In Sevilla gilt die Europa League nach zwei Triumphen in Folge als «unser Wettbewerb». Nach einer harzig verlaufenden Saison bleibt sie das alles überstrahlende Ziel. Auf dem Weg zur erneuten Titelverteidigung stellt sich in den Achtelfinals ausgerechnet der Verein in den Weg, in dessen Stadion das nächste Endspiel stattfinden wird.
Das Estadio Ramón Sánchez Pizjuán von Sevilla gefüllt mit 45'000 Zuschauern – am 17. März ist das Stadion Schauplatz des Achtelfinal-Rückspiels zwischen dem FC Sevilla und dem FC Basel.
Bester Torschütze in den Reihen des FC Sevilla: Kevin Gameiro, französischer Nationalspieler portugiesischer Abstammung.
(Bild: Reuters/MARCELO DEL POZO)Der FC Sevilla mit Steven N'Zonzi (Zweiter von rechts) und Teamkollege Sebastian Carlos Cristoforo im Sechzehntelfinal-Hinspiel, einem 3:0-Sieg gegen Molde FK.
(Bild: Keystone/JOSE MANUEL VIDAL)Altmeister des Strafraums: Fernando Llorente, zweifacher Torschütze in Sevilla gegen Molde.
(Bild: Reuters/MARCELO DEL POZO)Andalusische Heimstärke: Fernando Llorente und Captain Coke feiern den Hinspielsieg in den Europa-League-Sechzehntelfinals gegen Molde.
(Bild: Reuters/MARCELO DEL POZO)Europa-League-Spezialisten: Der Sevilla Futbol Club, Sieger des Wettbewerbs 2014 und 2015 sowie 2006 und 2007, als er noch Uefa-Cup hiess.
(Bild: Keystone/JOSE MANUEL VIDAL)Der Erfolgstrainer: Unai Emery, seit 2013 beim FC Sevilla.
(Bild: Reuters/MARCELO DEL POZO)«Roh wie Fisch» – so wurde die Vorstellung des FC Sevilla (hier mit Timothee Kolodziejczak, rechts, gegen Molde und Sander Svendsen) in Norwegen betitelt.
(Bild: Keystone/SVEIN OVE EKORNESVAAG)Unai Emery sieht die 0:1-Niederlage in Molde.
(Bild: Keystone/SVEIN OVE EKORNESVAAG)Kein einziger Auswärtssieg in den laufenden Saison: In Molde kassierte Sevillas Europacup-Torhüter David Soria diesen entscheidenden Gegentreffer von Eirik Hestad.
(Bild: Keystone/SVEIN OVE EKORNESVAAG)Kunstrasen, Schneeregen und Temperaturen unter Null sind nicht gerade Katalogbedingungen für einen Fussballklub aus Andalusien. Geradezu folgerichtig agierte der Sevilla Fútbol Club am Donnerstag in Norwegen bei Molde FK «roh wie Fisch» (die Sportzeitung «As») und verlor 0:1. Nicht so schlimm nach einem 3:0 aus dem Hinspiel. Andererseits: Wo will Sevilla denn überhaupt mal gewinnen?
» Die Fakten zu den Spielen des FC Sevilla gegen Molde: das 3:0 im Hinspiel und das 0:1 in Norwegen
Welches Geläuf und welches Wetter auch immer: Der Europa-League-Sieger der vergangenen beiden Jahre und nächste Gegner des FC Basel im Achtelfinale im aktuellen Wettbewerb produziert diese Saison eine so gruselige wie angesichts seiner Qualität unverständliche Serie. Von zwölf Auswärtsspielen in der Liga und vier in Europa gewann er bisher – kein einziges.
Allein im nationalen Pokal gab es Erfolge auf fremdem Platz, beim Drittligisten Logroñés, dem Zweitligisten Mirandés und im vier Kilometer von Zuhause entfernten Stadion von Lokalrivale Betis.
«Unser Wettbewerb» – Sevilla und die Europa League
Weil das alles aber zum Einzug ins Finale reichte (am 22. Mai gegen den FC Barcelona), sind sie beim FC dennoch leidlich zufrieden mit dem bisherigen Saisonverlauf. Ausserdem läuft in der Liga derzeit eine parallele Serie von elf Heimsiegen am Stück (unter anderem gegen Barcelona und Real Madrid), weshalb bei acht Punkten Rückstand auf den Vierten Villarreal die neuerliche Qualifikation zur Champions League noch nicht ganz abgeschrieben ist.
Und dann ist da noch die Europa League. «Unser Wettbewerb», wie sie in Sevilla gern sagen.
Der Europa-Cup-Final des FC Sevilla 2014 und das Penaltyschiessen gegen Benfica Lissabon:
Viermal, so oft wie kein anderer Club, haben die Andalusier den Titel gewonnen (2006 und 2007 noch als Uefa-Cup). Als im Dezember nach einem aufreibenden Match die Juventus aus Turin mit 1:0 niedergerungen war, feierte das Estadio Ramón Sánchez Pizjuán schon fast wie bei einem Endspiel. Am letzten Champions-League-Spieltag wurde so noch der dritte Gruppenplatz gesichert. Seitdem überragen der Final in Basel am 18. Mai und der dritte Titel in Serie alle anderen Ziele.
Auf Titel folgen Transfererfolge – Beispiel: Ivan Rakitic
Dass der FC Basel ein Finale zuhause erreichen könnte? «Unmöglich, dass ihr Traum unseren übersteigt», kommentierte nach der Auslosung Sevillas Sportdirektor Ramón Rodríguez Verdejo, genannt «Monchi». Dieser Monchi, seit 2000 im Amt, ist bei drei Präsidenten und sieben Trainern im selben Zeitraum die Erfolgskonstante eines Vereins, der bis zur Jahrtausendwende vier Titel gewann und seitdem acht.
Dank ihm gelingen Sevilla immer wieder Transfererfolge wie einst jener des Möhliners Ivan Rakitic: gekauft für 2,5 Millionen Euro aus Schalke, Kapitän der Europa-League-Siegerelf von 2014, verkauft für 18 Millionen nach Barcelona.
«Dem FC Basel fehlen die ganz grossen Namen, aber sie haben gute Argumente, um uns gefährlich zu werden.»
Sevillas Sportdirektor Ramón Verdejo
Ein Experte wie Monchi hat natürlich auch eine fundierte Ad-hoc-Analyse des Gegners parat. «Eine gute Mannschaft», lobte er den FC Basel. «Sie müssen den Ausfall von Embolo verschmerzen. Es gibt bedeutende Spieler wie Janko oder Xhaka. Auch wenn die ganz grossen Namen fehlen, haben sie viel europäische Erfahrung und gute Argumente, um uns gefährlich zu werden.»
Die zweite Saisonhälfte – in Sevilla traditionell die bessere
Die eigenen Argumente haben sich in den letzten Monaten verbessert, nachdem Sevilla im Herbst sogar mal auf dem letzten Tabellenplatz lag und Gerüchte über Streitigkeiten im Kader und Unzufriedenheit mit Erfolgscoach Unai Emery die Runde machten.
Jeden Sommer steht der Verkaufsklub Sevilla vor der Herausforderung, wichtige Abgänge zu kompensieren, diese Saison allen voran Torgarant Carlos Bacca (AC Milan) und Aussenbahnspieler Aleix Vidal (Barcelona). Unter Tüftler Emery ist die zweite Saisonhälfte deshalb schon fast traditionell besser als die erste.
Der Tüftler: Unai Emery, seit 2013 Trainer beim FC Sevilla und zweimal Gewinner der Europa League. (Bild: Keystone/Svein Ove Ekornesvaag)
Als Bacca-Nachfolger hat sich dabei etwas überraschend weder der aus Turin nach Spanien heimgeholte Ex-Nationalspieler Fernando Llorente erwiesen noch der schon wieder zu seinem Stammklub Torino weitertransferierte Ex-Dortmunder Ciro Immobile, sondern der schnelle und trickreiche Konterstürmer Kevin Gameiro. Mit 18 Treffern in allen Wettbewerben spielt der Franzose das beste seiner bisher drei Jahre im Club.
Derweil stabilisierte sich die Innenverteidigung, seit im Winter der Argentinier Federico Fazio von Tottenham Hotspur zurückverpflichtet wurde. Sowieso keine Probleme hat Emery im Mittelfeld, wo er zentral mit Grzegorz Krychowiak, Steven N’Zonzi, Éver Banega, Vicente Iborra und Michael Krohn-Dehli wie auf den Flügeln mit Vitolo, José Antonio Reyes und Jewgeni Konoplyanka über stattliche Auswahl verfügt.
Emerys schneller, aggressiver Umschaltfussball
Krychowiak allerdings, entscheidender Mann vor der Abwehr, fehlt seit Wochen mit einer Knieverletzung; ob und wenn ja, in welcher Verfassung der Pole zu den Duellen gegen Basel zurückkehrt, steht noch nicht fest. In seiner Abwesenheit fanden die Gegner wieder mehr Lücken, ohnehin lässt der Vorjahresfünfte die zweitmeisten Schüsse der Liga zu.
Emerys Vorliebe für schnellen, aggressiven Umschaltfussball sorgt in der Regel für unterhaltsame Partien in beiden Strafräumen – und die immer gleichen Ergebnisse. Zuhause wie auswärts.
Legt man Sevillas bisheriges Saisonschema zugrunde, kündigen sich für den FC Basel also klassische Europacupnächte an: Es gilt das Heimspiel möglichst hoch zu gewinnen. Und im Rückspiel gekonnt zu leiden.