Tränen, ein letzter Zweikampf und beinahe ein Tor

Das Augenwasser konnte keiner der beiden zurückhalten: Walter Samuel und Philipp Degen dürfen beim 0:1 gegen GC nochmals drei Minuten ran. Dann ist Schluss mit ihren Karrieren. Ein Grosser des Weltfussballs und ein Grosser des FC Basel treten ab.

David Degen, Alex Frei und Marco Streller applaudieren bei der Verabschieung von Philipp Degen, Behrang Safari und Walter Samuel, von links, vor dem Fussball Meisterschaftsspiel der Super League zwischen dem FC Basel 1893 und dem Grasshopper Club Zuerich, im Stadion St. Jakob-Park in Basel, am Mittwoch, 25. Mai 2016. (KEYSTONE/Patrick Straub)

(Bild: Keystone/PATRICK STRAUB)

Das Augenwasser konnte keiner der beiden zurückhalten: Walter Samuel und Philipp Degen dürfen beim 0:1 gegen GC nochmals drei Minuten ran. Dann ist Schluss mit ihren Karrieren. Ein Grosser des Weltfussballs und ein Grosser des FC Basel treten ab.

Germano Vailati | Torhüter

Einzelkritiknoten 4

Kam im letzten Spiel zu seinem zwölften Saisoneinsatz. Tomas Vaclik wurde somit nicht nur vom Rasen verdrängt, Urs Fischer gab zudem Dario Thürkauf die Möglichkeit, als Nummer 2 hinter Vailati nochmals Platz zu nehmen auf der Bank des Fanionenteams. Vailati war bei Adama Traorés Eigentor machtlos und bewies in einigen Szenen, dass er auch mit dem Fuss durchaus zu überzeugen weiss.

Naser Aliji | rechter Aussenverteidiger

Einzelkritiknoten 4

Wie Traoré profitierte Aliji von diversen Verletzung und kam gegen GC zum fünften Mal in Folge in der Startformation zum Einsatz. Hatte in Halbzeit zwei die erste gute Aktion mit einem Distanzschuss, der das weite hohe Toreck nur knapp verpasste. Erlebte den Höhepunkt seiner Partie, als er in der 90. Minute der letzte Spieler war, für den der grosse Walter Samuel eingewechselt wurde – auch eine Erinnerung im Leben eines Fussballers.

Eray Cümart | rechter Innenverteidiger

Einzelkritiknoten 4

Die Verabschiedung von Walter Samuel muss den jungen Mann mehr mitgenommen haben, als ihm lieb sein konnte. Jedenfalls schien er in Gedanken immer noch bei seinem grossen Teamkameraden, von dem er einige Monate lernen durfte, als er in der ersten Minute einen Ball im Mittelfeld verlor, und sich daraus die erste gute Möglichkeit für die Zürcher ergab. Gut nur, dass Cümart seinen Fehler auch gleich selbst wieder ausbügelte. Wurde in der 90. Minute für Philipp Degen ausgewechselt – und wurde damit Protagonist der vielleicht wichtigsten Minute der Partie.

Marek Suchy | linker Innenverteidiger

Einzelkritiknoten 4

War in der zentralen Abwehr die einzige Konstante, die Urs Fischer am Ende der Saison noch blieb. Verteidigte zusammen mit Cümart, gab diesem die grösstmögliche Sicherheit und blieb selbst ohne gröbere Schnitzer. Da darf einer auf eine starke Spielzeit zurückschauen, die angesichts der Vielzahl an Verletzten ohne ihn vielleicht mit weniger Punkten auf dem Konto zu Ende gegangen wäre.

Adama Traoré | linker Aussenverteidiger

Einzelkritiknoten 3

Ach Adama! Da spielt der Ivorer zum sechsten Mal in Folge von Anfang an, kommt kurz vor der Halbzeit an eine Flanke Mergim Brahimis und spediert diese ins eigene Tor. Der Grasshopper Club ging mit dieser Führung in die Pause und Adama Traoré mit dem unschönen Gefühl, an diesem zum Feiern gedachten Abend einen kleinen Stimmungsdämpfer produziert zu haben.

Alexander Fransson | defensives zentrales Mittelfeld

Einzelkritiknoten 4

Es hatte freilich personelle Gründe, warum der Prinz derart oft zum Spielen kam. Am Ende der Saison war er neben Luca Zuffi gesetzt, und Fransson gab ein Versprechen ab für die kommenden Saison. Wenngleich er gegen die Grasshoppers nicht an seine besten Leistungen anknüpfen konnte: Da ist ein Mann am Werk, der mit Umsicht und Ballsicherheit überzeugt.

Luca Zuffi | defensives zentrales Mittelfeld

Einzelkritiknoten 4

Auch wenn es keinen mehr erstaunt, es ist kaum zu glauben: Luca Zuffi, dieser 26-jährige Winterthurer, ist in jeder Super-League-Partie zum Einsatz gekommen. Mehr noch: Er hat genau ein einziges Spiel verpasst, die Cup-Begegnung in Münsingen. Nur schon das ist eine aussergewöhnliche Leistung in einer Mannschaft, die zum Schluss eine lange und länger werdende Verletztenliste zu beklagen hatte. Dazu kommen: 7 Tore und 17 Assists. Da fällt es nicht ins Gewicht, dass gegen GC nichts Zählbares hinzukam.

Davide Calla | rechter Flügel

Einzelkritiknoten 3.5

Vielleicht der einzige Name, der in der Startaufstellung etwas überraschte. Nach seinen zwei Toren gegen die Young Boys hätte man sich auch Jean-Paul Boëtius auf einer Flügelposition vorstellen könnten. Es spielte Calla, und der fiel kaum auf. Mit 39 Einsätzen geht für ihn einen Saison mit ordentlichem Arbeitsaufwand zu Ende – auch wenn er dabei nicht selten erst von der Auswechselbank ins Spiel kam.

Matias Delgado | offensives zentrales Mittelfeld

Einzelkritiknoten 3.5

Auf der Pressetribüne war man dann irgendwann der Meinung, dass der Captain in der Dernière im Beach-Soccer-Modus funktioniere. Sinnbildlich war sein Freistoss in der 52. Minute, nachdem die gefühlt halbe Zürcher Mannschaft die gelbe Karte gesehen hatte. Der Versuch flog weit über das Tor, das hat man vom Captain diverse Male präziser erleben dürfen. Wurde in der 57. Minute durch Jean-Paul Boëtius ersetzt, gerade in dem Moment, als auf dem Totomat die Vaduzer Führung in Zürich durchgegeben wurde.

Birkir Bjarnason | linker Flügel

Einzelkritiknoten 4.5

Schrecksekunde eine Viertelstunde vor Schluss! Bjarnason bleibt nach einem Zweikampf liegen, keiner seiner Kameraden spielt den Ball ins Aus, Sekunden verstreichen, der blonde Isländer noch immer am Boden. Der Mann, der unbedingt gesund an die Europameisterschaft reisen möchte. Kurze Zeit später die Entwarnung, Bjarnason stand wieder und darf sich nach den Meisterfeierlichkeiten auf das Turnier in Frankreich freuen, das seine Saison, in der er erstmals einen Titel gewann, gebührend abrundet.

Cedric Itten | Stürmer

Einzelkritiknoten 4

Kam als erster Basler einem Tor sehr nahe, kurz nach der Pause, nach einem Ball Traorés, den Itten an den Innenpfosten ablenkte. Hat als Spieler in der U21 angefangen und beendet wegen diverser Verletzungen in der Offensive die Saison mit zwölf Einsätzen und einem Tor. 

Jean-Paul Boëtius | linker Flügel

Einzelkritiknoten 4

Ersetzte in der 57. Minute Matias Delgado, reihte sich auf dem linken Flügel ein, wo er kaum etwas bewirkte. Stand dafür an vorderster Stelle bei der Pokalübergabe. Im Sinne von: Wenn ich schon kaum zum Einsatz gekommen bin, dann möchte ich doch wenigstens zentral auf den wichtigsten Bildern der Saison erscheinen.

Philipp Degen | rechter Aussenverteidiger

Hatte vor dem Spiel davon gesprochen, dass er unbedingt noch eine einzige Minute auf dem Rasen seiner Heimat stehen möchte. Kam in der 90. Minute für Cümart – und durfte drei Minuten auf dem Platz seines Herzens stehen. Fussballerisch kam er nicht mehr zur Geltung, doch die Emotionen gingen hoch, nicht nur beim Spieler selbst, sondern auch beim Anhang, der nun auch den zweiten Degen-Zwilling verliert. Bruder David war vor dem Spiel zur Verabschiedung gekommen, die wichtigste Bezugsperson in Philipps Leben also. Dass da kein Auge trocken blieb, ist nicht nur verständlich, sondern toll für alle, die nochmals eintauchen wollten in die emotionale Welt des weitgereisten Philipp Degen.

(zu kurz im Einsatz für eine letzte Bewertung)

Walter Samuel | linker Innenverteidiger

Präsident Bernhard Heusler hatte vor dem Spiel die richtigen Worte gefunden: «Walter Samuel, er hat sich in unsere Herzen geschwiegen.» Mit dem Argentinier beendete mit drei Minuten Einsatzzeit gegen GC eine der grossen Figuren der europäischen Innenverteidigungen der letzten Jahrzehnte seine Karriere. Gewann dabei einen letzten Zweikampf, löste eine Ballstafette unter Druck ohne Mühe und kam im Strafraum mit einem Kopfball immerhin in die Nähe eines letzten Tores (also nicht wirklich nahe, aber es soll hier festgehalten sein). Worte hatte er vor dem Spiel kaum gefunden: «Sorry, es ist nicht einfach für mich, hier zu sprechen», sagte er mit zitternder Stimmen und Tränen in seinen tiefen blauen Augen. Fasste sich später wieder, als er dem extra angereisten Fernsehteam von Inter Mailand Auskunft gab und verabschiedete sich im Bauch der Muttenzerkurve von der Medienschar mit den abschliessenden Worten: «Jetzt geht es nur noch um die Ferien.»

(zu kurz im Einsatz für eine letzte Bewertung – eine letzte Würdigung gibt es hier: «Eine Mauer, die nicht fällt»)

_
Bewertungsdurchschnitt: 3,9
Nicht eingesetzt: Thürkauf (ET), Hunziker, Pickel, Sülüngöz 

Nächster Artikel