Er ist der Lückenschliesser in der Problemzone des FC Basel: Marek Suchy soll von Spartak Moskau vorerst für ein halbes Jahr ausgeliehen werden. Ein 25-jähriger Verteidiger, der schon in jungen Jahren für Furore sorgte, ehe er in Moskau in dieser Saison seinen Stammplatz verlor.
Vielleicht hat ihn FCB-Sportdirektor Georg Heitz schon sehr, sehr lange in seinem Notizbüchlein stehen – oder eher in der elektronischen Datenbank, wo man heutzutage die grossen und kleineren Fussballbegabungen sammelt. Jedenfalls kam Marek Suchy 2007 gross heraus, als er mit Tschechien bis in den Final der U20-WM in Kanada vorstiess.
Während die Transferfenster in den meisten europäischen Ligen am Freitag, 31. Januar, schliessen, haben die Super-League-Clubs zwei Wochen länger Zeit. In der Schweiz können Transfers aus dem Ausland bis zum 15. Februar getätigt werden. Somit bleibt auch dem FC Basel auf der Suche nach einer Ersatzinvestition für den zu Chelsea transferierten Mohamed Salah noch etwas Luft.
Suchys Mannschaft unterlag in Toronto Argentinien mit 1:2, und auf der Tribüne des National Soccer Stadiums sass Georg Heitz, damals noch Mitarbeiter in der Öffentlichkeitsabteilung der Fifa und sah unter anderem einen 1,83 Meter grossen Innenverteidiger eines hochgelobten tschechischen Jahrgangs.
Ein Wiedersehen gab es im Februar 2011 in den Sechzehntelfinals der Europa League, als der FCB auf Spartak Moskau traf. Suchy stand in der Mannschaft von Valery Karpin, die in Basel aus einem 0:2-Rückstand ein 3:2 machte und diesen Vorteil mit einem 1:1 in Moskau verteidigte. Im Luschnik-Stadion bei Temperaturen, die den kochenden Tee im Plastikbecher innert Minuten gefrieren liessen.
Suchy scheitert mit Spartak an St. Gallen
Zu Beginn dieser Saison stand Suchy auch noch beim Rückspiel in den Playoffs zur Europa League gegen den FC St. Gallen in der Startelf. Nach einem 1:1 in der Ostschweiz ging die Partie in Moskau 2:4 verloren – und Marek Suchy, der am 29. März seinen 26. Geburtstag feiert, war seinen Stammplatz in der Innenverteidigung los.
Näheres über die Genese des Wechsels von Suchy in die Schweiz will der FCB erst äussern, wenn der Spieler in Basel den obligatorischen Test absolviert hat. Am Wochenanfang weilte er mit seinem Team noch im Trainingslager in Abu Dhabi. Am Mittwoch wird der Spieler in der Schweiz erwartet und sich über das minus 15 Grad kalten Moskau kommend erst einmal über den Winter getarnten Vorfrühling am Rheinknie wundern.
In der Europa League für den FCB spielberechtigt
Geht alles glatt, leiht der FCB den 17-fachen tschechischen Nationalspieler bis Saisonende aus, darauf hat sich der Schweizer Meister am Dienstag mit Spartak Moskau geeinigt. Ausserdem besitzt der FCB die Option, Suchy im Sommer definitiv zu übernehmen. Nach den Ausfällen von Ivan Ivanov (Kreuzbandriss) und Fabian Schär (rekonvaleszent) ist die Decke an Innenverteidigern dünn, zumal der FCB erneut in der zweiten Saisonhälfte auf drei Hochzeiten tanzt.
Der FCB darf Suchy auch in der Europa League einsetzen. Nach dem Reglement der Uefa (Artikel 18) können bis 3. Februar drei Spieler nachgemeldet werden. Wenn diese zuvor nur in der Qualifikation inklusive der Playoffs für einen anderen Club in der Champions oder Europa League gespielt haben, sind sie in den Sechzehntelfinals für einen neuen Verein spielberechtigt.
2010 für fünf Millionen von Slavia nach Moskau
Auch Suchys Wechsel von Slavia Prag zu Spartak ging im Winter 2009/10 zunächst ein 1,2 Millionen Euro teures Leihgeschäft voraus. Ein halbes Jahr später legten die Russen noch einmal 3,8 Millionen Euro für Suchy auf den Tisch. Für einen Spieler, der bereits mit 17 Jahren im Trikot seines Stammvereins Slavia Prag in der höchsten tschechischen Liga debütiert hatte, der nach der ersten Saison als bester Nachwuchsspieler ausgezeichnet wurde, der 2008 und ’09 tschechischer Meister war und der schon als 21-Jähriger sein 100. Profispiel hinter sich hatte.
Zweieinhalb Jahre lang war Suchy Stammverteidiger bei Spartak, er spielte mit den Moskauern 2010 in der Gruppenphase der Champions League (drei Siege und drei Niederlagen gegen Chelsea, Marseille und Zilina) und hat 17 Länderspiele, wobei er bei der Euro 2012 nicht zum Einsatz kam.
Trainer Karpin legt Suchy Wechsel nahe
In der laufenden Saison rutschte er in der Verteidigerhierarchie von Trainer Karpin auf Platz sechs ab, hinter dem Argentinier Insaurralde, dem brasilianischen Routinier Joao Carlos, Nationalspieler Sergei Bryzgalov, Evgeniy Makeev und auch hinter dem Italiener Salvatore Boccechetti. Auf Platz drei in der Premier Liga, einen Punkt hinter Lokomotiv Moskau und Zenit St. Petersburg, liegt der russische Rekordmeister auch ohne Suchy gut im Rennen. Ein einziges Mal – beim 3:2-Heimsieg gegen Krasnodar – stand der Tscheche in der Startelf.
*Übergangssaison; Quelle: soccerway.com Dazu kommen 17 A-Länderspiele und 57 Juniorenländerspiele von der U17 an |
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Marek Suchys Leistungsdaten | |||
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Saison | Club | Liga/Tore | Europacup |
2005/06 | Slavia Prag | 21/0 | 2 |
2006/07 | Slavia Prag | 16/0 | – |
2007/08 | Slavia Prag | 26/1 | 10 |
2008/09 | Slavia Prag | 27/0 | 8 |
2009/10 | Slavia Prag | 16/0 | 9 |
2009/10/11* | Spartak Moskau | 25/1 | 11 |
2011/12 | Spartak Moskau | 32/3 | – |
2012/13 | Spartak Moskau | 21/1 | 7 |
2013/14 | Spartak Moskau | 6/0 | 2 |
Total | 190/6 | 49 |
Deshalb hat ihm Valery Karpin dieser Tage auch zu einem Clubwechsel geraten. «Es ist schade», sagt Suchy, «aber ich verstehe die Situation. Für mich ist es besser zu spielen als auf der Bank zu sitzen.» Wie Suchys russischer Agent Oleg Iarovinsky gegenüber russischen Medien schilderte, gab es auch Kontakte zum Bundesligisten 1.FC Nürnberg sowie zu US Sassuolo, dem Serie-A-Club von Reto Ziegler.
Enkel eines grossen Eishockeyspielers
Nun läuft es auf den FC Basel hinaus, eine gute Adresse, wie ein Landsmann Suchys meint. Im russischen Rundfunk kam am Dienstag Radoslav Kovac zu Wort, selbst von 2005 an vier Jahre bei Spartak tätig und später bis Dezember 2012 eineinhalb Jahre beim FCB: «Mag sein, dass die russische Liga besser ist», so der inzwischen 34-jährige und für Sparta Prag spielende Kovac, «aber das Niveau ist auch in der Schweiz hoch. Basel spielt seine Heimspiele vor fast 30’000 Zuschauern und ich hoffe, Suchy wird regelmässig zum Einsatz kommen.»
Der hat am Dienstag – wie es sich gehört – angekündigt, im Sommer nach Moskau zurückkehren zu wollen: «Schliesslich habe ich einen Vertrag, der dann noch drei Jahre läuft.» In tschechischen Medien hörte sich Suchy schon etwas anders an (siehe Beitrag aus der TagesWoche-Community). Wie auch immer: Zunächst wird Suchy in einer personellen Problemzone des FC Basel gebraucht.
Suchy ist übrigens der Enkel eines grossen tscheschischen Sportlers: Der heute 69-jährige Jan Suchy war im Eishockey sieben Mal Meister mit Dukla Jihlava, wurde 1969 und 1971 zweimal zum besten Verteidiger bei der Weltmeisterschaft gewählt und holte bei seinen 160 Länderspielen 1968 Olympiasilber mit der CSSR.
Marek Suchys fünf Tore für Spartak Moskau: