Torhungriger Tiger und gestutzter Falke – die Kritiken zum FCB

Für Yann Sommer dauert die Partie eine Sekunde zu lang, Mohamed Salah leidet unter Platznot und Valentin Stocker erhält einen Elfmeter überreicht. Die Einzelkritiken zur 1:2-Niederlage des FC Basel gegen den Chelsea FC im Halbfinal-Hinspiel der Europa League.

FC Basel's goalkeeper Yann Sommer (L) and his team mate Fabian Schaer react after a goal by Chelsea's David Luiz (not seen) during their Europa League semi-final first leg soccer match at St. Jakob Park stadium in Basel April 25, 2013. REUTERS/Pasc (Bild: Reuters/Pascal Lauener)

Für Yann Sommer dauert die Partie eine Sekunde zu lang, Mohamed Salah leidet unter Platznot und Valentin Stocker erhält einen Elfmeter überreicht. Die Einzelkritiken zur 1:2-Niederlage des FC Basel gegen den Chelsea FC im Halbfinal-Hinspiel der Europa League.

Yann Sommer | 4

Macht es einem für einmal verdammt schwer. Zieht Bälle magisch an, die aus kürzester Distanz abgegeben werden und lässt so Torres und Terry bass erstaunt zurück. Sieht aber verdammt nochmal nicht gut aus, wenn ein Spieler, dessen Name weder mit T noch mit Doppel-R geschrieben wird, aus zwanzig Metern einen Freistoss in die sogenannte Torwartecke schiebt. Da hilft auch nicht, dass dieser an Tingeltangel Bob gemahnende David Luiz bei anderen Schiedsrichtern zuvor mit Rot vom Platz gegangen wäre.

Philipp Degen | 4
Ist der einzige Spieler des FC Basel, der in seiner Karriere schon einmal unter Rafa Benitez gespielt hat. War auch der einzige Spieler des FC Basel, an dessen Name sich der Chelsea-Coach vor dem Spiel zu erinnern vermochte. Wird aber nicht unbedingt der Spieler des FCB sein, an den sich nach diesem Abend alle erinnern werden. Fand mit zunehmender Spieldauer immer weniger Raum für seine Rushes und darf von Glück sagen, hat ihm David Luiz (siehe -> Tingeltangel Bob) in der 84. Minute nicht den Fuss abgetrennt hat.

Fabian Schär | 5
Als Connaisseur der gepflegten Grätsche eigentlich der britischste Spieler auf dem Feld. Eroberte sich Bälle, dass es eine wahre Basler Freude war – und verlor sie gelegentlich so nonchalant, dass es einem die Zehennägel hochrollte. Wechselte für einmal die Ecke, in die er seine Elfmeter schiesst. Kein schlechter Entscheid, wie der erfolglos nach unten rechts hechtende Cech bewies. War beim ersten Gegentor irgendwie an Ivanovic und Moses dran – aber halt doch nicht richtig.

Aleksandar Dragovic | 5
Ist der Grund, weswegen dem FC Basel demnächst in corpore die österreichische Staatsbürgerschaft und die goldene Anstecknadel als Dank des TV-Senders ORF für tolle Einschaltquoten überreicht wird (ein Schneckerl?). Wird das Rückspiel in London gelbgesperrt verpassen, was bei seiner wunderprächtigen Form keine gute Neuigkeit für die Basler ist. Sechs Spiele lang hatte er zuvor eine dritte Verwarnung vermieden – als Innenverteidiger eine reife Leistung.

Joo Ho Park | 4,5
Der zweite Basler, der beim 0:1 nicht mehr sein konnte als enger Beobachter davon, wie Moses in alttestamentarischer Tradition die Basler Abwehr teilte. Hatte zwar nach seinem Premierentor in Thun weitere Treffer angekündigt, hätte dafür aber offensiver spielen müssen, als das gegen ein Team wie Chelsea zu verantworten gewesen wäre. Sorgte sich deswegen vernünftigerweise um die defensive Absicherung seiner Seite und liess Ramires nie zur Entfaltung kommen.

Fabian Frei | 5
War der Ankermann vor der Basler Abwehr, der dafür sorgte, dass Eden Hazard nur ab und zu und nicht andauernd gefährlich im, am und rund um den Basler Strafraum auftauchte. Sorgte mit seiner Ballsicherheit (56 von 65 Pässen beim Adressaten angekommen) mit dafür, dass die Statistik am Spielende 61 Prozent Ballbesitz auswies und hätte in der 68. Minute mit einem Weitschuss beinahe das Glück gefunden.

Mohamed Salah | 3,5
Dürfte in der Video-Vorbereitung von Chelsea-Trainer Benitez eine Hauptrolle gespielt haben. Oder spielt Chelsea vielleicht immer so tief? Egal. Litt im Londoner Defensivkonzept unter Platzangst und war nur so lange auf dem Platz, um eine gute und eine hervorragende Chance zu vergeben. Ist ohne Raum, in den er wie ein ägyptischer Falke stossen kann, nur ein Achtel so gefährlich wie mit.

Mohamed Elneny | 5
Liess sich in einer Szene tatsächlich von den Zurufen des Publikums zum Schuss in gut-ägyptische Höhenlage verleiten und bei Moses’ 0:1 den Mittelscheitel ziehen. Spielte ansonsten aber auch auf diesem Niveau dermassen abgeklärt, dass sich die Frage stellt: Wo haben grössere europäische Clubs während eines durchschnittlichen arabischen Frühlings ihre Augen, dass ein solches Juwel in der Basler Schatzkammer landen konnte? Glänzte mit der fast schon unglaublichen Quote von 56 erfolgreichen Pässen bei 58 Passversuchen.


Die Pässe der beiden häufigsten Basler Passgeber Elneny und Frei. Quelle: Fourfourtwo.com.

Serey Die | 4,5
Von den Basler Zentrumsspielern jener mit den wenigsten Ballberührungen während des Spiels. Dafür der mit der grössten Begeisterung für den britisch-körperbetonten Fussball nach dem Schlusspfiff. Ist bei internationalen Partien interessanterweise nicht der Taktgeber im Basler Zentrum, der er in der heimischen Liga ist.

Valentin Stocker | 5
Soll angeblich das Abschlusstraining mit einer Fussgelenksverletzung abgebrochen haben. Sprang aber von Beginn weg wie ein junges Reh durch die Londoner Reihen und wirkte dabei zugleich wie ein angriffiger Tiger. Stockerte sich in der 48. Minute quer durch den Chelsea-Strafraum, fand mit seinem Schuss aber bloss den Pfosten. Strahlte danach weiterhin einen derart ausgeprägten Torhunger aus, dass ihn Schiedsrichter Kralovec kurz vor Ende mit einem gütig überreichten Elfmeter belohnte.

Marco Streller | 4
Verkündete via Grossleinwand kurz vor dem Spiel seine Vertragsverlängerung mit dem FCB um ein Jahr bis Juni 2015, was für lange Zeit seine beste Szene blieb. Hatte aber auch einen sehr harten Stand gegen den inzwischen tollwut-geimpften Ivanovic und den skandal-gestählten Haudegen Terry. Liess sich nach der Pause häufiger als auch schon nach links fallen, wodurch er prompt mehr Bälle im Fuss hatte – aber natürlich nicht auch noch gleichzeitig in der Mitte Tore erzielen konnte.

Marcelo Diaz | 4
Kam in der 61. Minute für Serey Die, um das Basler Angriffsspiel anzuregen. Sah kurz darauf aber bloss, wie sich David Degen über eine gelbe Karte aufregte, weil der seinen schweren Fehlpass ausbügeln musste. Schnibbelte eine Viertelstunde mit viel Liebe aber zu wenig Präzision an einem Ball in Richtung rechte obere Torecke.

Jacques Zoua | 4
Kam in der 65. Minute für Elneny und damit vor allem als Zeichen des Basler Trainers Yakin, dass nun die Offensive forciert würde. Versuchte, wie einst gegen die Bayern als Joker den Unterschied zu machen, wirkte dabei aber mehr bemüht denn erfolgreich. Mindestens zweimal mit einem im Ansatz spektakulären Übersteiger, der aber jeweils höchst unspektakulär endete.

David Degen | –
Ersetzte den glücklosen Salah und war kaum auf dem Feld auch schon verwarnt (siehe -> Diaz). Zu kurz im Einsatz, um benotet zu werden.

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