Strijdbaar in Limburg

Der Königliche Racing-Club aus Genk hat Ambitionen im belgischen und europäischen Fussball. Am Donnerstag (19.00 Uhr) sind die Flamen aus der Bergarbeiterregion Limburg beim FC  Basel zu Gast.

Luzern aus dem Weg geräumt: Ayub Masika (rechts) und Jelle Vossen feiern ein Tor im Rückspiel der Qualifikation. (Bild: Reuters/SEBASTIEN PIRLET)

Der Königliche Racing-Club aus Genk hat Ambitionen im belgischen und europäischen Fussball. Am Donnerstag (19.00 Uhr) sind die Flamen aus der Bergarbeiterregion Limburg beim FC  Basel zu Gast.

Man muss keine Bücher wälzen um zu bemerken, auf welchem Terrain man sich hier bewegt – es reicht schon, die letzten drei-, vierhundert Meter bis zum Spielort zu Fuss zu gehen. Die anmutigen Backsteinhäuser an der Duinlaan haben früher mal eine Arbeitersiedlung ausgemacht. Und wo das letzte von ihnen aufhört, fängt das Stadion auch schon an. Gleich dahinter sieht man einen der spitzkegeligen Hügel, die zur Landschaft der Terrils gehören – jenen Abraumhalden, die bei der Förderung von Kohle und Galmei entstanden sind.

Eine Hüne im Tor

Seit dem Aufeinandertreffen mit dem FC Luzern in der Qualifikation zur Europa League hat es im Tor des KRC Genk einen Wechsel gegeben: Statt des Ungarn László Köteles (28) ist nun Kristof Van Hout die Nummer 1. Der 25-jährige Belgier misst sagenhafte 2,08 Meter Körpergrösse. (cok)

Videos: Wie die Hinspiel (1:2) und Rückspiel (2:0)  gegen Luzern liefen. Bilder vom ersten Gruppenspiel gegen Videoton (3:0) siehe unten.

Es mag auch in Belgien schönere Arenen geben als die Crystal Arena, die jenseits des Zentrums von Genk so wuchtig im Ortsteil Waterschei aufragt. Dafür hat der Königliche Racing Club Genk mehr (Bergbau-) Geschichte zu bieten als die meisten Clubs in der nationalen Fussballelite, der Jupiler League (siehe Box unten). Und gerade mal wieder auch mehr Gegenwart: Wo in drei längst stillgelegten Zechen einst das schwarze Gold zu Tage gefördert wurde, spielt jetzt einer der ehrgeizigsten Fussballclubs des Landes auf. Ein echter Volksverein, der in diesen kritischen Zeiten für etwas Identifikation und Entertainment sorgt.

Wenn die Südtribüne wackelt

Die Südtribüne hat am Samstagabend jedenfalls wieder gewackelt, als die Blau-Weissen das schwierige Heimspiel gegen den KV Mechelen gerade noch mal drehen konnten. Eine Vorlage von Julien Gorius, dem emsigen Franzosen im Mittelfeld, und ein trockener Abschluss von Rechtsaussen Benjamin de Ceulaer, der gerade ausgewechselt werden sollte: Da war die Partie eine Viertelstunde vor Schluss mit 2:1 entschieden. Die Kooperation der beiden Neuerwerbungen hat den Anschluss an die Spitze vorläufig sichergestellt: Nach 4 Siegen und 5 Unentschieden bleibt der KRC in der Liga vier Punkte hinter dem Leader FC Brügge als Dritter auf dem Sprung.

Das ist auch für Gorius, der schon den Ausgleich in der ersten Halbzeit vorbereitet hat, derzeit das Wichtigste. «Wir müssen unsere Ambitionen zeigen und in den nächsten Spielen zu untermauern versuchen», sagt der Mann aus Metz nachher – «beginnend mit dem Spiel in Basel.»

Derweil freute sich der allzeit meinungsfeste Cheftrainer Mario Been, dass sein Team sich nach dem verhaltenem Saisonauftakt «von Woche zu Woche» steigere. Das Positionsspiel funktioniere inzwischen «sehr gut, und ich konnte auch die Kombinationen geniessen, die wir auf dem Platz hinlegten».

Zwischen Passion und Spielkultur

Bis zum Abpfiff«strijdbaar» zu sein und «passie» zu zeigen, wie das auf Flämisch heisst: das ist zwar eine Maxime, die der niederländische Trainer schon zwischen Nijmegen und Rotterdam stets gepredigt hat. Aber nur Kampf wollen auch die Söhne und Enkel der Industriearbeiter – und die Angestellten eines grossen Ford-Werks – hartnäckigen Klischees zum Trotz nicht sehen.

Darum bemüht sich Been erkennbar um ein hohes Mass an Spielkultur, ohne die man weder in der Liga noch in Europa mitmischen kann. Genau das sind ja die erklärten Ziele des Vereins, der seinen Etat zu dieser Saison auf 28 Millionen Euro aufgestockt hat: In jeder Saison einen Platz zu erreichen, mit dem sich ein Ticket nach Europa lösen lässt.

Die ganze Region Limburg fieberte mit, als der KRC vor zehn Jahren erstmals die Gruppenphase der Champions League erreichte. Weder AEK Athen noch AS Rom konnten zu Hause geschlagen werden; doch als Wesley Sonck in letzter Minute gegen Real Madrid zum 1:1 ausglich, wurden die Blau-Weissen wie Cup-Sieger gefeiert.

So hielt man es auch letzten Herbst, als das Team nach dem Gewinn des dritten Landestitels immerhin Maccabi Haifa und Roter Stern Belgrad auf dem Weg in die Gruppe ausschaltete – und bei mancher Packung von Chelsea (0:5) und Valencia (0:7) in der Crystal Arena drei Remis´ ertrotzte.

Big in Belgium

Beens multinationales Ensemble kann spielen wie beissen, wie es in der Qualifikation zur Europa League gegen den FC Luzern im August gezeigt hat. Ein Erfolg, der laut Trainer «unglaublich wichtig für die Entwicklung dieses Vereins und dieses Teams» gewesen ist. Gilt es doch, sich neben etablierten Grössen wie RSC Anderlecht, Standard Lüttich und FC Brügge als vierte, gleichberechtigte Kraft in der überschaubaren Fussball-Elite des Königreichs zu etablieren: Big in Belgium, sozusagen, und up-and-coming in Europa.

Wie heimstark die Elf um den herausragenden Stossstürmer Jelle Vossen (5 Saisontore in der Liga) sein kann, bekam vor zwei Wochen Videoton FC Szekeksfehervar beim Auftakt der Europa Ligue zu spüren: Der ungarische Club kam beim 0:3 gegen Ende noch richtig unter die Räder. Wieder einmal hatten die Blau-Weissen den Sieg mit zwei Toren in der letzten Viertelstunde sichergestellt – was ebenso für die Kondition der Mannschaft wie für einen bisweilen nachlässigen Umgang mit ansehnlich herausgespielten Chancen spricht.

Erst Basel, dann Brügge

Da seien «Stillstand-Phasen» im Spiel, merkte Been kürzlich an, die «ein heikler Punkt für uns» seien. So bravourös etwa das Remis bei Anderlecht erkämpft wurde, so überflüssig war es, zu Hause in den Ligaspielen gegen Cercle Brügge und KSK Beveren die Punkte zu teilen. Und auch letzten Samstag kassierte die Mannschaft gegen Mechelen, nachdem sie einige Grosschancen vergeben hatte, zunächst das 0:1. Ein simples Kopfballtor nach einer Ecke, bei der mehrere Spieler ohne die letzte Konsequenz agierten.

Noch aber steht die Mannschaft – unbesiegt in der Meisterschaft, die einzige Saison-Niederlage gab es im Hinspiel in Luzern –  vor einer richtungweisenden Woche: Donnerstag will sie beim FC Basel und Sonntag beim FC Brügge bestehen, der die heimische Liga anführt. Zwei Partien um zwei wichtige Rangfolgen: Das sind spannende Aufgaben für einen Club, der mit dem Schacht nach oben will.

Der Stolz von Limburg: Auf- und Abstieg in blau-weiss  

Wo es rumpelt, muss es auch rollen: Nach dieser Devise entwickelten sich mit dem Boom der Kohleförderung die ersten Fussballvereine auf dem Gebiet der heutigen Gemeinde Genk (ca. 65’000 Einwohner) im belgischen Teil von Limburg. So wie der FC Winterslag (1923) und THOR Waterschei (1919), 1980 und 1982 Sieger im belgischen Pokal. Diese Erfolge brachten die Elf aus Waterschei 1980 in die zweite Runde des Europacups der Pokalsieger, wo man an Fortuna Düsseldorf scheiterte, sowie 1982/83 bis ins Halbfinale (FC Aberdeen).

Beide Vereine fusionierten nach wechselhaften Jahren 1988 zum RC Genk (jetzt KRC – K für königlich). Nach Abstiegen in 1989 und 1995 konnte sich der Club von 1996 an dauerhaft in der 1. Liga etablieren, wo er 1999, 2002 und 2011 die Meisterschaft gewann; ausserdem kamen drei Pokalsiege (1998, 2000, 2009) dazu. Drei Mal (1999/2000, 2002/03, 2011/12) nahm der Club bisher an der Champions League teil; einmal (1999) scheiterte er in der Qualifikation an Maribor, zwei Mal erreichte er die Gruppenphase.

Zu seinen bekanntesten Spielern gehörten Wesley Sonck (nicht mehr aktiv), Orlando Engelaar (PSV Eindhoven) sowie die Torhüter Logan Bailly (OH Leuven) und Thibaut Cortois (Atlético Madrid). Die Loyalität und der Enthusiasmus der Anhängerschaft sind Mittelpunkt der multimedialen Ausstellung «Goalmine», die in einem neuen Komplex bei der 1999 errichteten Crystal Arena (24’600 Zuschauer) zu besichtigen ist. (bj)

 

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