Und irgendwann ist das Glück aufgebraucht

Nationaltrainer Vladimir Petkovic erkennt in Xherdan Shaqiris Vorzeigetreffer Grundsätzliches: Das Glück ist nicht in unendlicher Quantität vorhanden. Dass gerade Granit Xhaka zum Gesicht der 5:6-Niederlage gegen Polen wird, stimmt manch einen «traurig».

Football Soccer - Switzerland v Poland - EURO 2016 - Round of 16 - Stade Geoffroy-Guichard, Saint-�tienne, France - 25/6/16 Switzerland's Yann Sommer reacts after losing the penalty shootout REUTERS/Yves Herman Livepic

(Bild: Reuters)

Nationaltrainer Vladimir Petkovic erkennt in Xherdan Shaqiris Vorzeigetreffer Grundsätzliches: Das Glück ist nicht in unendlicher Quantität vorhanden. Dass gerade Granit Xhaka zum Gesicht der 5:6-Niederlage gegen Polen wird, stimmt manch einen «traurig».

Granit Xhaka tritt nicht vor die Mikrofone. Verständlich, hat der Basler doch Minuten zuvor mit seinem Fehlschuss aus elf Metern den Polen Tür und Tor zum Viertelfinal geöffnet. Erklären müssen das Ausscheiden andere.

Xherdan Shaqiri muss mitten im Satz eine Pause machen, als er sich zu dem Gescheiterten äusserte, mit dem er einst beim FC Basel die Augen europäischer Scouts auf sich zog: «Manchmal ist man der Beste. Und manchmal… der Traurigste», sagt der Spieler von Stoke City.

Granit Xhaka geht als Gesicht dieser Niederlage in die Geschichte ein, als tragische Figur dieses Achtelfinals, den die Schweiz an der Europameisterschaft in Frankreich im Penaltyschiessen gegen Polen mit 5:6 verlor. Alle Polen verwandelten ihre Versuche sicher, Xhaka rutschte der Ball über den Rist und flog vielleicht einen Meter am Tor vorbei.

Football Soccer - Switzerland v Poland - EURO 2016 - Round of 16 - Stade Geoffroy-Guichard, Saint-�tienne, France - 25/6/16 Switzerland's Xherdan Shaqiri applauds fans after losing the penalty shootout REUTERS/Yves Herman Livepic

«Das macht mich traurig für Granit», sagt Nationaltrainer Vladimir Petkovic nach seiner ersten Endrunde als Nationalcoach, «aber das Leben geht weiter, man muss aufstehen und nach vorne schauen.» Ausgerechnet Xhaka, der als einer der Besten im Schweizer Team vor seinem Wechsel zu Arsenal nochmal so richtig auf sich aufmerksam gemacht hatte. «Die grössten Spieler haben in wichtigen Partien verschossen. Granit ist Profi genug, er wird das verarbeiten», sagt Shaqiri.

Die Schweiz hat das Glück zu früh aufgebraucht

Von der Partie in Saint-Etienne werden zwei Schüsse in Erinnerung bleiben: Xhakas Fehlschuss, und Shaqiris Ausgleich, der bisher spektakulärste Treffer des Turniers. Das ist kaum Trost für den Mann, der für seine Leistungen in der Vorrunde gerügt worden war und gegen Polen in der 81. Minute von ausserhalb des Strafraums per Fallrückzieher das 1:1 erzielte.

Und als er gefragt wird, ob dieses Tor das schönste seiner Karriere gewesen sei, findet Shaqiri in der Stunde einer bitteren Niederlage für Sekundenbruchteile das Lachen wieder: «Sie kennen mich nicht. Ich erziele viele solche Tore.»



Ein Tor in drei Bildern: Xherdan Shaqiris Fallrückzieher zum 1:1.

Ein Tor in drei Bildern: Xherdan Shaqiris Fallrückzieher zum 1:1. (Bild: Reuters/Montage: TagesWoche)

Petkovic, der die «Spielfreude» und «Qualität» seiner Mannschaft hervorhebt, erkennt in Shaqiris Vorzeigetreffer Schicksalhaftes: «Ein solches Tor kommt durch Instinkt zustande. Und durch Glaube an sich selbst. Man muss schon wirklich überzeugt sein von sich, wenn man sich so in den Ball wirft. Und man braucht auch etwas Glück – leider hatten wir dann kein Glück mehr bei den Schüssen im Elfmeterschiessen.»

Die Schweiz hat im Spiel aufgebraucht, was ihnen in der Kurzentscheidung fehlte. Und sie hatte das Pech, dass Yann Sommer nicht an die Qualitäten anknüpfen konnte, die ihn bei Penaltys gegen den FC Basel ausgezeichnet hatte. «Die Polen haben gut geschossen», sagt der 27-Jährige, «und am Ende ist Elfmeterschiessen einfach nur Glück.»



epa05389440 Switzerland's head coach Vladimir Petkovic (C) catches the ball during the UEFA EURO 2016 round of 16 match between Switzerland and Poland at Stade Geoffroy Guichard in Saint-Etienne, France, 25 June 2016.....(RESTRICTIONS APPLY: For editorial news reporting purposes only. Not used for commercial or marketing purposes without prior written approval of UEFA. Images must appear as still images and must not emulate match action video footage. Photographs published in online publications (whether via the Internet or otherwise) shall have an interval of at least 20 seconds between the posting.) EPA/YURI KOCHETKOV EDITORIAL USE ONLY

In diesem Moment ist noch alles in Ordnung für Vladimir Petkovic, der sich mit viel Elan einen Ball erspringt. (Bild: Keystone)

«Mir geht diese Niederlage sehr nahe», sagt Sommer, der im gesamten Turnierverlauf nur einmal aus dem Spiel heraus bezwungen wurde. «Dieses Team hätte es verdient, einen weiteren Schritt zu machen. Denn wir waren heute die bessere Mannschaft. Die Niederlage ist bitter für uns, wir haben bei heissen Temperaturen kaum etwas zugelassen, abgesehen von der Möglichkeit beim Gegentor. Wir haben gekämpft bis zum Schluss.»

Darin sind sich alle Direktbeteiligten einig: Die Schweizer seien besser gewesen als die Polen, «wir haben einen Fehler in der Anfangsphase teuer bezahlt», sagt Petkovic. Waren die Osteuropäer in Halbzeit eins noch stärker, gehörte der zweite Durchgang den Schweizern, die spielerisch zum ersten Mal an diesem Turnier überzeugten.

Mit ein wenig mehr Präzision hätte der eingewechselte Eren Derdiyok in der Nachspielzeit zum Helden werden können. Weil sein Kopfball zu wenig präzis war, erinnert sich die Schweiz an einen anderen Helden. An einen tragischen.



Football Soccer - Switzerland v Poland - EURO 2016 - Round of 16 - Stade Geoffroy-Guichard, Saint-�tienne, France - 25/6/16 Switzerland's Granit Xhaka reacts after missing during the penalty shootout REUTERS/Kai Pfaffenbach Livepic

(Bild: Reuters)

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