzt.
FCB-Sportdirektor Heitz: «Gute Berater helfen den Clubs»
«Die Clubs sind durchaus angewiesen auf seriöse Spielervermittler», findet Georg Heitz. Der Sportdirektor des FCB hat es jeden Tag mit Dutzenden Beratern und Vermittlern zu tun und schätzt, dass es im Monat rund 300 Kontakte per Telefon oder auf anderen Kanälen gibt. «Gute Berater kennen die Qualitätsansprüche und auch die ungefähre Lohnstruktur eines Vereins, dem sie Spieler anbieten, und können einem Club helfen.»
Entgegen dem apokalyptischen Bild, das die Beraterbranche vor einem Jahr gezeichnet hat, sagt Spieleragent Christoph Graf heute: «Es sind noch mehr Leute auf den Plan getreten, die Schwelle ist sehr niedrig und viele machen sich falsche Vorstellungen von der Arbeit eines Spielervermittlers. Aber es ist nicht alles total aus dem Ruder gelaufen.»
In der Schweiz gibt es ein ganz anderes Problem. Einerseits verlangt das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) eine Bewilligung für die Arbeitsvermittlung, dazu braucht es einen guten Leumund und eine Gebühr wird fällig. Dies aber auch nur, wenn jemand regelmässig in diesem Bereich tätig ist. Weil das Seco keine Spielervermittler aus dem Ausland zulässt (was umgekehrt erlaubt ist), muss bei jedem Transfer eines Spielers in die Schweiz ein Vermittler mit Sitz hierzulande eingeschaltet werden. Was die Kosten eines Transfers nach oben treibt. Manchem Clubvertreter erscheint diese Regelung in einem globalisierten Business wie dem Profifussball absurd.
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